Wer den Schaden hat … Armin Laschet muss bei "Hart aber fair" in Abwesenheit als Schießbudenfigur herhalten. Die potenziellen Ampel-Koalitionäre beißen kräftig in den Zankapfel Vermögenssteuer, SPD-Mann Kevin Kühnert kassiert einen Spruch von Frank Plasberg.
Die Kleinen werden die Ersten sein:
"Nach der Wahl, vor dem Machtpoker: Wird aus dem Sieger auch ein Kanzler?", fragt Gastgeber
Das sind die Gäste bei "Hart aber fair"
"Wir haben die Wahl verloren. Punkt", sagt Junge-Union-Chef Tilman Kuban (CDU). Ob die Erneuerung mit Armin Laschet funktionieren könne? "In der Regierung mit Laschet, in der Opposition ohne."
Mariam Lau von der "Zeit" gibt Laschet nur noch eine "Galgenfrist", die eventuell schon am Dienstag bei der Fraktionssitzung vorbei ist. "Ich bin erschrocken, wie ausgeblutet die Partei ist. Laschet sollte ihr den Gefallen tun und Konsequenzen ziehen."
Laschet wollte
Die Party ist vorbei, sagt der "glückliche Wahlsieger" und SPD-Vize
"Wir werden normaler", sagt FDP-Vizefraktionschef Alexander Graf Lambsdorff zur kommenden Drei-Parteien-Koalition. "Wir haben ein neues Parteiensystem, also brauchen wir eine neue Kultur bei Koalitionsverhandlungen."
Die grüne Grande Dame
Das ist der Moment des Abends
Zugegeben, Armin Laschet poltert gerade durch die Republik wie der Schwarze Ritter von Monty Python - im Duell schwer verletzt, tönt der Ritter noch, er sei unbesiegbar, sogar als er alle Gliedmaßen verloren hat, gesteht er die Niederlage nicht ein: "Einigen wir uns auf Unentschieden."
Der Vergleich, der gestern in verschiedenen Variationen in den Sozialen Medien zu lesen war, trifft ins Schwarze. Selbst als Laschet nach den Gremiensitzungen am Montagnachmittag offenbar in der Realität angekommen war und einräumte, dass er keinen Regierungsauftrag hat, legte er einen merkwürdig aggressiven, patzigen Ton an den Tag. Es sieht alles danach aus, als verliere da ein Politiker unter allerhöchstem Druck und in den Tagen einer schmerzhaften Niederlage komplett die Nerven - in aller Öffentlichkeit.
Was Frank Plasberg aus Laschets Niederlage macht, grenzt allerdings schon an ein Tribunal. Als hätte Markus Söder persönlich den Chefredakteur gegeben, spielt Plasberg Video um Video mit den peinlichsten Wahlkampfpannen ein, dazu noch eine Rücktrittsforderung aus den eigenen Reihen, und schließlich fragt er: "Hätten Schäuble und Bouffier nicht sagen müssen: Isch over, Armin!"?
Auch bei den Gästen darf jede und jeder mal auf Laschet einhauen: "Laschet hält sich immer noch für den Mann der Stunde", sagt Mariam Lau, "langsam kann man das Arroganz nennen." Sascha Lobo glaubt, Laschet könne sich höchstens zum Kanzler mogeln und wäre dann "schwach bis zur Erpressbarkeit": "Wenn Merz einen Ellbogencheck macht, fällt er lang hin." Nun: Erstens liegt der Mann schon am Boden. Zweitens tritt man dann eigentlich nicht noch nach.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Zwischenzeitlich fühlt sich "Hart aber fair" an wie eine Vorab-Sondierung für eine Ampel: Erst einigen sich Renate Künast und Alexander Graf-Lambsdorff darauf, dass es an ihren Parteien ist, voranzugehen. Dann vermessen der FDP-Mann und Kevin Kühnert schonmal den riesigen Elefanten, der im Raum stehen wird: die Finanzpolitik.
"Ich glaube, Steuern senken für alle wird nicht gehen, das wird selbst die FDP einsehen", sagt Kühnert. Steuern seien für die SPD "kein Fetisch", sondern ein Weg, Einnahmen für wichtige Ausgaben zu generieren.
Plasberg, ganz der routinierte Zündler, schmeißt das "Voodoo-Wort Vermögenssteuer" in die Debatte, und sofort sprühen die Funken. "Das haben wir nicht aus Spaß in unser Programm geschrieben", sagt Kühnert, Lambsdorff verschluckt vor Schreck fast seine Krawatte: "Bei den Unternehmen sind wir da bei Substanzsteuern!"
Überhaupt sei die Vermögenssteuer verfassungswidrig, was Kühnert anders einschätzt. Und weil's so schön ist, mischt auch noch Renate Künast mit: "Bevor wir zur Steuerfachsendung werden, müssen sagen, was wir fördern müssen." Und zwar, Überraschung, Investitionen in den Klimaschutz. Bei diesem Ziel immerhin scheinen sich die drei potenziellen Partner einig, nur an der gemeinsamen Routenfindung könnte es scheitern.
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So hat sich Frank Plasberg geschlagen
Elfmeter muss man auch erstmal verwandeln – und dann erst so traumhaft sicher wie Frank Plasberg gegen Kevin Kühnert: Der SPD-Linke hatte im Wahlkampf FDP-Chef Christian Lindner einen "Luftikus" genannt, der kein seriöses Finanzkonzept vorlegen könne. "Ich frage mich, mit welcher Partei er auf dieser windigen Grundlage zusammenarbeiten will."
Plasberg zitiert den Satz, grinst wie ein Pokerspieler, der gleich ein Full House zeigen wird, und sagt: "Tja, Herr Kühnert - vielleicht mit der SPD."
Das ist das Ergebnis
Weil Sascha Lobo Sascha Lobo ist, verpasst er der Bundestagswahl nachträglich das ganz große Label: Nichts weniger als eine "Epochenwende" habe Deutschland erlebt. Angela Merkel, so seine These, habe das 20. Jahrhundert verlängert, mit ihrem Abtritt breche erst das 21. Jahrhundert an.
"Mit uns zieht die neue Zeit", heißt es ja im alten Sozi-Gassenhauer "Wann wir schreiten Seit' an Seit'" - aber wenn eine neue Epoche ausgerechnet das Gesicht von Groko-Olaf Scholz trägt, haut vielleicht einfach die These nicht hin.
Dann lieber allgemeingültiger formulieren, so wie Alexander Graf Lambsdorff. Egal, wie er den Satz genau gemeint hat, er besitzt Gültigkeit - für die kommenden Sondierungsgespräche zwischen Ampel wie Jamaika, für die neuen Logiken in einem politischen System ohne herkömmliche Volksparteien, und eigentlich auch für die gesamte Legislaturperiode: "Es wird uns allen viel abverlangen."
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