Die Polarisierung der Gesellschaft war Form und Inhalt zugleich bei "Markus Lanz". Die Runde schoss sich ein auf den Sprecher der "Letzten Generation".
Mit ihren Potestaktionen ist die "Letzte Generation" seit Monaten in aller Munde. Doch bringt die große Aufmerksamkeit auch die Klimadebatte im Land voran? Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
"Was ist eigentlich los mit diesem Land?", wollte Markus Lanz von seinen Gästen am Donnerstagabend wissen. Die Debatten würden zunehmend polarisiert. Wie zum Beleg wurde auch im letzten ZDF-Talk vor der Sommerpause intensiv gestritten. Der ZDF-Moderator nahm gemeinsam mit Michel Friedman und weiteren Gästen den Sprecher der "Letzten Generation" in die Mangel und kritisierte den hochumstrittenen Aktivismus der Klimabewegung.
Das sind die Gäste - und ihre Standpunkte
Alena Buyx , Ethikratsvorsitzende: "Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis von Wahrheit und davon, was Fakten sind."- Theodor Schnarr, Klimaaktivist: "Ich halte unsere Proteste für grundlegend legitim."
- Michel Friedman, Publizist: "Wenn der Alltag der Menschen nicht funktioniert, dann verlieren sie den Glauben an die Institution."
- Manfred Lütz, Theologe: "Natürlich besteht die Gefahr, dass dieser Idealismus irgendwann terroristisch wird."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung erklärte Markus Lanz, dass in der Gesellschaft auf der einen Seite Wut und auf der anderen Seite Ratlosigkeit herrsche. Die Wut richte sich unter anderem auch gegen die "Letzte Generation". Theologe Manfred Lütz sagte dazu mit besorgter Miene, dass er eine immer größer werdende Spaltung im Land sehe, in der immer "extremere Positionen" vertreten werden. Laut Lütz sei die Klimakrise jedoch nur eines von vielen "riesigen Problemen" in Deutschland.
"Wir müssen sehen, dass wir zwischen diesen verschiedenen Inseln, die es da gibt, irgendeine Form von Kommunikation herstellen", mahnte der Theologe. Alena Buyx stimmte zwar zu, dass es "diese Polarisierungseffekte" gebe, ergänzte jedoch, dass sich viele Bürger grundsätzlich einer "breiten Mitte" zugehörig fühlen würden. "Ich mache mir tatsächlich Sorgen, dass wir durch diesen doch sehr überhitzten Diskurs zum Teil da Menschen stärker verlieren, die sich dann eben in die Extreme aufmachen", sagte die Ethikratsvorsitzende.
Mit Blick auf die Klimakrise und die geplante Energiewende stellte Michel Friedman derweil fest, dass sich die Gesellschaft "in so eine Wohlstandsdekadenz zurückgezogen" habe. Der langjährigen Talkmaster, Publizist und CDU-Politiker beobachtet eine Sorge vor dem Wandel, und die Bürger würden nicht durch "wirkliche Verzichte" belästigt werden wollen. Die Politik sei der Bequemlichkeit zu lange gefolgt, doch jetzt seien die "strukturellen Defizite" aufgrund der "Krisen, die wir in der Gegenwart erleben", erstmals sichtbar geworden.
Gleichzeitig warnte Michel Friedman: "Die meisten Menschen sind nicht so nervös des Klimawandels wegen. Die meisten Menschen erkennen, es ist ein ganz großes Problem, aber es ist weit weg - glauben sie jedenfalls." Es gehe laut Friedman vor allem um den Alltag der Bürger und die alltäglichen Sorgen über Themen wie die Inflation. Der Publizist ergänzte: "Wenn der Alltag der Menschen nicht funktioniert, dann verlieren sie den Glauben an die Institution."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Daraufhin mischte sich Klimaaktivist Theodor Schnarr, der seit Anfang 2022 Teil der "Letzten Generation" ist, in die Diskussion mit ein. Er stellte mit Blick auf Michel Friedman klar, dass "die Klimathematik" die Grundlage für jede weitere Krise im Land sei. "Wir sind in der Situation, dass es immer heißer wird. (...) Das betrifft die Menschen im Alltag", bekräftigte Schnarr. Laut dem Klimaaktivisten werde zur Mitte des Jahrhunderts "ein Drittel der Menschheit direkt davon betroffen" sein und "fliehen müssen oder kriegerisch sich ein neues Gelände suchen müssen, wo sie existieren können."
Michel Friedman konterte skeptisch: "Ich habe ganz große Bauchschmerzen, wenn Menschen das absolute Wissen für sich reklamieren." Manfred Lütz stimmte zu, dass Wissenschaft "nie absolut" sei. Theodor Schnarr fragte daraufhin fassungslos: "Fangen wir an, jetzt die Klimaforschung zu leugnen?" Markus Lanz wiegelte ab und wollte wissen, wie sogenannte "Klimakleber" in einen ernsthaften Dialog treten wollen, während sie Menschen auf dem Weg zur Arbeit behindern.
Theodor Schnarr antwortete bildhaft: "Diese Proteste sind der Feueralarm, der uns mitten in der Nacht weckt." Der Aktivist ergänzte: "Ich habe mich entschieden, in einen Protest zu gehen, (...) der uns als Gesellschaft aufrüttelt." Lanz bemängelte jedoch: "Das ist kein Dialog!" Der ZDF-Moderator fügte hinzu, dass die "Fridays for Future"-Bewegung bereits vor Jahren den Dialog auf friedliche Weise ausgelöst habe, "ohne, dass sie sich morgens auf der Straße festkleben und Leuten auf den Wecker gehen".
Michel Friedman griff daraufhin den Aktivistensprecher frontal an: "Sie nehmen sich heraus, Menschen zu nötigen, Freiheitsberaubungen zu machen, teilweise Körperverletzung." Der Publizist sehe es grundsätzlich als den "falschen Weg" an, "Gewalt als Mittel der Politik anzuwenden". Als Schnarr behauptete, dass die Protestart der "Letzten Generation" der "effektivste Weg" sei, den er gerade kenne, konterte Michel Friedman: "Wenn Sie behaupten, dass Sie gewaltfrei sind, dann leben Sie in einer anderen Welt. In dem Moment, wo Sie sich ankleben und andere Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken, haben Sie jedenfalls Straftatbestände erfüllt."
Der Klimaaktivist verteidigte sich unverdrossen: "Es ist doch völlig absurd, dass ich überhaupt in solchen Protesten sein muss. Warum muss ich dafür protestieren, dass meine Grundrechte erhalten werden?" Während Schnarr der Bundesregierung vorwarf, ihrer "Verfassungspflicht" nicht nachzukommen, kritisierte Manfred Lütz, dass Schnarr so auftrete, als ob nur seine Position "wissenschaftlich (...) und auch moralisch okay" sei. Der Theologe ergänzte verärgert: "So eine Form der Kommunikation führt dazu, dass sich andere Leute abgewertet fühlen als dumm und böse." Er glaube, "dass Sie so nicht weiterkommen und dass Sie so der Klimadiskussion richtig schaden".
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz gelang nicht nur eine informative, sondern auch lebhafte Debatte zur Polarisierung der Gesellschaft und dem Umgang mit der "Letzten Generation". Der Moderator scheute sich nicht davor, mehrmals bei Theodor Schnarr nachzuhaken, als er den Fragen mitunter ausweichend und schwammig begegnete.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Die Protestaktionen der "Letzten Generation" polarisieren nicht nur im Land, sondern auch in der Sendung "Markus Lanz". Obwohl Klimaaktivist Theodor Schnarr versuchte, die Anwürfe der anderen Talk-Gäste zu parieren, schaffte er es nicht, mit konkreten Argumenten auf Kritikpunkte von Michel Friedman oder Markus Lanz einzugehen. Ausgerechnet der Theologe Manfred Lütz stellte daher fest, dass Schnarr nur predige, anstatt Antworten zu liefern. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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