Bei "Maischberger" war am Dienstagabend (15. Oktober) der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch zu Gast. Sandra Maischberger verschonte ihn nicht und lockte ihn mehrmals aus der Reserve. Während sich Miersch und CDU-Mann Thorsten Frei in Sachen Steuerpolitik fetzten, analysierte eine Journalistin einen Trend in der SPD, den der Generalsekretär kaum korrigieren könne. Im Gespräch mit Historiker Yuval Noah Harari kam dann noch der "Fluch der Geschichte" auf den Tisch und die Warnung: "Dann ist die alte Welt Vergangenheit."
Die SPD hat im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 einen ersten Vorstoß in Sachen Wirtschaft gewagt: In einem Strategiepapier fordert sie eine Entlastung von 95 Prozent der Steuerzahler, eine Kaufprämie für E-Autos und einen Mindestlohn von 15 Euro. Um Teile davon stritten die Gäste auch bei "Maischberger".
Das ist das Thema bei "Maischberger"
Die SPD hat
Das sind die Gäste
- Matthias Miersch (SPD): Der neue Generalsekretär verteidigte den Vorstoß der SPD, das obere ein Prozent stärker zu besteuern: "Wir haben immer mehr Superreiche und das sind ein Prozent der Bevölkerung, die hier zu mehr Gerechtigkeit beitragen können." Es sei einfach ungerecht, dass man ab 67.000 Euro den Spitzensteuersatz zahle, ebenso wie jemand mit 250.000 Euro.
Thorsten Frei (CDU): Der parlamentarische Geschäftsführer meinte: "Gerhard Schröder hat dem Land mit der Agenda 2010 einen großen Dienst erwiesen. Jetzt sind wir im Grunde in der gleichen Situation und bräuchten eine Agenda 2030, um aus der Krise, in der wir stecken, wieder herauszukommen." Obwohl die Wirtschaft schrumpfe, habe Deutschland ständig wachsende Steuereinnahmen.- Yuval Noah Harari: "Es kann sein, dass wir irgendwann zurückblicken und sagen: Der Dritte Weltkrieg begann am 24. Februar 2022 mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine", so der Historiker und Autor. Wenn man zulasse, dass die internationale Ordnung zusammenbricht, dann würden weltweit wieder – wie jetzt schon in Russland – 30 bis 40 Prozent des Haushalts für das Militär ausgegeben werden.
- Mariam Lau: Die "Zeit"-Journalistin sprach über die Kampagne der SPD gegen Merz. "Die Leute sehen, immer mehr Industriebetriebe wandern ab, immer mehr Unternehmen schaffen es nicht mehr, mit den Bedingungen hier klarzukommen – die Gefahr, die man damit eingeht, ist, dass die Leute denken: Vielleicht ist es gar nicht so verkehrt mal jemanden zu wählen, der aus der Wirtschaft kommt."
- Anna Lehmann: Die Journalistin von der "taz" meinte: "Bei Söder weiß man nie." Für ihn sei der Begriff politischer "Wendehals" geradezu erfunden worden. Es sei gut möglich, dass Söder irgendwann zum Gegner von Merz werde. "Ich würde die SPD davor warnen, sich zu sehr an Merz abzuarbeiten", so Lehmann. Sie habe genug Arbeit vor sich, ihre eigenen Ideen und ihren eigenen Kandidaten zum Glänzen zu bringen.
- Urban Priol: Der Kabarettist sagte: "Die SPD hofft auf einen Schröder-Moment wie 2005. Da hat er wochenlang den 'Professor aus Heidelberg' Paul Kirchhof nach vorn geschubst hat und ihn als abgehoben dargestellt – und dann wirklich eine fulminante Aufholjagd hingelegt." Er könne sich aber nicht vorstellen, dass das mit Merz nun funktioniere.
Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"
Der Historiker Harari analysierte Putins Verhalten: "Es ist der Fluch der Geschichte: Wenn man in die Geschichte zurückblickt, dann hat jedes Land historische Ansprüche auf Ländereien, die jetzt zu einem anderen Land gehören." Es sei in den letzten Jahren aber das größte Tabu des internationalen Systems gewesen, die aktuellen Grenzen zu respektieren – vollkommen egal, wie die Situation zu Zeiten Friedrich des Großen, Peter des Großen oder irgendeines anderen Herrschers war.
"Wenn man es zulässt, dass Putin das mit der Ukraine macht, was wird ihn daran hindern, das mit anderen Teilen des ehemaligen Russischen Reiches zu tun – von Kasachstan über Estland bis Polen?", fragte Harari und warnte: "Sobald ein Tabu gebrochen ist, dann ist die alte Welt Vergangenheit."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Frei und Miersch stritten über Steuerentlastungen. Die SPD hatte gefordert, 95 Prozent der Steuerzahler zu entlasten, indem man das obere ein Prozent stärker besteuere. Frei dazu: "Für 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland ist die Einkommenssteuer gleichzeitig die Unternehmenssteuer. Die, die man wirklich trifft, sind nicht die paar wenigen Großverdiener bei uns im Land, sondern die mittelständischen Unternehmen." Das Konzept der SPD würde hunderttausende Arbeitsplätze ins Ausland vertreiben und sei schädlich und leistungsfeindlich.
"Das sind Unterstellungen. Sie wissen noch gar nicht genau, wie die Be- und Entlastungen aussehen", wehrte sich Miersch. Man könne nicht sagen, dass Unternehmen geschröpft würden und unter Druck kämen. "Wenn Unternehmen in Deutschland investieren, soll es Sonder-Superabschreibungen geben", ergänzte er, geriet aber in die Defensive. Frei legte noch einmal nach: "Was wir wirklich bräuchten, ist eine Verbesserung der Standortbedingungen."
So hat sich Sandra Maischberger geschlagen
Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"
Bei der Bundestagswahl wird die Wahl zwischen SPD und CDU eine Wahl zwischen "mehr Staat oder mehr Markt" sein. In Persona waren diese Konzepte Miersch und Frei. Trotz der unterschiedlichen Grundauffassungen hielt die Runde es für am wahrscheinlichsten, dass es nach der Bundestagswahl zu einer großen Koalition kommt. Journalistin Lehmann machte eine Rechtsverschiebung in der SPD aus und sagte sie mit Blick auf Miersch: "Ich glaube nicht, dass er das korrigieren kann."
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