Bei Sandra Maischberger diskutierte die Runde am Dienstagabend (1. Oktober) über die Zukunft der Grünen, die Lage in Nahost und die Migrationspolitik. Grünen-Politikerin Renate Künast teilte heftig gegen die zurückgetretene Jugend aus und kündigte konkrete Neuerungen im Politikstil ihrer Partei an. Außerdem wurde im Studio über eine Koalition mit der AfD und ein Verbotsverfahren der Partei gezofft.

Eine Kritik
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Die Lage im Nahen Osten hat sich weiter zugespitzt: Nachdem die israelische Armee am Dienstagmorgen (1.) eine Bodenoffensive im Süden des Libanon begonnen hatte, beschoss der Iran das Land mit schätzungsweise 200 Raketen. Der Angriff wird als Gegenschlag in Reaktion auf die Tötung des Hisbollah-Kopfes Nasrallah gewertet. Auch bei Sandra Maischberger waren die außenpolitischen Krisen ein Thema – ebenso aber die innenpolitischen.

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

Krise, Krise, Krise: Bei Maischberger ging es am Dienstagabend (1.) um die Rücktrittswelle bei den Grünen, die angespannte Lage im Nahen Osten und die Migrationsdebatte in Deutschland. Leitende Fragen waren dabei: Wie geht es weiter mit den Grünen? Droht ein Flächenbrand im Nahen Osten? Und mit welcher Asylpolitik kommt man gegen die radikalen Forderungen der AfD an?

Das sind die Gäste

  • Renate Künast (Grüne): Die Grünen-Politikerin kündigte an: "Wir richten uns insofern neu aus, dass wir das, was wir tun, viel besser erklären und ausgehen vom Alltag der Menschen." Dabei müsse man beispielsweise bei Fragen der Finanzen oder dem Funktionieren der Schulen ansetzen. "Es wird herausfordernd, das Theoretische zurückzustellen und mehr ins Praktische zu gehen", sagte Künast.
  • Wolfgang Bosbach (CDU): Der CDU-Mann sprach sich gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus. Man habe bereits bei dem NPD-Verbotsverfahren schlechte Erfahrungen gemacht. "Es genügt nicht für ein Parteiverbot, dass eine Partei verfassungsfeindliche Positionen äußert, sondern sie muss aggressiv-kämpferisch gegen den Staat vorgehen." Das sei bei der AfD nicht der Fall, außerdem würde die Kritik kommen: "Jetzt werden sie politisch mit der AfD nicht fertig, jetzt soll Karlsruhe das regeln", fürchtete Bosbach.
  • Philipp Türmer: "Nach Solingen ist uns die Debatte im Land sehr stark entglitten. Die Bekämpfung von Islamismus wurde gleichgesetzt mit der Bekämpfung von Geflüchteten. Das ist falsch. Die allermeisten Flüchtlinge, etwa aus Afghanistan, fliehen vor den Islamisten der Taliban", so der Juso-Chef. Man müsse schnell aus dem Zirkel, der sich immer weiter nach rechts verschiebenden Debatte ausbrechen.
  • Béla Réthy: Der Sportjournalist meinte: "Ich habe Angst vor einem Gewöhnungseffekt" zum Angriff des Iran auf Israel. Die Eskalation sei "erwartbar, aber sehr besorgniserregend". Beim Thema "Grüne" sagte er über die Flügel: "Das sind zwei fast schon ideologische Richtungen." Es sei damit zu rechnen, dass sich die Partei irgendwann spalten werde.
  • Nicole Diekmann: "Überall in Israel hat man Angst", sagte die ZDF-Hauptstadtjournalistin. Die Angriffe der Hamas und nun des Iran hätten das Sicherheitsgefühl der Bewohnerinnen und Bewohner nachhaltig geschwächt. "Die Frage ist: Wie groß wird der Flächenbrand?", sagte sie. Mit Blick auf die Innenpolitik kritisierte sie die FDP: "Da wird nichts gesagt über Rücktritte, über personelle Veränderungen oder über inhaltliche Veränderungen", so Diekmann.
  • Jan Fleischhauer: "Israel zeigt gerade, wie sich ein kleines Land sehr erfolgreich wehrt", meinte der Focus-Kolumnist. Er rechne damit, dass Israel den Angriff aus dem Iran nicht unbeantwortet lasse. "Wahrscheinlich ist das für Israel die einzige Form zu überleben", sagte er. Als es um die Grünen ging, sagte er: "Ich glaube nicht, dass das Austauschen der Parteispitze den großen Durchbruch bringt." Vielen Grünen-Spitzenpolitikern fehle es an Coolness, sie seien eher Sprech-Automaten und würden immer das Gleiche sagen. "Ich erwarte eher, dass es noch schlimmer wird", so Fleischhauer.
Philipp Türmer, Wolfgang Bosbach
Auch Philipp Türmer (Juso-Vorsitzender) und Wolfgang Bosbach (CDU) waren zu Gast bei Sandra Maischberger. © WDR/Oliver Ziebe

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Maischberger wollte von Künast wissen: "Verlieren die Grünen gerade ihre Zukunft?" Daraufhin spielte sie ein Video der Grünen Jugend ein, bei der der Bundesvorstand und mehrere Landesvorstände zurückgetreten waren. In dem Video sagen die Jungpolitiker beispielsweise: "Wir wollten, dass die Grünen eine Partei werden, die sich mit den Interessen der Konzerne, der Reichen und der Mächtigen anlegt. Es war nicht durchsetzbar."

Künast kommentierte hart: "Wer so Sozialismus-Ideen hatte, war von Anfang an bei den Grünen falsch." Maischberger fragte ungläubig nach: "Das sind alles Sozialisten in vier Landesverbänden?" Künast sagte weiter: "Die waren in der Partei falsch, die haben sich irgendwie im Motto vertan." Eine Grüne Jugend müsse kritisch sein, aber immer noch diskussionsfähig. Sie hoffe auf Bewegung und neue Ideen beim Parteinachwuchs.

Das ist das Rede-Duell des Abends

"Wenn die CDU drumherum kommen will, muss sie dem BSW die Hand reichen", hielt Kolumnist Fleischhauer mit Blick auf die thüringische Landespolitik fest. Er verstehe nicht, warum Alice Weidel als das Böse gelte, aber Sahra Wagenknecht werde verharmlost. Das BSW sei anti-amerikanischer, anti-israelischer und anti-semitischer als die AfD. "Das sollte die CDU nicht tun", so Fleischhauer. Dann solle lieber Björn Höcke regieren.

Diekmann hielt dagegen: "Man kann das fordern, wenn man glaubt, Politik findet nur in der Theorie statt oder Ministerpräsident Höcke wäre dann so ein Grüß-August, der mal einen Autobahnabschnitt einweiht und 100-Jährigen zum Geburtstag gratuliert, oder wenn man die Welt brennen sehen will." Die AfD sei noch mal eine "andere Liga" durch die Verfassungsschutz-Beobachtung. Außerdem würde es auf fatale Weise der Politikverdrossenheit Vorschub leisten, wenn die anderen Parteien ihre Versprechen brechen würden, nicht mit der AfD zu koalieren. "Was glauben Sie, was das mit den Wählern da draußen macht?", fragte sie.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger moderierte eine gute Sendung. Sie stellte die richtigen Fragen, um die Debatte anzuheizen ("Sollten wir einen Höcke als Ministerpräsident zulassen"?) und bohrte teilweise sogar dreimal nach: Von Künast wollte sie wissen: Wenn die Fehler für das schlechte Grünen-Image hauptsächlich bei den Verantwortlichen in der Regierung liegen – "warum treten dann die Parteispitzen zurück?" Und fragte dann nochmal: "Sind die Richtigen zurückgetreten?" Und schließlich: "Waren Nouripour und Lang ein Bauernopfer?"

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Für die Zukunft der Grünen ergab sich in der Runde kein eindeutiges Bild. Ein Teil gab sich jedoch pessimistisch und glaubte nicht an einen wirklichen Neustart, ein anderer zollte der Rücktritts-Entscheidung Respekt und sah die Grünen fähig zur Volkspartei. Einig war sich die Runde, dass das Chaos, für welches die AfD im Thüringer Landtag gesorgt hatte, mit Ansage kam. Das Studio sprach sich dennoch mehrheitlich gegen ein Verbotsverfahren aus – auch, weil man dann viele Aktivitäten einfach in den Hintergrund oder das Verborgene verschiebe, sie aber nicht abschaffe.

Verwendete Quellen:

  • ARD: Sendung "maischberger " vom 01.10.2024
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