In den vergangenen Wochen sahen Wahlumfragen für die SPD immer dramatisch schlecht aus. Bundesweit liegt die Partei in Umfragen nur noch bei etwa 15 Prozent, in den Bundesländern Sachsen und Thüringen, in denen 2024 der Landtag gewählt wird, würden sich derzeit sogar nur sechs bis sieben Prozent der Wähler für die Sozialdemokraten entscheiden.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bei "Markus Lanz" behauptete Kevin Kühnert jedoch, dass dies nichts mit Bundeskanzler Olaf Scholz zu tun habe. Mit seiner Argumentation stieß er nicht nur beim Moderator auf Widerspruch, sondern auch bei einer Unternehmerin, die der Regierung vorwarf, nicht in ausreichendem Maße zu handeln.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die Umfragewerte für die Ampelparteien sind seit Monaten miserabel: Besonders Bundeskanzler Olaf Scholz steht häufig in der Kritik, ihm werden fehlende Kommunikation und Führungsstärke vorgeworfen. Erst vor wenigen Tagen gab der Kanzler selbst in Brüssel zu: "Ich muss jetzt zunächst mal zur Kenntnis nehmen, dass es keinen Konsens in der Regierung gibt." Ein Armutszeugnis, dem Markus Lanz am Mittwochabend in seiner Sendung näher auf den Grund gehen wollte.

Das sind die Gäste

  • Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär: "Wir haben ein Gerechtigkeitsproblem im Bereich der untersten Löhne."
  • Daniel Sturm, Journalist: "Angela Merkel hat 16 Jahre lang regiert, aber sie stand tatsächlich nicht einen Tag so alleine da wie Olaf Scholz heute."
  • Veronika Grimm, Ökonomin: "Die andauernden faulen Kompromisse machen die Menschen nur noch unzufriedener."
  • Martina Nighswonger, Unternehmerin: "Von der Politik würde ich mir einen Masterplan für dieses Land wünschen."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Der ZDF-Moderator stichelte bereits zu Beginn gegen Kevin Kühnert und wollte wissen, ob Olaf Scholz gerade das Image der SPD belaste oder umgekehrt. Der SPD-Generalsekretär antwortete mit ernster Miene: "Weder noch. Der Kanzler und seine Partei ziehen ja an einem Strang. Das heißt, wir tragen die Probleme, die wir haben, gemeinsam. Und wenn wir Erfolge feiern, dann feiern wir sie auch gemeinsam." Gleichzeitig stellte Kühnert klar: "Ich werde jetzt nicht anfangen, Umfragewerte oder Ähnliches bei Olaf Scholz persönlich abzuladen!"

Lanz ließ dennoch nicht locker und fragte weiter: "Wer steht besser da – die SPD oder der Kanzler?" Kevin Kühnert ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und sagte: "Die SPD steht gut da, wenn der Kanzler gut dasteht – und andersrum." Der ZDF-Moderator konterte prompt: "Sieht also für beide nicht gut aus gerade ..." Kühnert schoss genervt zurück und merkte an: "Die Werte kennen Sie genauso, wie ich die kenne." Er freue sich jedoch, dass die Umfragewerte "jetzt in den letzten Wochen ein bisschen nach oben gegangen" seien. Markus Lanz hakte dennoch nach, wie sich Kühnert die schlechten Zahlen für die SPD erkläre. Der Politiker antwortete ehrlich: "Es hat nicht nur, aber ganz viel mit der Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheidungen zu tun. Ich glaube, dass viele Menschen durchaus verstehen, dass die Zeiten nicht einfach sind und dass wir eine Koalition haben, in der es auch Widersprüche gibt."

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Lanz nickte zwar, fügte jedoch hinzu: "Ist es auch die Art und Weise, wie man redet, wie man Politik verkauft?" Der ZDF-Moderator kritisierte in dem Zusammenhang die Aussage Kühnerts, "der Kanzler und die SPD" würden "an einem Strang" ziehen. "Das glauben Sie ja selber nicht! Sie wissen ja auch, dass das gar nicht stimmt. Warum sagen Sie's dann?", so Lanz wütend. Kevin Kühnert reagierte verblüfft: "Warum soll das nicht der Fall sein? Sagen Sie mir das!"

Markus Lanz sprach daraufhin unter anderem die politische Kommunikations-Misere und widersprüchliche Aussagen der Regierung während der Bauernproteste an. Dagegen wehrte sich Kühnert mit den entschiedenen Worten: "Dass wir solidarisch zueinander sind, kann man auch dann sagen, wenn man in einer Sachfrage eine unterschiedliche Auffassung hat." Lanz ließ sich davon jedoch nicht überzeugen und sprach die Debatten um den Industriestrompreis an. "Ihr Kanzler möchte den nicht", so Lanz.

Kühnert antwortete erneut überrascht: "Wie kommen Sie da drauf? (...) Haben Sie dazu von ihm eine Aussage, die Sie mir mitteilen möchten, die ich noch nicht kenne?" Markus Lanz sagte dazu streng: "Ich habe zumindest nicht die Aussage, dass er ihn möchte!" Als der ZDF-Moderator weiter behauptete, viele SPD-Mitglieder hätten interne Kämpfe mit Olaf Scholz ausfechten müssen, platzte es aus Kühnert heraus: "Herr Lanz, wirklich! Jetzt machen wir ein bisschen Ringelpiez mit Anfassen gerade rhetorisch!"

Markus Lanz, Kevin Kühnert, Martina Nighswonger, Veronika Grimm. Daniel Sturm
Markus Lanz (l.) diskutierte am Mittwochabend mit SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert (2.v.l.), Unternehmerin Martina Nighswonger (Mi.), Ökonomin Veronika Grimm (2.v.r.) und Journalist Daniel Sturm. © ZDF / Markus Hertrich

Das ist das Rede-Duell des Abends

Kevin Kühnert wetterte in dem Zusammenhang weiter, dass Entscheidungen in der Regierung und im Parlament nur getroffen werden könnten, wenn es eine Mehrheit mit den Grünen und der FDP gebe. Die Frage, ob Olaf Scholz für oder gegen den Industriestrompreis sei, könne man zwar laut Kühnert stellen, "aber so ist unser politisches System nicht aufgebaut. Wir haben keine Präsidialdemokratie. Er ist nicht Emmanuel Macron!"

Lanz machte daraufhin deutlich: "Es geht doch um die Art und Weise, wie man miteinander kommuniziert. Es geht doch um die große Verunsicherung, die tatsächlich diese Regierung (...) in diesem Land produziert." Auch Journalist Daniel Sturm merkte an: "Dass der Kanzler ein Kommunikationsproblem hat, das wird Herr Kühnert wahrscheinlich auch zugeben. Er kommuniziert einfach sehr schlecht, wenn er überhaupt kommuniziert."

Dem stimmte Lanz zu und wollte von Kühnert wissen, wer im Team des Kanzlers für Slogans wie "Doppelwumms" oder "You never walk alone" zuständig sei. "Ich fühle mich als Bürger nicht ernst genommen, wenn jemand mit so einer Comic-Sprache mit mir redet", so Lanz energisch. Ein Vorwurf, der Kevin Kühnert in Verlegenheit brachte: "Ach, Herr Lanz! Wirklich!" Der SPD-Generalsekretär ergänzte genervt: "Ich glaube, am Anfang der Corona-Pandemie ist das geringste Problem in Deutschland gewesen der Begriff 'Wumms'."

Der Moderator bemängelte dennoch, dass politische Slogans wie "You never walk alone" mit Inhalt gefüllt werden müssten. Dem stimmte auch Unternehmerin Martina Nighswonger zu. Sie sehe zwar, dass es die Regierung schwer habe, aber "wir haben in Deutschland auch sehr intelligente Menschen, die verstehen die Botschaften". Sie wünsche sich von der Regierung eine Botschaft wie: "Leute, jetzt müssen wir die Ärmel hochkrempeln, jetzt machen wir mal einen Masterplan!" Die Politik müsse laut der Unternehmerin auch deutlich machen, dass es "Einschnitte" geben werde, denn: "Nur versprechen, alles bleibt gut – Herr Kühnert, nehmen Sie es mir nicht übel – aber das funktioniert nicht."

Martina Nighswonger
Unternehmerin Martina Nighswonger wünscht sich eine Regierung, die anpackt und eine Botschaft vermittelt: "Leute, jetzt müssen wir die Ärmel hochkrempeln, jetzt machen wir mal einen Masterplan!" © ZDF / Markus Hertrich

Kühnert antwortete prompt: "Aber niemand hat das versprochen! (...) Wenn der Eindruck entsteht, dann nehme ich das ernst." Lanz konterte fassungslos: "Natürlich entsteht der Eindruck, was denn sonst!" Gegen den erneuten Vorwurf des ZDF-Moderators wehrte sich der Politiker mit den Worten: "'Du wirst nicht alleine gehen' (...) heißt natürlich nicht, dass wir in einer Puppenstube leben und sich nichts ändert. Es ist das klassische, sozialdemokratische Versprechen und das meinen wir auch ganz ernst, dass die Krisen dieser Zeit nicht einfach wie eine Naturgewalt über die Gesellschaft hinwegziehen und die politisch Verantwortlichen sagen: 'Geht uns doch nichts an, haben wir ja nicht herbeigeführt!'" Von der Argumentation ließ sich Nighswonger jedoch nicht ganz überzeugen. Sie bemängelte abschließend: "Was mir fehlt, ist das Machen! (...) Man braucht Führung und die vermisse ich ein Stück weit."

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So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz knöpfte sich in seiner Sendung am Mittwochabend vor allem Kevin Kühnert vor und forderte ihn heraus, die fehlende Kommunikation von Olaf Scholz zu erklären. Statt Unsicherheiten aufzuklären, sagte der SPD-Mann jedoch lediglich, dass Scholz "einen anderen Stil" habe, "kein Heißsporn" sei und daher auch keinen "Rumpelstilzchen-Auftritt" hinlege.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" stand vor allem die Kanzler-Kritik im Mittelpunkt der Debatte. Zwar sagte Journalist Daniel Sturm, dass er "diese vielen Krisen und Kriege" nicht Olaf Scholz "in die Schuhe schieben" wolle, dennoch führe der Kanzler momentan eine "Chaos-Regierung" an, "ohne zu führen". Markus Lanz wollte deshalb immer wieder von Kevin Kühnert wissen: "Was denkt der Kanzler? Was ist die Position des Kanzlers?"

Der SPD-Generalsekretär wollte sich darauf jedoch bis zum Schluss nicht einlassen und sagte stattdessen: "Ich habe schon verstanden, worauf Sie in dieser Sendung heute hinauswollen." Lanz konterte: "Ja, Führung!" Daraufhin sagte Kühnert zum Ende hin sichtlich emotional: "Herr Lanz – jetzt hätte ich schon fast Herr Merz gesagt (...)! Wie oft muss ich jetzt noch auf die Mehrheitsverhältnisse hinweisen? Olaf Scholz verfügt über keine anderen Zauberkräfte als der SPD-Generalsekretär."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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