Die Runde bei Sandra Maischberger ließ kein gutes Haar an der Ukraine-Politik der neuen US-Administration und ihrer Neuausrichtung gegenüber Europa. Sogar Altbundespräsident Joachim Gauck gab zu, dass ihn angesichts der Weltlage ein mulmiges Gefühl beschleicht. Für positives Erstaunen sorgten dagegen die Schuldenpläne von Union und SPD – mit einer Ausnahme.
Das Thema der Runde
Zwei Themen standen bei "
Die Gäste bei "Maischberger"
Anja Kohl : Die ARD-Wirtschaftsexpertin befürwortet die Pläne von Union und SPD, massiv in die deutsche Rüstung zu investieren. Man müsse sich vor der Geschichte verantworten, wenn man Deutschland in diesen Zeiten nicht verteidigungsfähig mache, sagte Kohl. "Es ist dringend notwendig, dass sich Deutschland positioniert für die Zukunft Europas."Robin Alexander : Der "Welt"-Journalist nannte die schnelle Einigung zwischen SPD und CDU auf das Ende der Schuldenbremse und massive Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung "spektakulär", warnte aber auch vor den fiskalischen Gefahren des Schuldenmachens wie steigender Inflation. Alexander befürchtet nach dem Eklat im Weißen Haus "Schlimmes" für die Ukraine.- Anna Lehmann: Die "taz"-Journalistin plädierte für einen Lastenausgleich wie unter dem ersten Bundeskanzler
Konrad Adenauer , um die geplanten Milliarden-Investitionen mitzufinanzieren. Sie würde den Reichsten der Reichen mittels Steuern 800 Milliarden Euro wegnehmen. US-Präsident Trump fährt laut Lehmann "auf dem Highway in die Autokratie". - Manuela Schwesig: Die SPD-Ministerpräsidentin rechnet damit, dass der deutsche Verteidigungshaushalt perspektivisch von derzeit 53 Milliarden Euro Richtung 100 Milliarden Euro im Jahr wächst. Neben den riesigen Investitionen müssten auch Einsparpotenziale im Haushalt unter die Lupe genommen werden, mahnte sie.
Joachim Gauck : Der Bundespräsident a.D. sah im Eklat im Weißen Haus "ein unamerikanisches Verhalten, das Donald Trump an den Tag gelegt hat". Für den 85-Jährigen war es "ein unglaubliches Erschrecken", dass sich Amerika von den eigenen Werten und Normen verabschiedet und den eigenen Verbündeten derart vorführt. Er befürchtet sogar, dass sich die USA und Russland über die Köpfe der anderen hinweg die Welt aufteilen könnten, wie es derzeit in der Ukraine zu passieren scheint. Gauck plädierte daher für mehr europäische Stärke, lehnte deutsche Atomwaffen jedoch strikt ab. Statt "hoffnungsgarnierter Ohnmacht" gegenüber Russland – wie die AfD oder das BSW – plädierte Gauck für eine "bewaffnete Friedfertigkeit", wie er es nannte. "Das ist alles anders als Kriegspolitik, das ist Friedenspolitik."

Das Wortgefecht des Abends
Robin Alexander ging mit der geplanten Ausgabenschwemme hart ins Gericht. Er zählte "800 Milliarden aus Frau Lehmanns Strafsteuer für Reiche, 500 Milliarden für Infrastruktur, 500 Milliarden für den Bundeshaushalt" auf und sagte ungläubig: "So viele Kitas kann man überhaupt nicht bauen." Anja Kohl ging dazwischen: "Nein, nein. Sie begreifen das Sondervermögen nur als Kosten und Schulden. Sie müssen es begreifen als Wachstumsprogramm und Innovationsmotor. Es ist Geld (…), das wir nicht einfach wegballern wollen, sondern womit wir eine Wirtschaft neu aufstellen. Alexander unterbrach sie: "Aber Frau Lehmann sprach doch von Kitas und Krankenhäusern!" Kohl wiederholte sich: "Wir dürfen es nicht nur begreifen als Kosten und Schulden dieses Sondervermögen. Das wäre ein Fehler." Alexander blieb bei seiner Meinung. "Das darf im Fernsehen nicht stehenbleiben. Ein Sondervermögen ist Schulden. Alles andere ist Quatsch." Seine Sorge: Wenn es schlecht läuft, könne die deutsche Schuldenpolitik ganz Europa in Schwierigkeiten bringen.
Die Offenbarung des Abends
Angesichts der derzeitigen Weltlage wird sogar Joachim Gauck etwas mulmig: "Ich bin eigentlich in Deutschland zuständig für Zuversicht: Aber ich bin noch nie so dicht am Zweifel gewesen wie in den vergangenen Tagen", gab der Altbundespräsident zu.
Der Erkenntnisgewinn
Wir leben im Zeitalter der "Firsts". Nach "America First" von Donald Trump kommt nun "Europa First", wie "taz"-Journalistin Lehmann die Diskussion zusammenfasste. Das bedeutet: Europa muss mehr zusammenrücken und mehr in die eigene Sicherheit investieren, auf die USA ist kein Verlass mehr. Doch das kostet Geld. Sehr viel Geld. Der Einzige, der die kollektive Einigkeit der "Maischberger"-Runde störte, war Robin Alexander mit seinen Warnungen vor dem exorbitanten Schuldenmachen. Die Zeiten haben sich geändert.