Scheitert die deutsche Energiewende an der FDP? Oder sorgt die Partei für die dafür notwendigen Innovationen? FDP-Fraktionschef Christian Dürr versuchte bei "Markus Lanz" den Kurs seiner Partei zu erklären und wurde dabei vor allem vom ZDF-Moderator scharf kritisiert.
Der Abwärtstrend scheint für die FDP nicht zu stoppen zu sein. Nachdem die Wahlen in Berlin der Partei erneut ein verheerendes Ergebnis einbrachten, steht die Partei unter Druck und geht bei Fragen zur Energiewende, Klimapolitik oder der Zukunft der Autos auf Konfrontationkurs mit den Partnern in der Ampelkoalition.
Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Bei den Landtagswahlen erlitt die FDP zuletzt eine Serie von Niederlagen und muss sich fragen, wie sie für Wähler wieder attraktiv wird. Im Gespräch mit Markus Lanz stellte sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr daher einigen unangenehmen Fragen und geriet vor allem beim Thema Energiewende und Klimapolitik in ein leidenschaftliches Wortgefecht mit dem ZDF-Moderator.
Doch auch Journalistin Petra Pinzler sowie Grünen-Politiker Belit Onay kritisierten am Donnerstagabend die klimapolitischen Ansätze der FDP scharf und forderten stattdessen innovative Ideen.
Das sind die Gäste
- Christian Dürr, Politiker und FDP-Fraktionschef: "Das Land gemeinsam voranzubringen - da wird die FDP der Motor sein."
- Petra Pinzler, Wirtschafts- und Umweltpolitik-Expertin der "ZEIT": "Der neue Kulturkampf geht nicht ums Gendern, sondern ums Auto."
- Belit Onay, Grünen-Politiker und Oberbürgermeister von Hannover: "Eine Klima-Autobahn zu bauen - die Rechnung geht nicht auf."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Markus Lanz startete in die Sendung mit Blick auf die durchaus schwachen Landtagswahlergebnisse der FDP. Der ZDF-Moderator wollte wissen: "Wer ist verantwortlich für die miesen Ergebnisse?" Statt sich zu verteidigen, erklärte FDP-Fraktionschef Christian Dürr: "Die FDP ist eine Partei der Eigenverantwortung. Wir schieben die Schuld auf keinen Einzelnen." Er ging viel mehr in die Offensive, in dem er versprach: "Das Land gemeinsam voranzubringen - da wird die FDP der Motor sein."
Ein Satz, den "ZEIT"-Journalistin Petra Pinzler nicht unkommentiert stehen lassen wollte. Sie sagte in Richtung Dürr, dass interessant sei, wie unterschiedlich man Realität einschätzen kann: "Ihre Zustimmungsraten gehen deutlich nach unten, weil Sie vieles verhindern, wie zum Beispiel das Energieeffizienz-Projekt. Die FDP hat im Bundestag immer gebremst. Bei der Partei sehe ich im Moment nicht so viel Innovation. Auch bei der Digitalisierung hat die FDP noch nicht für einen 'Wumms' gesorgt." Auf die Kritik wollte Dürr jedoch nur bedingt eingehen und sagte schlicht: "Ihr Argument ist widerlegt durch aktives Regierungshandeln."
Beim Thema Tempolimit wurde Christian Dürr derweil konkreter und stellte sich entschieden dagegen. Seine Begründung? "Wir werden damit mehr Verkehr auf Landstraßen haben." Markus Lanz wollte daraufhin wissen: "Wirken wir damit nicht so retro und könnte das der Grund sein, warum Sie gerade in den Wahlen so schlecht abschneiden?" Auch Petra Pinzler hakte entschieden nach und stellte mit Blick auf das Erreichen der deutschen Klimaziele fest: "Wenn Sie als FDP noch fünf andere Vorschläge hätten, würde ich Ihnen sofort applaudieren. Aber da kommt einfach nichts."
Das wollte sich der FDP-Politiker nicht gefallen lassen und stichelte: "Wir diskutieren gerade seit zehn Minuten über 0,8 Prozent aller Emissionen, als würden wir damit die Welt retten. Warum pushen wir nicht die Frage einer Verlängerung des Verbrenners, wenn er klimaneutral betrieben wird?" Dürr erklärte weiter: "Ich rede über 45 Millionen Verbrenner-Autos, die ich klimaneutral bekommen möchte."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Hitziger wurde die Diskussion, als Markus Lanz die politischen Ziele der FDP ansprach: "Sie haben sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, Straßen und Autobahnen zu bauen? Und das Klima ist Ihnen wichtig?" Christian Dürr reagierte irritiert: "Ja, das Klima ist mir sogar sehr wichtig." Doch Lanz ließ nicht locker und fragte erneut: "Und dann wollen Sie Straßen bauen, wenn Ihnen das Klima so wichtig ist?" Der FDP-Fraktionschef bejahte auch dies fast schon kleinlaut: "Ja, ich will beides."
Daraufhin schaltete sich Grünen-Politiker Belit Onay ein, der feststellte: "Man merkt, Herr Dürr schwimmt ein wenig." Der Oberbürgermeister Hannovers weiter: "Man sollte doch nicht mehr Straßen bauen, sondern Alternativen bieten. Das ist Modernität. Eine Art Klima-Autobahn zu bauen - die Rechnung geht nicht auf." Doch Christian Dürr wollte nicht einknicken und sagte erneut: "Durch den Neubau von Straßen helfen wir der Umwelt."
Dürr legte nach und fügte mit erhobener Stimme hinzu: "Wir sprechen über zwei komplett unterschiedliche Denkschulen. Ich sage, wir brauchen mehr Technologie-Offenheit und mehr Optionen. Sie denken, dass man nur weniger fahren sollte." Markus Lanz wollte die klimapolitischen Ansätze der FDP jedoch nicht so stehen lassen und sagte genervt: "Sie machen daraus so einen Glaubenskrieg! Sie wollen die FDP retten. Sie wollen stattfinden."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Lanz moderierte solide und konnte seinen Gästen, allen voran Christian Dürr, einige interessante Thesen entlocken. Ein roter Faden lief durch die Sendung, auch wenn einige Diskussionen in der Runde schlussendlich aufgrund völlig unterschiedlicher Ansätze und Argumentationsketten im Sand verliefen.
Der ZDF-Moderator versteifte sich vor allem zu Beginn der Sendung extrem auf den FDP-Fraktionschef, während die anderen beiden Gäste kaum zu Wort kamen. Dürr wurde von Lanz mehrmals detailliert ausgefragt und zeigte so nicht nur Kompetenz-Lücken, die Diskussion machte auch deutlich, dass die deutsche Energiewende noch länger ein Debatten-Thema sein wird.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Während FDP-Fraktionschef Christian Dürr leidenschaftlich gegen die Einführung eines Tempolimits plädierte, erklärte Grünen-Politiker Belit Onay, dass er künftig in Hannover eine autofreie Innenstadt möchte.
Der Oberbürgermeister stellte in der ZDF-Sendung zwar klare Forderungen an die Regierung - darunter auch die Einführung des Tempolimits - doch ein Konsens unter den Gästen konnte aufgrund hitziger Diskussionen bis zum Schluss nicht erreicht werden.
Markus Lanz beendete die Sendung daher fast widerwillig mit den Worten: "Wir werden darüber nicht das letzte Mal gesprochen haben." © 1&1 Mail & Media/teleschau
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.