Nach dem Scheitern der Ampelkoalition gehen die gegenseitigen Schuldzuweisungen weiter. Bei "Markus Lanz" wetterte FDP-Politiker Marco Buschmann am Donnerstag gegen Bundeskanzler Olaf Scholz. Gleichzeitig plädierte er dafür, dass die "Rosenkrieg-Rhetorik" aufhören müsse.
Die Entlassung von Bundesfinanzminister
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Mit dem vorzeitigen Ende der Ampelkoalition ist der Wahlkampf bereits in vollem Gange. Kurz nach seiner Entlassung kündigte Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner an, bei der Bundestagswahl 2025 als Spitzenkandidat seiner Partei ins Rennen zu gehen. ZDF-Moderator Markus Lanz nahm dies zum Anlass, in seiner Sendung über die Gründe für das Scheitern der Koalition zu debattieren. Zeitgleich analysierte er, ob es ratsam sei, Christian Lindner wieder an die Spitze des FDP-Wahlzettels zu stellen.
Das sind die Gäste
Marco Buschmann , FDP-Politiker: "Entscheidend ist: Ich bin mit mir im Reinen."- Kerstin Münstermann, Journalistin: "Der Blitzwahlkampf ist ungeheuer wichtig."
- Adrian Geiges, Autor: "In China wird ganz offen diskutiert, ob nicht jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um ganz schnell Taiwan einzunehmen."
- Frederik Pleitgen, Journalist: "Das Ampel-Aus wird in Russland als eine Schwächung der Bundesrepublik Deutschland gesehen."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung machte FDP-Politiker Marco Buschmann deutlich, dass das Ampel-Aus nicht unbedingt leicht zu verdauen war, denn: "Das nimmt einen natürlich persönlich mit." Buschmann ergänzte mit ernster Miene: "Es ist kein Geheimnis, dass die Koalition in schweres Fahrwasser geraten ist, dass viel gestritten wurde." Dennoch sei er "über diese Entwicklung schon sehr überrascht, um es vorsichtig auszudrücken".
"Hat Sie das kalt erwischt?", hakte Lanz prompt nach. Der FDP-Politiker antwortete darauf vielsagend, dass in seiner Partei zuvor schon "viel diskutiert worden" sei. "Über ein mögliches Ende? Also aktiv es zu beenden?", fragte Lanz interessiert. Buschmann reagierte klar: "Ja, das ist kein Geheimnis. Es gab sogar eine Mitgliederbefragung in der FDP dazu. Das war immer ein Thema, aber wir haben immer Lösungen gefunden." Während sich Marco Buschmann irritiert über den plötzlichen Rauswurf von Christian Lindner zeigte, fragte Markus Lanz: "Gab es auch die Idee, dass die FDP das beendet?"
Der Politiker antwortete überraschend ehrlich: "Die Idee gab es in der FDP natürlich." Grund genug für Lanz, genauer zu fragen, ob die FDP konkret vor der Sitzung, in der es zum Bruch kam, über einen Koalitionsausstieg nachgedacht habe. Buschmann reagierte plötzlich schwammig und sagte, es sei "kein Geheimnis, dass am Sonntag vor diesem Koalitionsausschuss Christian Lindner zu
Daraufhin merkte der Politiker an, dass man sich nun auf einen Wahlkampf fokussieren müsse, "der eine Richtungsentscheidung darüber ermöglicht, wie es in diesem Land weitergeht". Eine Steilvorlage für Lanz, der aufzeigte, dass neben Christian Lindner auch
Lanz stichelte prompt: "Sie sind bei drei bis vier Prozent in Umfragen!" Darauf konterte Buschmann genervt: "Wir sind bei fünf Prozent in den aktuellsten Umfragen." Dennoch fragte der ZDF-Moderator skeptisch: "Ist Christian Lindner der beste Spitzenkandidat, den Sie sich für die FDP vorstellen können?" Statt kurz nachzudenken, platzte es aus Buschmann heraus: "Absolut!" Er wiederholte energisch: "Ich bin der Meinung, dass Christian Lindner der beste Spitzenkandidat ist, den die FDP haben kann!"
Das ist das Rede-Duell des Abends
In Bezug auf die Gründe für das Ampel-Aus unterstellte Lanz der FDP, mit dem jüngsten Wirtschaftspapier "eine harte Ansage" gemacht zu haben, die als "Scheidungsurkunde" verstanden werden konnte. Marco Buschmann wiegelte jedoch ab: "Das ist immer wieder erzählt worden, aber es gab so ein Papier auch schon mal." Statt sich auf die Fehler innerhalb seiner Partei zu fokussieren, lenkte der FDP-Politiker den Blick auf die SPD und sagte, dass der Kanzler eine "Aussetzung der Schuldenbremse" gefordert habe, die bedeutet hätte, "dass wir neben den 50 Milliarden Euro Netto-Neuverschuldung, die ja schon da war, noch weitere Milliarden Verschuldung eingehen".
"Dass das natürlich ein dicker Hund ist und schwer zu verdauen ist für die FDP, das musste er natürlich auch vorher wissen", so Buschmann. Darauf reagierte Journalistin Kerstin Münstermann lachend: "Beide Seiten, also vor allem SPD und FDP, unterstellen sich jetzt, dass man bewusst mit dem Ende gespielt hat, es kalkuliert hat." Münstermann weiter: "Daran sieht man, dass eigentlich beide von vornherein in diese Woche der Entscheidung (...) reingegangen sind, mit dem Wissen: Eigentlich passt es nicht mehr." Laut der Journalistin seien die Grünen bis zum Schluss diejenigen gewesen, "die gehofft haben, es geht. Aber am Ende war Robert Habeck dann auch der Dritte im Bunde, der fast raus war aus diesem Duell".
Laut Kerstin Münstermann habe es schon seit einem Jahr einen "Showdown im Kanzleramt" zwischen Lindner und Scholz gegeben. "Das ist schon (...) bitter, zu beobachten, wie man sich so entzweien kann in der demokratischen Mitte dieses Landes", stellte die Journalistin fassungslos fest. Marco Buschmann widersprach dem jedoch vehement und sagte: "Ich weiß, Journalisten lieben Geschichten und Narrative und Inszenierungen." Als Münstermann mit den Worten "Nein, Journalisten schauen sich Menschen gerne an" reagierte, stellte Buschmann weiter klar, dass der Streit zwischen Lindner und Scholz viel mehr als nur ein "Machtkampf" gewesen sei.
Vielmehr sei es darum gegangen, "wie geht es wirtschaftlich weiter mit diesem Land. Und diese Frage ist so wichtig, dass man natürlich den Leuten auch abnehmen muss, dass sie da besonders engagiert waren". Ein Argument, das Kerstin Münstermann nicht überzeugen konnte, denn: "Insgesamt ist der Ton so vergiftet, wie ich ihn (...) lange nicht mehr erlebt habe!"
Marco Buschmann sah darin jedoch nicht die Schuld bei Christian Lindner, sondern vor allem bei Olaf Scholz: "Dass der Bundeskanzler uns nicht mal zwei, drei Werktage geben wollte, um seinen mündlich gemachten Vorschlag dann einmal vernünftig diskutieren zu können, das halte ich für unseriös." Lanz hakte prompt nach: "Das heißt, Sie sagen gerade, der Bundeskanzler arbeitet unseriös?" Buschmann antwortete deutlich: "Wenn Sie in eine Sitzung gehen, mündlich einen Vorschlag machen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Verfassungsbruch bedeutet und dann sagen, 'Spring, friss oder stirb', dann halte ich das für unseriös!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz versuchte vor allem in der Debatte mit Marco Buschmann immer wieder, den FDP-Mann mit spitzen Fragen und Bemerkungen aus der Reserve zu locken. Dies gelang ihm am Donnerstagabend jedoch nur bedingt, denn Buschmann schaffte es, sich mit teils schwammigen Aussagen über Wasser zu halten.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Bei "Markus Lanz" wurde deutlich, dass der Bruch der Ampel nur eine Frage der Zeit war. Kerstin Münstermann merkte an, dass sich der Streit in der Koalition seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts immer weiter zugespitzt habe: "Vielleicht hätten sich Scholz und Lindner mal auf ein Bier treffen sollen und mal sagen sollen: 'Können wir noch miteinander oder lassen wir's?'". Marco Buschmann nickte und fügte hinzu: "Vielleicht ist das auch der Grund, warum Christian Lindner (...) im Parlament gesagt hat: 'Manchmal ist eine Entlassung vielleicht auch wie eine Befreiung'."
Laut des FDP-Mannes sei es jetzt "gut, dass wir diese Klarheit haben", denn: "Wir haben die Chance, die Konzepte mit den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren." Münstermann reagierte jedoch skeptisch: "Fairer Wahlkampf wird schwierig (...) zwischen allen Protagonisten." Auch hier musste der FDP-Mann teilweise zustimmen: "Diese Koalition insgesamt ist nicht so miteinander umgegangen, wie es vorbildlich gewesen wäre." Dennoch plädierte er dafür, dass man "nach vorne schauen" müsse: "Wir sollten keine Schlammschlacht und keine Rosenkrieg-Rhetorik machen." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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