Bei der Europawahl schaffte es das "Bündnis Sahra Wagenknecht" auf 6,2 Prozent. Nach ersten Umfragen könnte die Partei bei der Landtagswahl in Thüringen sogar auf 21 Prozent kommen. Bei "Markus Lanz" (ZDF) äußerte sich Sahra Wagenknecht nun über die Möglichkeit einer Koalition mit der AfD.

Eine Kritik
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Politikerin Sahra Wagenknecht gelang bei der Europawahl ein großer Erfolg. Bei "Markus Lanz" sprach die Co-Vorsitzende des "Bündnis Sahra Wagenknecht" am Donnerstag über ihre Haltung zur AfD und den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dabei legte sie sich mehrmals verbal mit dem ZDF-Moderator an.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" erzielte bei der diesjährigen Europawahl rund 6,2 Prozent - und das nur wenige Monate nach der Gründung der Partei. Bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen könnte das BSW laut aktuellen Umfragen sogar bei 21 Prozent landen. Grund genug für Markus Lanz, die Partei und auch die Russland-Nähe der Co-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht genauer zu beleuchten.

Zu Gast bei Markus Lanz waren am Donnerstag (v.l.n.r.) Sahra Wagenknecht, Raj Kollmorgen, Kristina Dunz und Jacob Ross. © ZDF

Das sind die Gäste

  • Sahra Wagenknecht, Politikerin: "Das BSW ist gekommen, um zu bleiben."
  • Raj Kollmorgen, Soziologe: "Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass sich die Ostdeutschen den Staatssozialismus zurück wünschen."
  • Kristina Dunz, Journalistin: "Die Hölle ist für Sahra Wagenknecht das, was für viele andere der Segen ist: die Gemeinschaft in der Gruppe."
  • Jacob Ross, Politologe: "Die Leute sind Macron wirklich leid."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Bei den Europawahlen schaffte es das neu gegründete "Bündnis Sahra Wagenknecht" auf mehr als sechs Prozent. "Gab's glaub ich noch nie", so Markus Lanz überrascht. Als der ZDF-Moderator zu erklären versuchte, wie die Co-Vorsitzende der Partei tickt, zitierte er Journalistin Kristina Dunz: "Die Hölle ist für Sahra Wagenknecht das, was für viele andere der Segen ist: die Gemeinschaft in der Gruppe."

Wagenknecht konterte darauf trocken: "Ich bin ein Einzelkind gewesen, ich bin eher so alleine aufgewachsen. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich mich unwohl fühle, wenn ich mit anderen Menschen zusammen bin. Nur, ich bin nicht der geborene Truppenführer, das stimmt schon." Mit Blick auf ihre gegründete Partei fügte die Politikerin jedoch hinzu, dass sie eine Zusammenarbeit "großartig" finde, "wenn ich ein gutes Team habe, so wie jetzt. Wenn da Menschen sind, mit denen ich wirklich an einem Strang ziehe".

Eine Steilvorlage für Lanz, der darauf hinwies, dass das BSW trotz des Europawahl-Erfolges nur "wenige Mitglieder" hat. "Stimmt es, dass Sie an die 600 Mitglieder haben?", so Lanz. Wagenknecht antwortete: "Wir sind jetzt fast 700, also wir wachsen. Aber wir wachsen langsam." Die Politikerin erklärte, dass sie in ihrer Partei "enge Grenzen" einhalten wolle, um "ein Riesenchaos" zu vermeiden. Dazu gehöre auch eine strenge Auslese bei neuen Mitgliedern, die empfohlen werden müssen.

"Wie in so einem Edelclub an der Hamburger Außenalster?", frage Lanz irritiert. Wagenknecht wiegelte ab: "Eigentlich geht es um die Ehrlichkeit gegenüber den Wählerinnen und Wählern." Inhaltlich sollten die Mitglieder laut der Politikerin für das stehen, "wofür ich auch stehe, weil das wählen ja die Menschen". Lanz hakte nach, ob jemand ins BSW aufgenommen werden könne, "der gegen Abschiebungen ist". Wagenknecht reagierte schwammig: "Wenn man nur 700 Mitglieder ist und wahrscheinlich in zwei Jahren 5.000 Mitglieder hat, muss man schon gucken, dass die, die jetzt dazukommen ..." Lanz unterbrach die Politikerin: "Dass keine andere Meinung kommt, oder?" Wagenknecht antwortete genervt: "Dass sie zumindest nicht anders mehrheitsfähig wird. Denn sonst verändert sich die Partei."

Eine Aussage, die den ZDF-Moderator überraschte: "Da gibt's eine harte Tür: Wer kommt rein? Wer kommt nicht rein? Also handverlesen - mit Empfehlung!" Wagenknecht konterte unbeeindruckt: "Ich finde, in der Gesellschaft muss es ein sehr breites Meinungsspektrum geben. Das darf auch nicht eingeengt werden." Eine Partei jedoch müsse "für ein bestimmtes Profil stehen, für eine bestimmte Linie. Das erwarten ja die Wählerinnen und Wähler. Sie wollen ja nicht diese beliebigen Haufen, wo sie nicht wissen, was sie wählen". Grund genug für Lanz, nach einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD zu fragen. Dazu sagte die Politikerin streng: "Bei der AfD haben wir doch eine ganz klare Antwort, also, dass wir keine Koalition anstreben."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Hitzig ging es weiter, als Sahra Wagenknecht mit Blick auf den Krieg in der Ukraine dafür plädierte, wieder mehr auf russisches Gas zu setzen. "Wollen wir unsere Wirtschaft zerstören? Ich finde, wir müssen diesen schrecklichen Krieg beenden", so Wagenknecht streng. Markus Lanz reagierte fassungslos: "Wie beenden Sie den Krieg, wenn Sie den sozusagen auf der anderen Seite finanzieren?" Ein Argument, das Wagenknecht nicht akzeptieren wollte: "Dadurch, dass wir kein Gas mehr importieren, beenden wir keinen Krieg."

Lanz konterte wütend: "Wir wollen uns jetzt aber hier nicht erzählen, dass die Tatsache, dass Europa und insbesondere Deutschland nicht mehr wesentlich russisches Gas importiert, dass das den Russen komplett egal ist?!" Die Politikerin blieb dennoch bei ihrer Meinung: "Die These, wir ruinieren Russland (...), die ist ja wohl gescheitert!" Wagenknecht fügte hinzu: "Ich finde, wir müssen diesen Krieg dadurch beenden, dass wir Länder wie China oder auch Brasilien unterstützen, die sagen, wir sollten jetzt versuchen, einen Waffenstillstand an der bestehenden Frontlinie zu erreichen und dann Friedensgespräche zu beginnen." Eine Aussage, die den ZDF-Moderator weiter irritierte: "Haben Sie zugehört, bei dem, was Putin gerade gesagt hat, was die Bedingungen für einen möglichen Waffenstillstand sind?!"

Auch Kristina Dunz kritisierte: "So wie Sie es sagen, Frau Wagenknecht, bedeutet das für mich: Die Ukraine wird untergehen." Sahra Wagenknecht hakte genervt nach: "Was ist Ihre Lösung? Wie soll der Krieg beendet werden?" Dunz antwortete: "Herr Putin muss da raus! Der muss sich zurückziehen!" Ein Argument, gegen das Wagenknecht vom Leder zog: "Da spricht doch überhaupt nichts dafür, dass das realistisch ist!" Es werde "jeden Tag gestorben an dieser schrecklichen Front", so Wagenknecht weiter. "Und wollen Sie, dass es wirklich noch zehn Jahre so weitergeht?"

Dunz hielt dagegen: "Wer das in der Hand hat, ist Putin. Und ich möchte vor allem nicht, dass er belohnt wird für diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, weil ihn das motivieren wird, weiterzumachen." Während Wagenknecht immer wieder "Friedensangebote" seitens des Westens forderte, stichelte sie gegen Präsident Selenskyj: "Solange die Ukraine ihre Haltung nicht ändert, wird dieser Konflikt auch weitergehen."

Grund genug für Lanz, zu fragen, warum Wagenknecht während Selenskyjs Rede im Bundestag abwesend war. Die Politikerin erklärte, dass "ich mich nicht an Standing Ovations für eine Rede beteilige, wo jemand sagt: 'Die Zeit der Kompromisse ist vorbei.'" Lanz konterte: "Sie hätten ja sitzenbleiben können." Darauf antwortete Wagenknecht streng: "Das hätte man uns genauso negativ ausgelegt. Das war eine Jubelveranstaltung!" Lanz antwortete mit einem verblüfften "Das ist irre", während Wagenknecht warnte: "Wenn wir so weitermachen wie jetzt, steuern wir auf einen großen, europäischen Krieg zu, weil die NATO immer stärker sich involvieren muss, (...) weil die Ukraine alleine diesen Krieg verlieren wird."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz versuchte mehrmals, Sahra Wagenknecht aus der Reserve zu locken und hakte mehrmals nach, als es um eine vermeintlich politische Nähe zur AfD ging. Darauf konterte Wagenknecht zum Schluss genervt: "Ich würde die AfD in der Einsicht unterstützen, dass der Himmel blau ist."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

In der Sendung wollte Markus Lanz mehr über das "Bündnis Sahra Wagenknecht" erfahren und wollte auch wissen, ob die Partei in der kommenden Bundestagswahl einen Kanzlerkandidaten stellen wird. Darauf antwortete Wagenknecht: "Ich glaube, da sind wir jetzt noch nicht dabei. (...) Natürlich sind wir perspektivisch angetreten, die Politik auf Bundesebene zu verändern. Aber man sollte auch immer auf dem Teppich bleiben und gucken, wo man steht." Als Lanz weiter nachhakte, ergänzte Wagenknecht: "Also Parteien, die nicht wenigstens zweistellig sind, sollten keinen Kanzlerkandidaten aufstellen." "Ab zehn Prozent würden Sie darüber nachdenken?", wollte Lanz wissen. Wagenknecht wiegelte ab, dass sie es "aktuell nicht" plane, "es sei denn, diese desolate Ampel zerlegt sich" und die Bundestagswahl komme schneller.

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