Hauptsache etwas gesagt: Bei "Anne Will" diskutierten die Gäste schon einmal, ob "eine neue Groko überzeugen kann". Die gibt es zwar noch gar nicht, aber sicher ist offenbar sicher. Dementsprechend erkenntnisarm ging es dann auch zu. Zumindest meistens.
Das Thema klingt nach reichlich Einfallslosigkeit: "Verhandeln bis es quietscht - kann eine neue GroKo überzeugen?" Noch weiß niemand, ob man sich bei den Verhandlungen überhaupt einigen kann und worüber überhaupt, da diskutiert
Man hätte mit dem Orakeln zumindest warten können, bis wenigstens ein Koalitionsvertrag steht. Stattdessen macht ein Blick auf die Gästeliste noch weniger Hoffnung darauf, dass man an diesem Abend mehr als nur das Übliche erwarten darf.
Diese Gäste diskutierten mit Anne Will:
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• Robert Habeck (Die Grünen), Parteivorsitzender
• Heiko Maas (SPD), geschäftsführender Bundesjustizminister
• Alice Weidel (AfD), Fraktionsvorsitzende im Bundestag
• Elisabeth Niejahr, Chefreporterin der "Wirtschaftswoche"
Darüber wurde bei "Anne Will" gesprochen:
Anne Will ist vom Start weg von einem Gedanken gepackt. Nämlich dem, dass eine neue Regierung auch einen neuen Impuls mitbringen muss. Dementsprechend versucht sie gleich Druck zu machen und zitiert ein Ergebnis des Deutschlandtrends, wonach 71 Prozent der Befragten kein Verständnis für die langen Koalitionsverhandlungen hätten.
Nachdem Armin Laschet nicht ganz zu Unrecht erwidert, dass die Verhandlungen zur GroKo gerade einmal eine Woche dauern, versucht Will erneut, eine "Untertourigkeit" bei den Verhandlungen zu finden: "Wo liegt der überzeugende Zukunftsentwurf?"
Das ist insofern eine berechtigte Frage, als dass Deutschland und Europa tatsächlich vor großen Herausforderungen stehen.
Das weiß natürlich auch Armin Laschet und geht ins Detail: Europa wettbewerbsfähig machen, Digitalisierung, Arbeitsplätze, Soziale Probleme, Wohnen, Klimaschutz. Anne Will reicht das nicht, sie ist immer noch auf der Suche nach einer Regierung, "die mitreißt" und Lust aufs Regieren hat.
Armin Laschet sieht die Diskussion um eine eventuelle Kraftlosigkeit nüchterner: "Die entscheidende Frage ist: Sind die Inhalte, die wir jetzt erarbeitet haben, als Inhalte etwas Neues, was einen Schub gibt."
Das war das Problem der Sendung:
Es dauerte erstaunlich lange, bis
Nun kann man natürlich mutmaßen, dass die "Anne Will"-Redaktion auf den Abschluss der Koalitionsverhandlungen, der eigentlich für den Sonntag geplant war, gehofft hatte. Allerdings konnte man sich bei den befristeten Arbeitsverhältnissen und bei der Gesundheit noch nicht einigen, weshalb am Montag weiter verhandelt werden soll.
Das wäre dann zwar etwas unglücklich für die Redaktion gelaufen, am grundsätzlichen Problem der Themensetzung, nämlich über die Arbeit einer Regierung zu sprechen, die es noch gar nicht gibt, ändert das aber nichts.
Bei diesem Punkt wurde es dennoch interessant:
Dass niemand eine große Koalition wollte, ist schon lange bekannt. Ob das gleich auf eine Unlust aufs Regieren und dann auch noch auf einen fehlenden Zukunftsentwurf schließen lässt, diese Diskussion ist müßig. Insbesondere, da die Politik der vergangenen Jahre auch nicht gerade von großen Visionen geprägt war.
Interessant wurde es bei "Anne Will" lediglich bei der Frage, wie demokratisch es ist, dass der Koalitionsvertrag erst noch der Zustimmung der SPD-Mitglieder bedarf. Neben Heiko Maas sieht auch Robert Habeck die Vorteile einer solchen Abstimmung: "Die Parteien führen Koalitionsverhandlungen und nicht die Abgeordneten. Wir stimmen ja quasi über Neuwahlen ab. Und dann fragen sie alle Abgeordneten: Wer ist dafür, dass wir noch mal euer Mandat infrage stellen? Da kann ich Ihnen vorher sagen, was dabei herauskommt."
Armin Laschet hingegen ist von dem SPD-Mitglieder-Vorbehalt weniger begeistert: "Ich würd's nicht machen, weil ich finde: Wenn Abgeordnete in den Bundestag gewählt werden, haben sie auch den Auftrag, eine Regierung zu bilden."
Das Fazit
Dass man bei der Frage nach einem respektvollen Umgang während der Koalitionsverhandlungen beim Familiennachzug landete und bereits bekannte Positionen noch einmal durchkaute, gab dem Abend dann auch keine neue Wendung mehr. Insgesamt war das eine Talkrunde, die man so kein zweites Mal braucht. Auch dann nicht, wenn die GroKo wirklich steht.
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