Drei Jahre lang war die Bundesregierung für jede Menge Streitereien und Sticheleien bekannt. Auch bei "Markus Lanz" ging es hitzig zur Sache, als vier Jungpolitiker über Themen wie das Bürgergeld debattierten. Dabei geriet vor allem SPD-Politikerin Anna Kassautzki in Erklärungsnot.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Scheitern der Ampel hat in Deutschland gemischte Gefühle ausgelöst. Bei "Markus Lanz" versuchte SPD-Politikerin Anna Kassautzki zunächst, ein positives Resümee zu ziehen. Dabei geriet sie jedoch mit dem ZDF-Moderator aneinander, der die Jungpolitikerin unter anderem bei Fragen zum Bürgergeld und zur Migration aus der Reserve lockte.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Seit dem Ende der Ampelkoalition ist in Deutschland der Wahlkampf in vollem Gange. Einige Wochen vor den vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar 2025 blickte Markus Lanz auf das Vermächtnis der Ampel. Unter anderem diskutierte der ZDF-Moderator mit seinen Gästen über gesellschaftlich aufgeladene Themen wie das Bürgergeld und die Migration. In diesem Zusammenhang kam Lanz auch auf ein Ungerechtigkeitsgefühl zu sprechen, das mittlerweile viele Bürger beschäftigt.

Das sind die Gäste

  • Anna Kassautzki, SPD-Politikerin: "Was wir jetzt in den Zeiten bräuchten, wären mehr Investitionen auch in unsere Wirtschaft."
  • Jens Teutrine, FDP-Politiker: "Wir wollten den Stillstand, den es auch gab, aufräumen."
  • Merle Spellerberg, Grünen-Politikerin: "Ich glaube, dass wir gerade in gesellschaftspolitischen Fragen in der Ampel tatsächlich einiges erreicht haben."
  • Maximilian Mörseburg, CDU-Politiker: "Wir wollen, dass Leistung sich wieder lohnt."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung fragte Markus Lanz stichelnd: "Wie froh sind Sie, dass es endlich Neuwahlen gibt?". SPD-Politikerin Anna Kassautzki sagte zunächst, dass es gut sei, dass Olaf Scholz jetzt die Vertrauensfrage stelle und "wir schnell irgendwie auch eine Klarheit haben: Wie geht's weiter?" Laut der Jungpolitikerin seien die aktuellen Zeiten nämlich "die denkbar schlechtesten, um (...) orientierungslos in der Gegend rumzutreiben".

Gleichzeitig ergänzte sie mit ernstem Blick, dass sie im Bezug auf das Ampel-Aus gemischte Gefühle habe, denn: "Wir haben in den letzten drei Jahren tatsächlich wahnsinnig viel geschafft auch in der Ampel. Das ist in der Öffentlichkeit nicht immer angekommen, weil alles von dem Streit überlagert wurde." Eine Aussage, die Markus Lanz sichtlich irritierte: "Sie finden wirklich ernsthaft, dass die Ampel in diesen drei Jahren richtig viel erreicht hat?" Anna Kassautzki nickte: "Ja, tatsächlich!"

Als Beispiel nannte die SPD-Politikerin unter anderem "zwölf Euro Mindestlohn" und "Wohngeld": "Das ist etwas, da muss man sich nicht für verstecken." Lanz sah dies offenbar anders und merkte an, dass dies "komplett dem Lebensgefühl von ungefähr 80 Millionen da draußen" widersprechen würde. Kassautzki lenkte plötzlich ein und gab zu, dass auch sie "nicht immer" mit der Performance der Bundesregierung zufrieden gewesen sei. Die Unzufriedenheit der Bürger könne sie daher "vollkommen nachvollziehen".

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Trotzdem erinnerte sie an die "vielen Krisen, die in den letzten drei Jahren" die Politik der Ampel beeinflusst hätten. Ein Argument, das Lanz erneut abschmetterte: "Das ist jetzt wieder die typische Floskel! Die Krisen hatten die anderen ja auch - alle. (...) Aber die haben alle Wachstum und wir nicht!" Die SPD-Politikerin konterte streng: "Was die alle haben, ist eine andere Schuldenregel, als wir es in Deutschland haben. Was wir jetzt in den Zeiten bräuchten, wären mehr Investitionen auch in unsere Wirtschaft, um das Ganze wieder anzukurbeln."

Der ZDF-Moderator hakte fassungslos nach: "Sie sagen sozusagen: Wenn die Schuldenbremse fällt, dann kommt das Paradies?" Anna Kassautzki wiegelte ab: "Nein, das sage ich nicht!" Für das Paradies müsse man laut der Politikerin natürlich "etwas tun". Nicht nur die SPD-Politikerin, sondern auch Merle Spellerberg - Jungpolitikerin der Grünen - verteidigte die Arbeit der Ampel und sagte: "Ich glaube, dass wir gerade in gesellschaftspolitischen Fragen in der Ampel tatsächlich einiges erreicht haben."

Eine Meinung, die FDP-Politiker Jens Teutrine nicht teilen konnte. Er plädierte dafür, auch selbstkritisch zu sein: "Ich bin ehrlicherweise in der Regierungsbilanz etwas vorsichtiger mit Schönreden und würde mir (...) von allen Beteiligten auch mehr Realismus wünschen."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Realismus forderte CDU-Politiker Maximilian Mörseburg, als er "die Bilanz der Regierung" als "nicht gut" bezeichnete und warnte: "Die Ängste der Leute sind riesengroß." In Bezug auf den aktuellen Wahlkampf versprach er: "Wir wollen, dass Leistung sich wieder lohnt." Eine Steilvorlage für Lanz, der das Thema Bürgergeld ansprach. Dazu sagte SPD-Politikerin Anna Kassautzki zunächst selbstbewusst: "Es ist wichtig, dass Menschen, die arbeiten, immer mehr bekommen. Dafür haben wir auch mit gesorgt."

Leistung und Arbeit müsse sich "immer" lohnen. Deshalb plädierte Kassautzki dafür, den Mindestlohn auf 15 Euro hochzusetzen. Lanz hakte nach: "Und wenn der kleine Lebensmittelhändler sagt, 'Das kann ich nicht bezahlen', dann würden Sie sagen: 'Dann musst du eben die Preise nach oben schrauben?'." Die Jungpolitikerin konterte schwammig: "Wenn die Menschen mehr verdienen, dann haben sie (...) auch mehr Geld, das sie ausgeben können." Kassautzki weiter: "Wir müssen gucken, wo können wir Anreize schaffen, wo können wir auch die Wirtschaft entlasten an anderer Stelle."

Lanz ließ sich davon nicht beeindrucken und fragte: "Wo entlasten Sie die dann?" Die SPD-Politikerin wurde sichtlich nervös und sagte: "Wenn Unternehmen sagen, wir investieren hier in Deutschland, (...) wären wir auch als SPD bereit, da über steuerliche Anreize (...) zu sprechen." Der ZDF-Moderator konterte: "Das ist jetzt ganz wolkig, schwammig. Was heißt das?" Anna Kassautzki wurde noch nervöser und stammelte: "Da gibt es unterschiedliche Konzepte, die man fahren kann. Das wird man sehen."

Lanz gab sich damit nicht zufrieden und bohrte weiter: "Ist irgendwas davon durchgerechnet?" Nach einer längeren Bedenkzeit konnte die SPD-Politikerin keine konkrete Antwort liefern, sagte jedoch energisch, dass die Schuldenbremse im Allgemeinen "nicht die Antwort" sein könne. FDP-Politiker Jens Teutrine reagierte empört: "Die Wirtschaft finanziert den Staat, nicht der Staat die Wirtschaft!"

Grund genug für Lanz, erneut zu fragen: "War das Bürgergeld ein Fehler?" Merle Spellerberg antwortete deutlich: "Das war keinesfalls ein Fehler." Beim Bürgergeld gehe es laut der Grünen-Politikerin um "ein Existenzminimum" und "dass kein Mensch in Armut verfällt". Spellerberg ergänzte lautstark: "Wenn dann immer wieder angedeutet wird, dass Arbeit sich nicht lohnen würde, muss man auch mal sagen: Das stimmt so nicht! Arbeit lohnt sich! (...) Denn wer arbeitet, bekommt mehr Geld als beim Bürgergeld."

Lanz fragte skeptisch: "Glauben Sie wirklich, was Sie sagen, wenn Sie sagen, da gibt es kein Gefühl von Ungerechtigkeit bei den Leuten?" Die Grünen-Politikerin nickte und warnte davor, Menschen gegeneinander auszuspielen. Eine Aussage, die Jens Teutrine verärgerte. Laut des FDP-Mannes gebe es im Sozialstaat durchaus Leute, "die die Solidarität ausnutzen. Und das macht etwas mit Menschen, weil das ein Ungerechtigkeitsempfinden ist." Teutrine fügte wütend hinzu: "Deswegen gibt es Verdruss gegen alle politischen Parteien der Mitte."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz lockte in der Debatte nicht nur mehrmals SPD-Politikerin Anna Kassautzki aus der Reserve, sondern er wollte auch von Maximilian Mörseburg wissen, mit wem die Union eine Koalition eingehen würde. Der CDU-Mann antwortete trocken: "Aus der jetzigen Perspektive ist es schwer vorstellbar mit den Grünen." Am ehesten passe es laut Mörseburg mit der FDP, "mit der wir aber keine Mehrheit haben werden".

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Auch beim Thema Migration waren sich die anwesenden Jungpolitiker alles andere als einig. "Ein weiterer Trigger-Punkt", stichelte Lanz, als er von Anna Kassautzki wissen wollte, wie sie Scholz' Versprechen, "Abschiebungen im großen Stil" durchzuführen, empfunden habe. Die SPD-Politikerin gab ehrlich zu: "Ich fand diese Ankündigung in Teilen tatsächlich schwierig, aber auch nachvollziehbar."

Merle Spellerberg machte derweil deutlich, dass sie nichts von Abschiebungen halte und auch straffälligen Migranten in Deutschland Asyl gewähren würde. Eine Aussage, die Jens Teutrine entsetzte: "Terroristische, islamistische Gefährder sollen das Asylrecht ausnutzen dürfen und nicht abgeschoben werden?"

Die Grünen-Politikerin nickte und sagte, es sei "sicherer, wenn er in einem deutschen Gefängnis ist, als wenn er woanders frei herumläuft". Eine Meinung, die Maximilian Mörseburg nicht teilen konnte: "Diese Form der Migration, die wir jetzt haben, die schadet den Sozialsystemen - auch der Rente." Der CDU-Mann forderte daher: "Wir müssen an den Grenzen zurückweisen!"  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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