Hochkarätig besetzte Runde bei Maybrit Illner am Donnerstagabend: Mit Kevin Kühnert, Mario Czaja und Katrin Göring-Eckardt diskutierten im Studio zwei Generalsekretäre und die Bundestagsvizepräsidentin über die Wärmewende. Im Fokus war dabei die Kommunikationspolitik der Regierung, die Rolle von Olaf Scholz und ein großer Knackpunkt: Wer zahlt was?
Das Heizungsgesetz steht noch immer auf wackeligen Beinen, eine schnelle Lösung ist noch nicht in Sicht: Die FDP will in den Details des Gesetzes noch einmal ordentlich nachbessern. Strittig sind vor allem Ausnahmeregelungen, Härtefälle und die Vereinbarungen zur Technologieoffenheit.
Das ist das Thema bei "Maybrit Illner"
Kommt das Heizungsgesetz noch und wenn ja, wann? Was hätte man in der Kommunikation besser machen können und wer muss am Ende die finanzielle Last schultern? Unter dem Titel "Druck auf dem Heizkessel – Ampel streitet, Land verzweifelt" diskutierte
Das sind die Gäste
Kevin Kühnert (SPD): "Ich ziehe mir jede Kritik an zu sagen, man hätte früher in eine bessere Kommunikation einsteigen können", sagte der Generalsekretär zum Thema Heizungsgesetz. Er fuhr fort: "Ich erlaube mir aber auch zu sagen: Vielleicht hätte es im letzten Jahr auch eine Sendung weniger zum Thema Panzer getan, wo man sich über die Frage der Wärmewende hätte unterhalten können. Das war kein Staatsgeheimnis. Sondern es stand immer in den Koalitionsverträgen und den Beschlüssen der Koalition." Er zeigte sich zuversichtlich, dass das umstrittene Heizungsgesetz vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. Er halte das mittlerweile für "absolut realistisch".- Mario Czaja (CDU): "Es ist eine große Verunsicherung im Land entstanden", befand der CDU-Generalsekretär. Sie führe nicht dazu, dass klimafreundlicher umgebaut werde, sondern, dass genau das Gegenteil passiere – es seien zuletzt viel mehr Gas- und Ölheizungen verkauft worden. "Wir müssen von einer Verbotspolitik wegkommen hin zu einem Fördern und Fordern", so Czaja.
- Katrin Göring-Eckardt (Grüne): "Der Fehler war, dass nicht von Anfang an überlegt worden ist: Das ist eine soziale Frage", so die Bundestagsvizepräsidentin. Die Menschen müssten mitmachen und dabei sein können. "Es soll niemand denken, da sitzt jemand in der Geheimstube und sagt: 'So machen wir’s' - und dann kommt es. Klimakrise ist teuer, wäre noch teurer, wenn wir es nicht machen würden", so die Grünen-Politikerin. Kleinere und mittlere Einkommen müssten entlastet werden.
- Siegfried Russwurm: Der BDI-Präsident sagte: "Dieses Gesetz zeigt zum ersten Mal, was die Energiewende tatsächlich und im Kern ist und dass es Geld kostet." Endverbraucher und Steuerzahler würden die Kosten tragen. Die Diskussion darüber, wer was bezahlen müsse, werde schwierig werden. "Wer sind denn die starken Schultern? Plötzlich waren die Villenbesitzer mit gasbeheiztem Pool der Prototyp dessen, der zahlen muss", so Russwurm. Damit mache man es sich zu leicht.
- Mark Schieritz: Der Journalist bei der "Zeit" sagte: "Wenn das Gesetz nicht kommt, geht die Ampel." Er glaubet jedoch, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause kommt, denn es sei regierungskritisch. "Ich habe nicht verstanden, worin die Alternativen der Union bestehen", sagte er. Er wisse nicht, wie man das Dilemma, die Menschen nicht zu belasten, lösen wolle. "Irgendwo muss das Geld, müssen die Ressourcen ja herkommen", sagte er.
- Mathias Sonne: "In Dänemark sind zwei Drittel der Haushalte ans Fernwärmenetz angeschlossen", berichtete der dänische Journalist. Das erleichtere den Übergang in der Wärmewende. Man habe aber auch mit "Zuckerbrot und Peitsche" und starken Subventionen gearbeitet. "Es ist nicht so, dass das streitfrei abgelaufen ist", gab er zu. Man schaue aus Dänemark verwundert auf die Diskussion in Deutschland und könne nicht verstehen, "dass man sich fast einen Regierungsstreit über die Wärmewende leistet", sagte Sonne.
Das ist der Moment des Abends
Illner zitierte Winfried Kretschmann, der in Bezug auf das Heizungsgesetz geäußert hatte: "Der Robert wollte mit dem Kopf durch die Wand. So komplexe Dinge wie Heizungen kann man nicht mit Verboten lösen." Sie wollte von der Grünen-Politikerin Göring-Eckardt wissen: "Hat er Recht?"
Sie entgegnete: "Nein." Es sei in der Tat nicht gelungen, ökologische Politik zu machen, die die Menschen mitnehme. "Ein Teil war, dass immer wieder Sachen in den Gesetzentwurf hineingedichtet wurden, die da gar nicht drinstanden", sagte sie. Man müsse einen Gang zurückschalten und miteinander reden. Sie warnte: "Es wird alles nur teurer für die Leute, wenn man es jetzt nicht macht!"
Das ist das Rede-Duell des Abends
Kühnert verteidigte die Strategie des Kanzlers: "Wenn das Gesetz jetzt kommt, und danach sieht es aus, dann ist sie die richtige gewesen." Man hätte sich zwar lauter in die Debatte einbringen können, aber
Da schaltete sich Journalist Schieritz ein und fand eine andere Erklärung, warum Scholz zögerlich in der Kommunikation des Gesetzes war: Teile der Koalition versuchten zu vermitteln: "Wir machen Klimawende, aber ihr werdet das nicht spüren." Es stelle sich aber nun heraus, dass es viel koste und Klimaschutz für sich genommen unsozial sei. Das müsse ehrlicher kommunizieren. Für die SPD sei dieser Zielkonflikt besonders schwierig.
So hat sich Maybrit Illner geschlagen
Maybrit Illner hatte einen ziemlich guten Abend. Ihr gelang eine anschauliche Moderation, die Bilder im Kopf des Zuschauers weckte. So fragte sie beispielsweise: "Ist das Gesetz wie ein altes Haus, wo man ständig überlegt, ob man es renoviert oder abreißt?". Gleichzeitig war sie nah am Bürger mit Fragen wie: "Warum verunsichert man die Bürger so, dass am Ende niemand mehr weiß, was er tun oder lassen soll?"
Das ist das Ergebnis bei "Illner"
Schon eingangs sagte Illner einen Satz, der ein gutes Resümee abgab: "Der Streit um das Heizen zwischen Grünen und FDP erinnert an einen Glaubenskrieg. Und die sind bekanntlich schlecht zu gewinnen." So schienen sich die einzelnen Parteien am Ende der Sendung auch kaum angenähert zu haben.
Ein zentrales Ergebnis: Ein Blick ins Ausland lohnt sich nicht nur, um Ideen für Lösungen zu finden (Stichwort Fernwärmenetz in Dänemark), sondern auch, um die eigene Debatte zu reflektieren: In Dänemark ist man schließlich sehr verwundert über die hiesige Diskussion.
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