Dem Chef der "Freien Wähler" wird vorgeworfen, vor 35 Jahren antisemitische Hetze verbreitet zu haben: Auch wenn Hubert Aiwanger die Verbreitung eines menschenfeindlichen Flugblatts mehrmals dementiert hatte, diskutierten Gäste wie Jürgen Trittin bei "Markus Lanz" über dessen Glaubwürdigkeit.
Vor knapp 35 Jahren wurde laut Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" aus
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Die "Süddeutsche Zeitung" sorgte für einen Eklat, als sie am Samstag auf ihrer "Seite Drei" über ein antisemitisches Flugblatt berichtete, das vor gut 35 Jahren am Burkhardt-Gymnasium in Niederbayern gefunden wurde.
Daraufhin geriet Hubert Aiwanger in die Kritik, weil das Pamphlet laut SZ "sehr wahrscheinlich" auf derselben Schreibmaschine getippt wurde wie eine spätere Facharbeit des "Freie Wähler"-Politikers. Bei "Markus Lanz" äußerten sich Gäste wie Jürgen Trittin zum politischen Skandal, der längst nicht nur Bayern aufrüttelt, sondern auch das politische Berlin erreicht hat.
Das sind die Gäste
- Jürgen Trittin, Grünen-Politiker: "Ich glaube, dass die Stimmung in der CSU zurzeit sehr schlecht ist."
- Helene Bubrowski, Journalistin: "So ein Pamphlet kann nicht so oder so interpretiert werden."
- Elmar Theveßen, ZDF-Amerika-Experte: "Trump wird diese Wahl nicht gewinnen."
- Roman Deininger, Journalist: "Die Freien Wähler sind jetzt in der Verantwortung."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Die Affäre um Hubert Aiwanger beschäftigte am Mittwochabend auch Markus Lanz. Er wollte von seinem Gast, dem SZ-Chefreporter Roman Deininger, wissen: "Wann gab es erste Hinweise über dieses Auschwitz-Pamphlet?" Der Journalist erklärte zunächst, dass es "schon sehr lange" Gerüchte darüber gegeben hat. Deininger sagte: "Jetzt gab es eben zu dem Hinweis tatsächlich mal das Flugblatt dinglich dazu." Das einseitige Blatt mit der Überschrift "Wer ist der größte Vaterlandsverräter?" wurde vor rund 35 Jahren am Burkhardt-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg in Niederbayern gefunden.
Laut Roman Deininger sei es wahrscheinlich, dass Hubert Aiwanger "der Autor des Pamphlets war" - es sei jedoch "nicht auszuschließen", dass der Bruder des "Freie Wähler"-Politikers das Flugblatt auf der familieneigenen Schreibmaschine getippt haben könnte. Aiwanger selbst betonte bereits mehrmals, den Text nicht verfasst zu haben. Zudem beteuerte der Politiker öffentlich: "Ich bin weder Antisemit, noch Extremist, sondern ich bin ein Demokrat. Ich bin ein Menschenfreund, kein Menschenfeind."
Gleichzeitig merkte er jedoch an, seit dem Erwachsenenalter kein Antisemit mehr zu sein. "Das ist ein politisch tödlicher Satz", stellte Markus Lanz fest. Auch Journalistin Helene Bubrowski gab zu: "Er macht es mit jedem Tag schlimmer." Sie hätte von Aiwanger erwartet, dass er sich "klar distanziert" und eine Erklärung liefere, "die nicht derart fragmentarisch und unglaubwürdig ist".
Natürlich spiele es eine Rolle, dass 35 Jahre vergangen seien, doch Bubrowski erklärte: "So ein Pamphlet kann nicht so oder so interpretiert werden." Roman Deininger stimmte zu: "Der Jargon, der da verwendet wird, ist so schwerwiegend, dass man auch 35 Jahre später nicht drüber hinweggehen kann." Der Journalist fügte hinzu: "Ich habe den Eindruck, Hubert Aiwanger ist momentan nicht der Vorgang damals unangenehm, sondern die Probleme, die heute daraus erwachsen."
Markus Lanz erkundigte sich daher auch nach dem derzeitigen politischen Klima in Bayern. Dazu sagte Grünen-Politiker Jürgen Trittin: "Ich glaube, dass die Stimmung in der CSU zurzeit sehr schlecht ist." Trittin weiter: "Die CSU steht vor einer Frage: Lässt sie ihn fallen auf die Gefahr hin, dass das Solidarisierungseffekte in den Milieus auslöst (...), oder sie hält an ihm fest?" Roman Deininger sagte daraufhin selbstbewusst: "Die Freien Wähler sind jetzt in der Verantwortung."
Lanz wollte abschließend von seinen Gästen wissen, ob man den Inhalt des Flugblatts auch als "Jugendsünde" abtun könne. Dies verneinten alle Gäste - allen voran Helene Bubrowski, die klarstellte: "Er zeigt halt keinerlei Reue."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Nicht nur Hubert Aiwanger, sondern auch die Grünen rückten bei "Markus Lanz" in den Fokus. Der ZDF-Moderator wollte wissen: "Wer hat bei den Grünen wirklich das Sagen?" Besonders die kürzlichen Querelen innerhalb der Partei sowie der mutmaßliche, unterschwellige Konkurrenzkampf zwischen Annalena Baerbock und Robert Habeck trieben Lanz um.
Jürgen Trittin sagte zunächst locker: "Selbstverständlich gibt es innerhalb der Grünen verschiedene Strömungen." Helene Bubrowksi wurde daraufhin deutlicher und sprach über das angeschlagene Vertrauensverhältnis sowie das Ansehen der Ampel, das aktuell "am Boden" sei.
Gleichzeitig merkte Bubrowski an: "Spätestens mit dem Parteivorsitz von Baerbock und Habeck haben die ja die Partei aufs Regieren vorbereitet." Diese Aussage wollte Grünen-Politiker Trittin nicht unkommentiert lassen und konterte: "Das ist schon ein bisschen länger her!" Trittin weiter: "Da muss ich Ihnen jetzt mal einfach widersprechen. (...) Wir haben - ich persönlich - 1990 regiert." Er halte sich daher für einen "echten Realpolitiker". Das Bild, die Grünen hätten sich "irgendwie Mitte der 2020er Jahre entschieden, zu regieren, das ist einfach Absurdistan", sagte Trittin angefasst.
Helene Bubrowski reagierte prompt: "Fakt ist, dass es in Teilen der Partei immer noch Menschen gab - auch 1990 - die gefremdelt haben mit der Idee, zu regieren." Laut der Journalistin merke man bis heute, "dass die Grünen von den Strukturen immer noch so aufgestellt" sind "wie eine Partei, die eigentlich nicht richtig vorbereitet ist". Bubrowski weiter: "Das ist einfach wahnsinnig kompliziert. Da wird selten mit einer Stimme gesprochen." Als Trittin zum Gegenangriff ausholen wollte, wurde er jedoch von Lanz gestoppt, der sagte: "In einer therapeutischen Sitzung arbeiten wir das alles mal auf."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz führte klar und strukturiert durch die Sendung, die den Schwerpunkt vor allem auf die Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger setzte. Mit gezielten Fragen schaffte es der Moderator, nicht nur Jürgen Trittin, sondern vor allem auch SZ-Chefreporter Roman Deininger einige interessante Thesen zu entlocken.
Das ist das Fazit
Der Flugblatt-Skandal um Hubert Aiwanger sorgt für jede Menge Fragen. Bei "Markus Lanz" diskutierten Gäste wie Jürgen Trittin offen über die möglichen politischen Folgen für den "Freie Wähler"-Chef, während Journalist Roman Deininger erneut kundtat, dass er glaubt, dass Aiwanger der Verfasser des Flugblattes war. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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