Unter dem Titel "Deutschland in der Krise – Sehnsucht nach einfachen Antworten?" diskutierte Maybrit Illner am Donnerstagabend (15. Februar) mit Vertretern von CDU, SPD, AfD und BSW über die Lage in Deutschland und verlorenes Vertrauen. Beatrix von Storch (AfD) kommentierte die landesweiten Proteste gegen rechts mit: "Das lässt uns alles kalt"; und Sahra Wagenknecht (BSW) übte scharfe Kritik an der Ampel. Jens Spahn (CDU) brachte mit einem Beispiel aus dem Bereich Migration ein Problem anschaulich auf den Punkt.
Das im Januar neu gegründete "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) sehen Umfrageinstitute in Wahlumfragen zwischen 3 und 7,5 Prozent, die AfD bewegt sich bundesweit bei um die 20 Prozent. Für beide Parteien ist der Krisenmodus in Deutschland größtenteils hausgemacht, sie üben scharfe Kritik an der Ampel. Bei "maybrit illner" ging es unter anderem darum, welche Lösungsansätze die Parteien anzubieten haben.
Das ist das Thema bei "Maybrit Illner"
Debüt bei
Das sind die Gäste
Jens Spahn (CDU): "Die eigentliche Frage ist: Ist die Ampel fähig, in der Lage und willens zu erkennen, wie die Stimmung im Land ist?", so der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Ampel regiere derzeit bei Klimaschutz, Bürgergeld und Migration gegen eine Mehrheit im Land. "Der Feuerlöscher ist bei der Regierung", war er sich sicher.- Beatrix von Storch (AfD): Die AfD-Politikerin meinte: "Dass wir im großen Stil abschieben wollen, ist kein Geheimnis." Zu den deutschlandweiten Protesten sagte sie: "Das lässt uns alles kalt. Weil auf dem Höhepunkt dieser Proteste hat es die Wahlen in Berlin gegeben und wir haben das Ergebnis gesehen – das war die beste Mobilisierung unserer Wähler." Dort, wo wiedergewählt worden sei, habe man die Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl um 80 Prozent erhöht. "Es mobilisiert unsere Wähler und deshalb ist das sehr gut", kommentierte sie.
Kevin Kühnert (SPD): Der Generalsekretär sagte: "Am Ende braucht es Parteien, die anknüpfungsfähig und anschlussfähig in verschiedene Richtungen sind." Bei den Ost-Landtagswahlen in diesem Jahr sei die SPD die einzige Partei, die von niemand anderem für die Zusammenarbeit ausgeschlossen werde. "Ich mache mir Sorgen bei diesen Wahlen, dass wir Ergebnisse kriegen, bei denen lauter Leute in der Ecke sitzen, mit verschränkten Armen, und sagen: 'Wir machen es nur so, wie ich es möchte und ansonsten bin ich nicht mit dabei'." Dieser Absolutheitsanspruch und diese Kompromissunfähigkeit machten ihm große Sorgen.- Sahra Wagenknecht (BSW): Die Co-Vorsitzende befand: "Dass die AfD so erstarkt, liegt nicht daran, dass es so viele Rechtsradikale in der Bevölkerung gibt, sondern daran, dass Berlin so schlecht regiert wird." Die AfD habe sich in den letzten Jahren zum Adressaten des Protests gemacht, obwohl ihr Parteiprogramm Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen treffen würde.
- Melanie Amann: Die Spiegel-Journalistin sagte: "Migration zu steuern und ein internationales System zu finden, wo alle Staaten mitmachen – wo auch Herr Orban mitmacht, der Freund von Frau von Storch, wo auch Frau Meloni mitmacht – das dauert. Was mich traurig macht, ist, dass die CDU jetzt so tut, als gehe es ganz leicht." Sie tue so, als brauche es nur einen neuen "frame of mind" und mehr Entschlossenheit. Das sei gerade nicht so.
Das ist der Moment des Abends bei "Maybrit Illner"
Spahn wollte über die Frage sprechen, wo das Vertrauen verloren geht und woher der Frust kommt, dass Menschen bereit sind, die AfD zu wählen. Olaf Scholz habe "Abschieben im großen Stil" angekündigt. Was passiert sei, sei ein "Rückführungsverbesserungsgesetz". "Und dann steht in der Begründung des Gesetzes der Bundesregierung selbst, dass die Zahl der Abschiebungen sich dadurch um 600 erhöht. Nicht am Tag, in der Woche, im Monat – im Jahr!", so Spahn.
Gleichzeitig seien im letzten Jahr täglich etwa 1.000 Menschen nach Deutschland gekommen, wovon etwa 500 wieder ausreisepflichtig wären. "Und das ist, wo das Vertrauen weggeht", bilanzierte Spahn. Es sei ein Gesetz, das keinen Unterschied mache.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Journalistin Amann analysierte, die AfD sei bei der Berlin-Wahl unter ihren Möglichkeiten geblieben. "Man kann das als Delle deuten, die nach diesen Protesten kam", sagte sie. Es habe schon länger eine latente Angst und Unsicherheit vor den Positionen der AfD gegeben, der Bericht von "Correctiv" habe dann dafür gesorgt, dass die Menschen sagen: "Jetzt reicht es".
Wagenknecht meldete sich zu Wort: "Sie machen sich etwas vor und Sie lügen sich in die Tasche, wenn Sie glauben, dass die Demonstrationen die AfD schwächen." Ampel-Politiker hätten an den Demos teilgenommen, deshalb hätten die Menschen den Eindruck, sie würden gegen die Ergebnisse ihrer eigenen Politik demonstrieren. "Das ist unglaubwürdig", so Wagenknecht. Dadurch liefere man der AfD teilweise Vorlagen.
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Goldene Journalistenregel: Nicht zwei Fragen auf einmal stellen. Das machte Illner aber, als sie von Beatrix von Storch wissen wollte, wie sie zu einem Zitat von Tino Chrupalla stehe und wie sie zu den Aussagen von Björn Höcke eingestellt sei. Ergebnis: Teil zwei fiel unter den Tisch. Abgesehen davon war ihr Job am Donnerstagabend recht undankbar: Viel lautes Gerede, viel Einander-ins-Wort-Fallen. Hängen blieben wenige Fragen, darunter: "Warum schiebt das BSW besser ab als die amtierende Regierung?" in Richtung Wagenknecht.
Das ist das Ergebnis bei "Maybrit illner"
Statt nach Gemeinsamkeiten zu suchen, machte sich die Runde gegenseitig Vorwürfe – und zwar in alle Richtungen. Jens Spahn warf Kevin Kühnert vor: "Ihr nehmt immer noch nicht wahr, was los ist im Land", Journalistin Melanie Amann bezichtigte Spahn des "populistischen Unsinns" und Kühnert warf Beatrix von Storch vor, sich Zahlen auszudenken. Da blieb am Strich wenig Gehaltvolles übrig.
Zwar konnte sich der Großteil der Runde darauf einigen, dass es das Migrations-Thema ist, welches die AfD stark gemacht hat und sie in anderen Themenfeldern wenig zu bieten hat, aber: Die richtigen Schlüsse zogen die Gäste nicht. Statt AfD-Vertreterin von Storch mit Themen wie soziale Ungleichheit, Bildung oder Geschlechtergerechtigkeit zu konfrontieren, ging es munter fast die ganze Sendung lang um das Lieblingsthema der AfD.
Verwendete Quellen:
- ARD: Sendung "Maybrit Illner" vom 15.02.2024
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