Erst Willkommenskultur, dann wieder Grenzkontrolle: Frank Plasberg diskutierte mit seinen Gästen bei "Hart, aber fair" über die Wende der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik. Trotz vieler Halbwahrheiten und eines Moderators, der Reizpunkte setzen mit Stimmung machen verwechselte, lieferte die Sendung am Ende doch viele Antworten.
Europa macht dicht. Angesichts der zahlreichen Menschen, die in Europa Schutz suchen, zieht der Kontinent die Zugbrücken hoch. Ungarn schließt die Grenzzäune, Dänemark ließ kurzzeitig keine Züge mehr ins Land fahren und seit Sonntag werden wieder Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland durchgeführt. Vor kurzem noch erklärte Kanzlerin Merkel, dass es keine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen gebe, nun erfolgte die Kehrtwende.
"Schlagbaum runter, Zäune hoch – Panikstimmung in Europa?" fasste die Redaktion von
Plasberg und die Angst
Es ist nicht ungewöhnlich dieser Tage, dass das Thema Flüchtlinge bei manchem in erster Linie mit Angst verbunden wird. Dass aber eine Diskussion in einer Polittalkshow von einem erfahrenen Journalisten gleich mit dieser Assoziation in eine negative Atmosphäre gedrängt wird, ist erstaunlich. Zumal Plasberg das Thema Angst bis zum Schluss nicht loslassen sollte. Es hat nichts mit Schönrednerei zu tun, wenn man eine Diskussion, bei der es in erster Linie um das Schicksal tausender Menschen und deren Schutz und mögliche Integration geht, nicht gleich so emotional aufgeladen hätte.
Wie sensibel das Thema ist, zeigte sich in der Person des bayerischen Finanz- und Heimatministers
Ein Satz, viele Erkenntnisse
Dieser Satz zeigt zum einen das grundsätzliche Dilemma zwischen der Hilfe in akuter Not und der Suche nach langfristigen Antworten. Er zeigt aber auch das Dilemma der CSU, nicht als herzlose Partei dazustehen, gleichzeitig aber ihre Law-And-Order-Prinzipien zu bewahren. Und zu guter Letzt zeigt Söders Satz, dass diese Diskussion immer noch mit genauso vielen Halbwahrheiten wie schlichten Antworten geführt wird. Dass Deutschland nicht alle Probleme dieser Welt alleine lösen kann, ist natürlich richtig – so etwas hat aber auch niemand behauptet. Und selbst wenn, entspricht es auch nicht der Realität, ein Blick in die Flüchtlingslager in der Türkei oder im Libanon genügt. Aber so eine Aussage klingt an den Stammtischen der Republik einfach zu gut und es sollte nicht Söders letzte an diesem Abend sein.
So viele Halbwahrheiten auch über den Diskussionstresen gingen: Söders Aussage zu Grenzkontrollen durchweg als Populismus zu bezeichnen, wäre hingegen unfair. Dass er auf gesetzeskonforme Verfahren besteht, ist sein gutes Recht, wenn nicht gar seine Pflicht als bayerischer Minister. Sieht man sich aber die Bilder aus Griechenland, Mazedonien und Ungarn an, kann es keinen Zweifel geben, dass man den Menschen dort lieber blauäugig hilft als sie gesetzeskonform im Stich zu lassen.
Die Mär vom Wirtschaftsflüchtling
Es ist der Verdienst des SPD-Vizes
Und auch der ungarische Staatssekretär musste erkennen, dass seine Argumente zu kurz geraten waren, als er die Angst der Ungarn vor Muslimen durch die Tatsache verteidigte, dass man es in Ungarn im Gegensatz zu Deutschland nicht kenne, dass Menschen mit einer ganz anderen Religion ins Land kämen. Daraufhin erinnerte ihn Münkler daran, dass im deutschen Grundgesetz der Grundgedanke der Privatisierung der Religion verankert sei und diese demnach im politischen Raum keine Rolle spielen dürfe: "Es kann kein Argument sein, bei uns gebe es keine Muslime, deshalb dürfen auch keine kommen."
Und jetzt mal ohne Angst
Es war eine etwas eigenartige Diskussionsrunde gestern Abend bei "Hart, aber fair". Das lag nicht nur daran, dass Moderator Plasberg die Entlarvung der Ungereimtheiten und den Willen zur Ausgewogenheit weitgehend seinen anderen Gästen überließ und stattdessen sein Angst-Faible bis zum Ende pflegte. Die Eigenartigkeit der gestrigen Runde ist auch der Tatsache geschuldet, dass trotz oder vielleicht gerade wegen der vielen Halbwahrheiten eben auch viele Fragen angesprochen wurden, deren Beantwortung tatsächlich drängt. Und hier, das machte die gestrige Sendung deutlich, bedarf es einer großen Anstrengung aller – ohne Verharmlosung, aber auch ohne Halbwahrheiten und erst recht ohne Angst.
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