Anti-Israel-Demos machen deutlich, dass Juden wieder verstärkt Angriffen ausgesetzt sind. Bei "Markus Lanz" geißelte Jens Spahn einen "importierten Antisemitismus" und verlangte härteres Durchgreifen bei Kundgebungen und an den Grenzen.
Nicht nur in Essen, sondern auch in anderen deutschen Großstädten kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu antiisraelischen Kundgebungen und antisemitischen Straftaten. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober steigt die Anzahl antisemitischer Straftaten in Deutschland rapide an. Dass Judenhass scheinbar ungehindert ausgelebt werden kann und davon betroffene Menschen unter ständiger Angst leben müssen, machte nicht nur Markus Lanz in seiner Sendung sprachlos. Der ZDF-Moderator beleuchtete deshalb auch den gescheiterten Deutschlandpakt beim ewigen Streitthema Migration.
Das sind die Gäste
- Jens Spahn, CDU-Politiker: "Es ist eine Schande, diese Bilder auf deutschen Straßen zu sehen."
- Petra Pinzler, Journalistin: "Ich habe gedacht, wir hätten das hinter uns gelassen in diesem Land."
- Kubilay Dertli, Personalberater: "Der Kampf gegen Antisemitismus ist Aufgabe von allen Menschen, die in Deutschland leben."
- Philipp Peyman Engel, Journalist: "Man muss sich als Jude verstecken, um sicher zu sein."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Wie beängstigend das Leben als Jude in Deutschland ist, machte Journalist Philipp Peyman Engel deutlich, als er offen über die "vielen antisemitischen Angriffe" sprach. Der Chefredakteur der "Jüdischen Allgemeinen" erklärte, dass einige Abonnenten seiner Zeitung mittlerweile aus Angst vor Übergriffen explizit darum bäten, "dass die Printausgabe in einem neutralen Umschlag geliefert wird". Dies bewegte Engel zu der erschreckenden Aussage: "Man muss sich als Jude verstecken, um sicher zu sein."
Philipp Peyman Engel berichtete weiter, dass einige Juden eine Baseballkappe über ihrer Kippa trügen, um unerkannt zu bleiben. "Jüdisches Leben war noch nie so bedroht wie jetzt", warnte Engel.
Er ergänzte: "Das hat sich noch mal alles verschärft seit dem 7. Oktober." Gleichzeitig gab er zu, dass bereits vor dem Terrorangriff der Hamas der Antisemitismus in Großstädten wie Berlin allgegenwärtig gewesen sei.
"Wovor haben die Leute Angst?", wollte Markus Lanz wissen. Engel antwortete knapp: "Anfeindungen - verbaler, aber auch körperlicher Natur." Journalistin Petra Pinzler reagierte erschüttert: "Mir wird schlecht, wenn ich das höre. Das treibt einem fast die Tränen in die Augen, weil ich gedacht habe, so was ist in Deutschland nicht mehr möglich."
CDU-Politiker Jens Spahn teilte diese Haltung, betonte jedoch, dass er Szenen wie die bei der Demonstration in Essen schon lange vorausgesagt habe: "Ich wundere mich, dass einige überrascht sind. Es tut unendlich weh, das zu sehen. Es macht sprachlos, es macht wütend." Dennoch seien "Anfeindungen bis hin zu körperlicher Gewalt" kein neues Phänomen.
Der frühere Gesundheitsminister ergänzte: "Wer antisemitisch denkt (...), hetzt nicht selten auch gegen Schwule." Aus diesem Grund stelle sich der CDU-Mann mittlerweile selbst häufiger die Frage: "Wo zeigst du eigentlich öffentlich noch, dass du schwul bist."
Mit Blick auf die Ursachen für den wachsenden Hass offenbarte Spahn, dass er bereits vor sechs Jahren "über importierten Antisemitismus gesprochen" habe, jedoch damals dafür kritisiert wurde.
Der Ex-Gesundheitsminister erklärte jedoch, dass hinter seiner Aussage kein Rassismus stecke: "Das ist ja nicht angeboren. Das ist angelernt. Das ist eine kulturelle Prägung. Wir haben eben sehr starke Migration gehabt in den letzten Jahren (...) aus einem kulturell geprägten Raum, wo eben Antisemitismus auch Teil der Alltagskultur ist." Diese kulturelle Prägung werde laut Spahn nicht einfach abgelegt, "indem man eine Grenze übertritt".
Das ist das Rede-Duell des Abends
Journalist Philipp Peyman Engel machte daraufhin deutlich, dass er es schwierig finde, "diese Diskussion zu verengen" und Muslime für alle antisemitische Straftaten verantwortlich zu machen, da es "vielfältige Formen des Antisemitismus" gebe. Jens Spahn konnte dem nur teilweise zustimmen und merkte in Bezug auf die pro-palästinensischen Demos an: "Auf der Straße, in dieser Art und Weise (...), das ist schon eine andere, eine neue Qualität."
Petra Pinzler konterte: "Wir machen es uns doch zu einfach, das auf 'die Fremden', die aus arabischen Ländern kommen, und 'die Linken' zu reduzieren. Um das Bild vollständig zu machen, (...) müssen wir sagen: Es gab immer auch einen Antisemitismus in diesem Land auf der Rechten."
Jens Spahn stellte daraufhin fest, dass er einen Unterschied sehe, wie die Polizei bei Demonstrationen von Rechtsextremen im Vergleich zu Demonstrationen von Muslimen agiere. "Ich sage das jetzt mal etwas zugespitzt: Die Wasserwerfer waren bei den Corona-Rentnern schneller im Einsatz...", sagte Spahn. Markus Lanz antwortete überrascht: "Das ist jetzt ein bisschen polemisch."
Daraufhin sprach Jens Spahn die Einigung von Bund und Ländern in der Migrationspolitik an. Ähnlich wie CDU-Chef Friedrich Merz wetterte auch Spahn gegen den "Deutschlandpakt" und sagte: "Es setzt nicht an der Kernfrage an, die irreguläre Migration (...) zu begrenzen oder zu beenden."
Er fügte hinzu: "Ich bin ziemlich überzeugt davon, dass das, was da vereinbart wurde, einfach nicht reicht." Laut dem CDU-Politiker muss die irreguläre Migration komplett gestoppt werden, da wir uns "an den Grenzen dessen" befinden, "was praktisch geht".
Er warnte deshalb: "Wenn die demokratische Mitte diese Frage der irregulären Migration nicht beendet, wird die irreguläre Migration die demokratische Mitte beenden. Heißt: Es werden Radikale (...) möglicherweise dann an die Macht kommen." Um das zu verhindern, plädierte der CDU-Politiker dafür, mit harten Mitteln und notfalls auch mit "physischer Gewalt" an den Grenzen durchzugreifen.
Als er daraufhin von Petra Pinzler für seine Wortwahl kritisiert wurde, betonte Spahn, dass sein Vorschlag nichts mit einer Abschottung zu tun habe oder gar einem Schießbefehl gleichkomme. Dies halte er für "Humbug". Lanz gab dennoch abschließend zu bedenken: "Menschen lassen sich nicht von Grenzen aufhalten, das habe ich zu oft gesehen."
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So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz brachte seine Gäste nicht nur dazu, sich selbst sowie den Ursprung des Antisemitismus in Deutschland kritisch zu hinterfragen. Der ZDF-Moderator regte auch durch viele Denkanstöße und konkrete Fragen eine intensive, aber offene Debatte an.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Dass Deutschland ein Antisemitismus-Problem hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Philipp Peyman Engel erklärte dazu: "Viel zu lange wurde in Deutschland muslimischer Judenhass tabuisiert." Dies müsse man laut des Journalisten "offen aussprechen und klar benennen" können.
Gerade deshalb forderte Engel streng: "Wir haben Gesetze in Deutschland, und dieses Recht muss durchgesetzt werden. Wenn 'Juden ins Gas' gerufen wird und wenn antisemitische Ausschreitungen stattfinden, muss eingeschritten werden." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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