Bei "Hart aber fair" ging es am Montagabend (13.) um Warnstreiks, gerechte Löhne und Tarifverträge. Schnell wurde deutlich, dass dahinter die ganz großen Fragen von Gerechtigkeit und Zukunft liegen. Steffen Kampeter, Chef der Arbeitgeberverbände, sorgte mit Thesen über "Geiselhaft der Arbeitgeber" und strengeren Regeln für Streiks für hitzige Stimmung im Studio.
Die Bahn fällt aus, die Kita hat geschlossen, der Müll wurde nicht abgeholt: Deutschland ist aktuell vielerorts von Streiks gezeichnet. Die Gewerkschaften haben zweistellige Lohnerhöhungen gefordert. Während die Inflation im vergangenen Jahr bei etwa 6,9 Prozent lag, wollen die Mitarbeiter der Deutschen Bahn zwölf Prozent mehr Lohn, im Öffentlichen Dienst werden 10,5 Prozent gefordert.
Das ist das Thema bei "Hart aber fair"
"Die neue Macht der Arbeitnehmer: Mehr Geld für weniger Arbeit?" überschrieb
Das sind die Gäste
- Steffen Kampeter (CDU): "Wir brauchen wieder mehr Bock auf Arbeit", meinte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Er sagte: "Ein Ding, was motivieren kann, ist mehr Netto vom Brutto." Man müsse abwägen, was als fair empfunden werde und was wirtschaftlich noch leistungsfähig sei. "Wir brauchen nicht nur Mitarbeitende in Unternehmen, wir brauchen auch Unternehmerinnen und Unternehmer, die die Verantwortung für die Organisation von Arbeit übernehmen", sagte Kampeter.
- Karen Malsy: Die Erzieherin meinte: "Wir haben alle Bock auf unsere Arbeit, müssen aber auch von ihr leben können." Sie gehe auf die Straße, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Die Leistung könne nicht erbracht werden, weil das Personal fehle. "Die Perspektive ist für die, die gerade neu dazukommen, nicht gerade ermutigend", meinte Malsy.
Hubertus Heil (SPD): Der Bundesarbeitsminister meinte: "Was wir gerade nicht brauchen, sind Belehrungen über Arbeitsmoral." Der Beschäftigungsstand sei auf einem Rekordhoch. Die Menschen bräuchten anständige Arbeits- und Lohnbedingungen. "Wir müssen uns um die Bereiche kümmern, in denen es noch keine Tarifverträge gibt", forderte Heil. Nur noch 52 Prozent der Beschäftigten seien unter dem Dach eines Tarifvertrags.Frank Thelen : Aus Sicht des Unternehmers bringen nur mehr Leistung und Flexibilität das Land voran. "Keine Vier-Tage-Woche und Home-Office als neuer Standard", so Thelen. Er sprach sich dagegen aus, Mitarbeitende automatisch an Gewinnen des Unternehmens zu beteiligen. "Erstmal muss das Management entscheiden, wie viel müssen wir in die Zukunft investieren, damit wir den Laden nicht wieder zumachen müssen", sagte Thelen.- Sara Weber: Die Journalistin sagte: "Junge Menschen wollen sich heute nicht mehr aufopfern für ihre Arbeit wie ihre Eltern. Das ist verständlich. Zu viel Arbeit macht einfach krank." In Bezug auf Streiks warf sie die Frage auf: "Ab wann ist denn etwas wirksam? In NRW wurde letztes Jahr 79 Tage an Unikliniken gestreikt, bis etwas passiert ist."
Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"
Klamroth wollte von Kampeter von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände wissen, was er damit meine, "dass überzogene Warnstreiks Firmen und Menschen in Geiselhaft nehmen". Kampeter antwortete mit dem angekündigten Generalstreik am 27. März. "Früher war es üblich, am Ende eines Tarifkonfliktes zu Streikmaßnahmen zu greifen. Jetzt gehört das zum guten Ton am Beginn eines Tarifkonfliktes. Da fehlen die Spielregeln, da ist ein bisschen Maß und Mitte verloren gegangen", meinte Kampeter.
Er wolle das Streikrecht nicht einschränken, Beschäftigte bräuchten aber auch Verlässlichkeit, am 27. März zur Arbeit zu kommen. "Ein Warnstreik soll einen Warnhinweis geben. Er soll nicht ein ganzes Land flach legen", ärgerte er sich. Es sei "unverhältnismäßig", wenn man mit geringem Aufwand einen so großen wirtschaftlichen Schaden anrichte. Der Applaus galt dann Moderator Klamroth, als der sagte: "Jetzt verstehe ich es: Sie wollen, dass nur gestreikt wird, wenn es der Gesellschaft nicht wehtut".
Das ist das Rede-Duell des Abends
Thelen plädierte dafür, Arbeit, wo möglich, besser zu gestalten – etwa durch Rückenschulen oder schöne Terrassen. Er beobachtete, dass viele Menschen weniger arbeiten wollten und sich mehr Freizeit wünschten. Man müsse aber auch an die denken, die mehr arbeiten wollten.
"Wer hier Gas gibt, wer hier anpacken will, wer von mir aus auch eine Sechs-Tage-Woche haben will, weil er es gerade mental gut verkraftet, weil er unbedingt diese Rakete bauen will, weil er unbedingt diese neue Wärmepumpe entwickeln will", so Thelen. Er sagte: "Es gibt Menschen, die wollen weniger arbeiten – vollkommen in Ordnung, wenn man das finanzieren kann."
Da meldete sich Journalistin Weber zu Wort: "Das ist der Punkt. Sie sagen gerade Ein-Tage-Woche, Vier-Tage-Woche, wer es sich leisten kann. Das sollte keine Frage sein, wer es sich leisten kann, weniger zu arbeiten", meinte sie. Wenn man sehe, "Menschen sind gestresst, Menschen brennen aus, Menschen sind überarbeitet" könne man nicht sagen: "Ach, wenn man sich das nicht leisten kann, dann muss man eben weiterarbeiten wie bisher."
So hat sich Louis Klamroth geschlagen
Klamroth scheint endgültig im Studio angekommen. Seine Performance war souverän, stellenweise gewitzt und voll von interessanten Fragen. Beispiel: "Sollte das immer so sein: wenn das Unternehmen Gewinn macht, dass dann die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon profitieren?"
Er glänzte, als er Kampeter vor Augen führte, dass Streiken erst Sinn ergibt, wenn es weh tut. Eingangs der Sendung hatte Klamroth angekündigt: "Ich habe Bock auf arbeiten." An diesem Abend merkte man das besonders.
Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"
Klamroth hatte mit seinem Thema in ein Bienennest gestochen. Auch wenn es gar nicht zu großen Streitigkeiten innerhalb des Studios kam, so merkte man doch, wie sehr das ganze Thema brummt. Große Fragen wie "Was ist gerechter Lohn?", "Wie gehören Arbeit und Leben zusammen?" oder "Wer kann es sich leisten, weniger zu arbeiten?" lagen auf einmal auf dem Tisch.
Kampeter hielt gegen Ende der Sendung fest: "Eine Gesellschaft, wo Arbeit nicht zum Leben gehört, ist auf Dauer nicht tragfähig." Unterschrieben hätten das am Montagabend (13.) vermutlich alle Studiogäste.
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