Am Mittwochabend (13. November) war Ex-Finanzminister Christian Lindner bei "Maischberger" zu Gast. Er gestand Fehler ein, war sich bei einem Szenario aber auch sicher: "Dieser Weg wäre besser gewesen." Sandra Maischberger versuchte ihn mehrmals zu einer bestimmten Aussage zu bewegen, blieb aber erfolglos. Derweil sorgte Verleger Jakob Augstein für einen Schlagabtausch, als er forderte: "Könnten ein bisschen Populismus ganz gut gebrauchen" und Journalist Theo Koll rügte Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Worten: "Absolutes No-Go."

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Knapp drei Jahre hat sie gehalten, nun ist die Ampel-Koalition Geschichte: Laut ARD-Deutschlandtrend machen 40 Prozent der Befragten die FDP für das Scheitern verantwortlich. 26 Prozent sehen die Schuld am ehesten bei den Grünen, nur 19 Prozent bei der SPD. Wie sieht das der ehemalige Finanzminister Lindner selbst?

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

"Wer ist schuld am Ampel-Aus – ist Lindner wirklich der Hauptverantwortliche des Ampel-Bruchs?" – mit dieser Frage ging Sandra Maischberger in die Sendung. Neben der Schuld-Frage ging es auch um die Zukunft Deutschlands, mögliche Koalitionen, die wirtschaftliche Lage des Landes und den Krieg in der Ukraine.

Das sind die Gäste

  • Christian Lindner (FDP): "Ich habe es inzwischen seelisch verarbeitet. Ich fühle mich eher befreit", gab der FDP-Chef zu. Er hätte es aber besser gefunden, wenn man gemeinsam gesagt hätte: "Unsere politischen Positionen sind nicht mehr miteinander vereinbar." Das wäre würdevoller und respektvoller gegenüber der politischen Kultur unseres Landes gewesen und man hätte auch eine geschäftsführende Mehrheit gehabt. "Dieser Weg wäre besser gewesen", so Lindner.
  • Theo Koll: "Die Ampel hat eine aufgeraute Gesellschaft hinterlassen", analysierte der Journalist. Mit welchem Ton Scholz über Lindner gesprochen habe, sei ein "absolutes No-Go". "Ich glaube, wir haben uns das alle noch gar nicht klar genug gemacht, was auf uns zukommt. Die Zeitenwende haben wir mental noch nicht vollzogen", sagte Koll.
  • Kerstin Palzer: "Olaf Scholz hat das Land nicht gespalten, aber er hat es auch nicht zusammengehalten", sagte die Korrespondentin im ARD-Hauptstadtstudio. Die Ampel sei vergleichbar mit einer zerrütteten Ehe und einem Rosenkrieg. Das Wirtschaftspapier von Lindner sei ein "Aufkündigen mit Anlauf" gewesen.
  • Michael Mittermeier: "Zwischen Grünen und FDP waren immer Welten", so der Comedian. Man könne aber jetzt nicht einer einzigen Partei die Schuld am Ampel-Bruch geben. Mittermeier wunderte sich: "Warum spricht Scholz nur in einer Energie-Form, wenn die Kacke am Dampfen ist?" So habe man ihn nie erlebt, so habe man ihn aber schon früher gebraucht.
  • Nikolaus Blome: Der Politikchef von RTL/ntv sagte: "Das Wirtschaftspapier von Lindner wurde als Scheidungspapier eingestuft und war vielleicht auch so gemeint. Da stehen wichtige Fragen drin und der Bundeskanzler hat auf nichts darauf eine Antwort." Es sei Lindner aber zu spät eingefallen, zu fragen, ob wir Sozialstaat und Klimaschutz in der derzeitigen Form brauchen.
  • Jakob Augstein: "So ein Rest Prinzipien-Treue ist für einen Politiker vielleicht gar nicht so schlecht", verteidigte der Journalist und Verleger vom "Freitag" Christian Lindner. Er sagte aber auch: "Der Rücktritt dieser Bundesregierung hat mich mehr erschüttert als die Wiederwahl des orangefarbenen Clowns in Amerika."
Maischberger
Mit Sandra Maischberger (r.) diskutierten unter anderem (v.l.n.r.) Theo Koll (Journalist), Kerstin Palzer (ARD-Hauptstadtstudio) und Michael Mittermeier (Comedian). © WDR/Oliver Ziebe

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

"Meine Freien Demokraten und ich, wir hätten auch über den Mittwoch der vergangenen Woche weiter Gespräche geführt, über den Haushalt und die Wirtschaftswende", beteuerte Lindner und wies damit die Alleinschuld am Ampel-Bruch zurück. "Aber es gab keine Bereitschaft mehr, die Gespräche weiter fortzusetzen", meinte er. Das Rennen um die Kanzlerschaft sei derweil schon gelaufen. "Friedrich Merz ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der nächste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland", so der FDP-Chef.

Maischberger
Jakob Augstein (l., Verleger) und Nikolaus Blome (Politikchef RTL/n-tv) lieferten sich bei Sandra Maischberger einen Schlagabtausch zum Thema Populismus. © WDR/Oliver Ziebe

Das ist das Rede-Duell des Abends

"Ich glaube, wir könnten ein bisschen Populismus ganz gut gebrauchen", sagte Augstein. Den Demokraten habe im Kampf gegen Trump ein populäres Narrativ gefehlt. "Gegen das populistische Narrativ muss man ein anderes, positives setzen."

Blome spottete: "Müssen wir jetzt alle, nur um zu gewinnen, sagen: 'Es sind nicht die Haitianer, die Hunde essen, sondern die Kubaner oder die Norweger', nur um da quasi gegenzuhalten?" Er hätte vielmehr gerne die Regeln, nach denen früher gespielt wurde, wieder zurück.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger war vor allem im Einzelgespräch mit Christian Lindner in guter Form und nahm ihn immer wieder in die Mangel. Als er beteuerte, bei dem Überreichen seiner Entlassungsurkunde in Gedanken schon im Wahlkampf 2025 gewesen zu sein, meinte sie: "Also ganz cool waren Sie nicht." Sie fragte auch, warum er das Papier veröffentlicht habe, wo er doch wusste, dass die Koalitionäre nicht mitgehen können. "Ich werde keinen Stein, der mir hinterhergeworfen wird, aufheben und zurückwerfen", entgegnete Lindner gelassen. Dabei blieb er, auch als Maischberger wieder und wieder versuchte, einen Kommentar über den Kanzler herauszubekommen.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Für Lindner war die Analyse klar: Die FDP hat mit ihrer eigenen Existenz für die Koalition gehaftet. Die Regierung habe gemeinsam Dinge erreicht, die Basis sei aber zuletzt verloren gegangen. Sein Fehler sei es gewesen, nach der Entscheidung, dass die Ampel die 60 Milliarden nicht verschieben darf, nicht vehement auf einen neuen Koalitionsvertrag zu drängen. Er sagte jedoch: "Eine Kanzlerkandidatur schließe ich aus." Als weniger sinnvoll beurteilte die Runde derweil die Stimmen aus der CDU, die eine Koalition mit den Grünen ausschließen. Das stärke die Verhandlungsposition der SPD gegenüber der CDU ungemein, so die Analyse.

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