Experten warnen seit Jahren vor der rapiden Erderwärmung. Auch bei "Markus Lanz" wies Klimaforscher Mojib Latif eindringlich auf die verheerenden Folgen des Klimawandels hin. Dabei geriet er mit AfD-Politiker Steffen Kotré aneinander, der eine andere Meinung vertrat.
1,5-Grad-Ziel, eine Zunahme an Extremwetterphänomenen und mitunter düstere Prognosen: Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.
Doch während "Fridays for Future"-Demonstranten und Angehörige der "Letzten Generation" regelmäßig auf der Straße für ein konsequenteres Handeln gegen den Klimawandel eintreten, zweifeln andere Vertreter der Gesellschaft und mitunter auch der Politik an der Dringlichkeit der Thematik.
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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
"Warum wird das immer schwerer mit der gemeinsamen Wirklichkeit?": Mit diesen Worten begrüßte Markus Lanz seine Gäste am Donnerstagabend, um mit ihnen über den Klimawandel zu sprechen. Während Professor Mojib Latif, der als "eine der wichtigsten Stimmen der deutschen Klimaforschung" vorgestellt wurde, vor den katastrophalen Folgen der Erderwärmung warnte, sah AfD-Politiker Steffen Kotré ein anderes Problem. Im Gespräch mit Lanz behauptete er: "Wir haben leider keine offene Wissenschaft mehr."
Das sind die Gäste
- Prof. Mojib Latif, Klimaforscher: "Die Menschheit steht dicht am Abgrund."
- Steffen Kotré, Politiker und energiepolitischer Sprecher der AfD-Fraktion: "Wir haben mit Kernenergie die preiswerteste Energieform."
- Melanie Amann, "SPIEGEL"-Redakteurin: "Was Herr Latif hat, ist keine Meinung, sondern was Herr Latif hat, ist Fachkompetenz."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung sprach Markus Lanz über die jüngsten "verheerenden Dürren" in Uruguay und Spanien, sowie die "verheerenden Überschwemmungen" in Italien. "Wie sehr beunruhigt Sie das?", wollte der ZDF-Moderator von Klimaforscher Mojib Latif wissen. Er antwortete prompt: "Das beunruhigt mich schon sehr." Er warnte davor, dass sich "solche Ereignisse" künftig nicht nur häufen, sondern auch intensivieren werden: "Das ist eine Folge menschlicher Aktivitäten."
Der Klimaforscher bezog sich im Gespräch mit Lanz mehrmals auf den "Stand der Wissenschaft" und mahnte davor, dass "bis zum Ende des Jahrhunderts" rund "ein Drittel der Menschen" massiv vom Klimawandel bedroht sein könnten. "In bestimmten Regionen der Erde ist es ja viel wärmer als bei uns. Wenn es jetzt wärmer wird, steigen dort auch die Temperaturen. Irgendwann kommen wir in Bereiche, in denen wir nicht mehr leben können", prognostizierte der 68-Jährige.
Der Wissenschaftler sagte gleichzeitig: "Wir haben immer noch nicht begriffen, wobei es bei der globalen Erwärmung eigentlich geht." Mojib Latif weiter: "Wir haben einen CO2-Gehalt, den hat es noch nie gegeben, seitdem wir Menschen auf der Erde sind."
Trotz der düsteren Thesen konnte ihnen der Professor dennoch etwas Gutes abgewinnen. Wie er bei "Markus Lanz" schilderte, habe Deutschland seine Emissionen seit den 1990er-Jahren um rund 40 Prozent reduziert. Weltweit seien die Zahlen zwar um 60 Prozent gestiegen, dennoch freute sich Latif im Gespräch mit Lanz: "Deutschland hat die erneuerbaren Energien so weit gebracht, dass sie jetzt in vielen Ländern eine unglaubliche Dynamik erfahren. Wir sehen das jetzt in den USA – und auch in China."
Der Klimaforscher ergänzte: "Meine Hoffnung wäre, dass sich die Vorteile der erneuerbaren Energien deutlich durchsetzen." AfD-Politiker Steffen Kontré sah das anders. Als Lanz ihn fragte, auf welche Energiepolitik er als potenzieller Wirtschaftsminister setzen würde, sprach sich Kotré in der Sendung für "Gas, Öl und Kernenergie" aus.
Laut des energiepolitischen Sprecher der AfD-Fraktion würde demnach das Gas bestenfalls wieder von Russland nach Deutschland fließen. Gleichzeitig behauptete Kotré: "Wir haben mit Kernenergie die preiswerteste Energieform." Eine Aussage, die Journalistin Melanie Amann zur Frage brachte: "Sie würden neue Kernkraftwerke bauen?" Darauf antwortete der Politiker ohne Umschweife: "Selbstverständlich!"
Das ist das Rede-Duell des Abends
Hitziger wurde die Debatte, als Kotré sagte, es gebe keinen Konsens "von 97 Prozent" in der Wissenschaft, wenn es um den menschengemachten Klimawandel gehe. "Viele Wissenschaftler sehen das anders", sagte Kotré.
Markus Lanz ließ nicht locker und wollte wissen, auf welche Wissenschaftler er sich mit der Aussage genau beziehe. Nach mehrmaligem Hin und Her nannte Steffen Kotré schließlich unter anderem den Geologen Sebastian Lüning und den ehemaligen Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt, die beide lange Zeit für diverse Öl- und Gasunternehmen gearbeitet haben, und den Quantenphysiker und Physiknobelpreisträger Anton Zeilinger.
Kurze Zeit später hakte Lanz erneut nach und berief sich auf Informationen seiner Regie, die herausgefunden habe, dass Zeilinger 2017 "gegen Klima-Leugner" auf die Straße gegangen war. "Warum zitieren Sie diesen Mann?", wollte Lanz wissen. Der AfD-Politiker fragte zurück: "Mit welchen Methoden arbeiten Sie hier?" Lanz entgegnete: "Recherche."
Zuvor hatte Kotré bereit behauptet, dass die aktuellen Wetterphänomene kein Indiz auf ein größeres Problem seien: "Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage, die darlegen kann, dass wir eine Häufung von Extremwettern haben."
Markus Lanz unterbrach den Politiker energisch: "Das kann man ja so nicht stehen lassen! Stopp!" Auch Mojib Latif mischte sich mit ein und sagte: "Wir haben es jetzt mit einer globalen Erwärmung zu tun. Das, was wir jetzt in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, ist einzigartig!" Kotré konterte: "Das sagen Sie! Das Problem ist, dass viele sich gar nicht mehr trauen, sich dazu zu äußern." Dem setzte Latif zunehmend gereizt entgegen, das sei "dummes Zeug" und man habe "eine völlig freie Forschungslandschaft".
Unterschied von Meinungen und Fakten
Kotré aber ließ sich nicht bremsen und fuhr fort: "Wenn ich das Fernsehen anmache, habe ich immer das Gefühl, morgen fällt uns der Himmel auf den Kopf." Der Politiker mahnte: "Wir müssen das Gesamtbild betrachten." Und da gebe es "unterschiedliche Meinungen", was Lanz dazu veranlasste, auf den Unterschied von Meinungen und Fakten hinzuweisen.
Doch Kotré blieb bei seinem Standpunkt: "Die Diskussion ist verengt, wir haben ständig Hysterie." Auf Behauptungen Kotrés, man könne mit vorhandenen Daten noch nicht einmal das vergangene Klima erklären, reagierte Klimaforscher Mojib Latif fassungslos: "Das sind alles Fake-Behauptungen!" Auch Lanz stellte klar: "Jeder hat ein Recht auf eigene Meinung. Aber niemand hat ein Recht auf eigene Fakten."
"Spiegel"-Journalistin Melanie Amann ergänzte: "Das zeigt, dass wir auf einem ganz, ganz schlimmen Weg sind. Wir haben hier zwei Menschen sitzen: Der eine ist ein international anerkannter Fachmann in seinem Gebiet, der auch die Meinung hat, die 99,5 Prozent der Menschen, die sich fachlich auskennen mit dem Thema, vertreten. Und wir haben einen Populisten, der mit seiner Meinung dagegenhält."
Sie warnte mit Blick auf Steffen Kotré vor einem "Mischmasch, der Zweifel säen soll" und einem "konzertierten Versuch, Fachkompetenz zu delegitimieren". Der AfD-Mann hielt entschieden dagegen und sagte: "Die Diskussion zielt darauf ab, oppositionelle Meinungen rauszuhalten." Er folgerte daraus, die Bundesregierung wolle "Diskurs verhindern" und zwar "auf vielen, vielen Ebenen". Amann konterte daraufhin: "Was Herr Latif hat, ist keine Meinung, sondern was Herr Latif hat, ist Fachkompetenz."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz hatte am Donnerstagabend große Mühe, die Diskussionsrunde im Zaum zu halten. Steffen Kotré und Mojib Latif fielen sich immer wieder ins Wort, woraufhin Lanz nur sagen konnte: "Es nützt nichts, wenn wir uns alle unterbrechen!" Dem ZDF-Moderator gelang es dennoch, eine sachliche Debatte zum Thema Klimawandel zu führen und dabei vor allem dem AfD-Politiker auf den Zahn zu fühlen, der mit teils fragwürdigen Fakten versuchte, dem Klimaforscher Kontra zu geben.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Nicht nur die Energiewende, sondern auch der Klimawandel beschäftigt die Gesellschaft in Deutschland. Während bei "Markus Lanz" Klimaforscher Mojib Latif vor den katastrophalen Folgen der Erderwärmung warnte, äußerte AfD-Politiker Steffen Kotré am Donnerstagabend Zweifel an der von ihm so benannten "Hysterie". Die Debatte bei Lanz führte zu keinem klaren Konsens, woraufhin der ZDF-Moderator die Sendung mit den ernüchternden Worten beendete: "Ein bisschen ratlos." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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