Während Finanzminister Christian Lindner einen deutschen Sparkurs ankündigte, stehen viele Kommunalpolitiker vor schier unlösbaren Aufgaben in ihren Landkreisen. Bei "Markus Lanz" schlugen sie nun Alarm und kritisierten dabei die teils leeren Versprechungen der Bundesregierung.
Sei es bei der Klima-, Flüchtlings- oder Baupolitik: Die deutschen Kommunen scheinen immer mehr ans Limit zu geraten, während der Frust unter den deutschen Bürgern weiter steigt. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Der Bundeshaushalt 2025 könnte schon jetzt zum Streitthema in der Ampel werden. Finanzminister
Dazu forderte der FDP-Politiker: "Es wird eine gemeinsame Kraftanstrengung der Bundesregierung erfordern, den Handlungsbedarf im Bundeshaushalt aufzulösen." Markus Lanz analysierte am Donnerstagabend die angekündigte Kraftanstrengung des Finanzministers und blickte dabei auf die Folgen, die das Sparversprechen in den deutschen Kommunen hat.
Das sind die Gäste
- Bettina Dickes, Landrätin von Bad Kreuznach: "Wir versprechen viel, wir halten wenig - und dann kommt der Frust auf den Staat."
- Felix Schwenke, Oberbürgermeister von Offenbach: "Ich habe schon das Gefühl, dass die Gesellschaft unter Stress steht."
- Christine Herntier, Bürgermeisterin von Spremberg: "Ein totales Spardiktat finde ich nicht gut."
- Katja Wolf, Oberbürgermeisterin von Eisenach: "Viele Thüringer haben das Vertrauen in Politik verloren."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
"Was denken Sie, wenn Christian Lindner alle Ministerien zum Sparen auffordert?", wollte Markus Lanz wissen. Während Felix Schwenke, der Oberbürgermeister der Stadt Offenbach, die Bemühungen Lindners als "vernünftig" bezeichnete, wetterte die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf gegen den FDP-Mann. "Es ist total leicht, Versprechungen zu machen (...), die auf Kosten von anderen gehen. Am Ende sind wir die letzten in der Fresskette", so die ehemalige Linkspolitikerin.
Sie kritisierte, dass sie sich bei Themen wie dem Wohngeld oder der Integration von Flüchtlingen vom Bund "alleine gelassen" fühle. Auf die Frage nach dem "Warum" antwortete die Oberbürgermeisterin: "Weil außer wohlfeilen Worten relativ wenig kommt." Wolf bemängelte dabei die fehlende "Kommunikation" und sagte: "Es kommen sehr häufig sehr schnelle Änderungen, die für uns manchmal selbst nicht mehr nachvollziehbar sind."
An der Basis sei der ständige Sinneswandel der Bundesregierung zudem kaum umsetzbar: "Die Situation haben wir in den Kommunen öfter, dass in Berlin (...) eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird und wir am Ende diejenigen sind, die sie wieder einfängt." Dem stimmte Bürgermeisterin Christine Herntier zu. Zum Sparmodus von Lindner sagte sie nüchtern: "Die Verwaltung des Mangels macht keine Freude und trägt überhaupt nicht zur Erreichung irgendwelcher Ziele bei."
Mit sorgenvollem Blick fügte sie hinzu: "Die Kommunen müssen investieren. (...) Die Bürger erwarten das ja von uns, dass wir in die Infrastruktur investieren, dass wir in Dienstleistungen investieren. Und ein totales Spardiktat finde ich nicht gut. Wir wollen wachsen!"
CDU-Landrätin Bettina Dickes sah dies jedoch zwiegespalten. Sie halte einen Sparkurs für sinnvoll, da in den vergangenen Jahren zu viel Geld "für Prestigeprojekte" ausgegeben wurde. Gleichzeitig merkte Bettina Dickes an: "Ich erwarte aber, wenn man spart, dass man auch vielleicht an neuen Aufgaben spart. Denn wir kriegen als letzte in der Fresskette tatsächlich immer mehr Aufgaben zugewiesen, die unendlich viel Geld kosten."
Die Landrätin aus Bad Kreuznach ergänzte wütend: "Man ist in Berlin in einer anderen Welt als wir - (...) diejenigen, die am Ende das umsetzen müssen und das Vertrauen der Bürger in den Staat bewahren müssen, indem wir sagen: Versprechen setzen wir auch um."
Sichtlich irritiert hakte Lanz nach: "Da werden also Versprechungen gemacht, die gar nicht zu halten sind?" Die anwesenden Kommunalpolitiker nickten zunächst stumm. Kurz darauf erklärte Bettina Dickes vorsichtig: "Ich unterstelle keinem Bundespolitiker, dass er nicht nach bestem Wissen und Gewissen handelt. (...) Die Notwendigkeit von manchen Punkten sind sehr wohl gesehen, aber die (...) Umsetzung hinterfragt man dann einfach nicht." Die Landrätin weiter: "Wir versprechen viel, wir halten wenig. Und dann kommt der Frust auf den Staat."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz schaffte es auch im dritten Teil seiner Themenwoche, mit präzisen Fragen ein Stimmungsbild der deutschen Kommunen zu zeichnen. Am Ende der Sendung erklärte er daher sichtlich zufrieden: "Das hat das Bild dieses Landes nochmal verändert."
Zu den anwesenden Kommunalpolitikern sagte der ZDF-Moderator derweil: "Ich finde es toll, dass es Sie gibt. (...) Da an der Basis sind Leute, die geben einem ein bisschen den Glauben und die Hoffnung an dieses Land zurück."
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Wie prekär die Lage in vielen deutschen Landkreisen mittlerweile ist, wurde auch bei "Markus Lanz" deutlich. Katja Wolf merkte dazu an, dass sich Deutschland seit 2015 im dauerhaften Krisenmodus befinde: "Wir haben immer Extremsituationen gehabt." Dass sich die Kommunen immer gewaltigeren Aufgaben ohne jegliche Unterstützung widmen müssen, bereite ihr daher Sorgen.
Bettina Dickes stimmte zu und forderte vom Bund, vor jedem Versprechen an die Bürger lieber "nochmal drei Schritte zurückzugehen". Sie ergänzte: "Natürlich wollen wir besser werden. Aber je mehr wir ein Versprechen hochjubeln, desto tiefer kann auch die Frustration gehen." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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