Eine angriffslustige Umwelt-Aktivistin, ein genervter CDU-Ministerpräsident und ein VW-Boss, der beim Pkw-Verkauf scheiterte. Maybrit Illners Gäste zeigten sich beim Auto-Talk impulsiv und schlagfertig. Für den Lacher des Abends sorgte derweil die Gastgeberin.
47 Millionen Pkw sind auf Deutschlands Straßen zugelassen, Tendenz steigend. Ein Trend, welcher der wachsenden Protestbewegung für mehr Klimaschutz entgegensteht. Besonders an den SUVs, den sogenannten Stadtgeländewagen, entzündet sich derzeit der Streit.
Braucht man in deutschen Städten wirklich solche großen, verbrauchsintensiven Autos? Und tut die Bundesregierung genug, um Elektromobilität, den ÖPNV-Ausbau und den Bahnverkehr zu fördern?
Was war das Thema?
Unter dem Motto "Klima, Pendler, Arbeitsplätze – der Kulturkampf ums Auto" wollte
Laut SWR soll VW auch bei seinen neuen Dieselmotoren die Abgaswerte manipuliert haben. Der Konzern dementierte umgehend – und auch Diess stritt gegenüber Maybrit Illner jegliches Fehlverhalten ab.
"Gott sei Dank ist nichts dran an der Geschichte", beteuerte er. "Man hat mir hoch und heilig versprochen: Die sind sauber." An diesen Worten wird man Herbert Diess in den kommenden Wochen und Monaten messen müssen.
Wer waren die Gäste bei Maybrit Illner?
Der Grünen-Politiker warf der Bundesregierung vor, nicht genug für Elektromobilität und den Ausbau der Bahn getan zu haben. Stattdessen seien in den letzten Jahren 6.500 Kilometer Eisenbahnnetz stillgelegt worden. Zudem sprach sich Hofreiter für eine höhere Besteuerung von großen Pkw wie SUVs aus.
Den Leuten auf dem Land, die auf ihr Auto angewiesen sind, sei das "wurscht". Kretschmers Losung lautete: keine Verbote, lasst die Verbraucher entscheiden.
Ferdinand Dudenhöffer: Deutschlands wohl bekanntester Auto-Erklärer klang bei Maybrit Illner manchmal wie ein Lobbyist der Autoindustrie. Zum Beispiel, als er Anton Hofreiter "billigen Populismus" vorwarf, weil der die SUVs kritisierte.
Die wirklich Großen unter diesen Modellen würden gerade drei Prozent aller SUVs ausmachen, so Dudenhöffer. Auch an der Bahn ließ er kein gutes Haar. "Bahnfahren funktioniert seit 70 Jahren nicht. Warum soll es im 71. Jahr funktionieren?"
Überhaupt sei die Bahn "ein Moloch, der Geld verschlingt". Da klang der Populismus-Kritiker selbst arg populistisch.
Tina Velo: Die Rad-Aktivistin, Auto-Gegnerin und Umwelt-Aktivistin nahm kein Blatt vor den Mund. SUVs? "Scheißgefährlich!" 3000 Verkehrstote? "Das sind 3000 Tote zu viel!" Diess und Dudenhöffer? "Keine Kreativität und Ideen!" E-Autos? "Das sind alles andere als Öko-Autos!"
Einzig ihr Vorwurf, als einzige Frau unter den Gästen "paternalistisch angegangen" zu werden, nur weil sie manchmal unterbrochen wurde, wirkte etwas übertrieben. Über mangelnde Redezeit konnte sich Velo nicht beklagen – und die nutzte sie in angriffslustiger Manier.
Herbert Diess: Der VW-Vorstandsvorsitzende muss als Autoverkäufer noch mal in die Lehre gehen. Sein Versuch, dem von Maybrit Illner interviewten Vielpendler Ibrahim Ghaddar ein E-Auto schmackhaft zu machen ("Ich hab das mal durchgerechnet") scheiterte.
Diess prophezeite dem Auto ansonsten eine goldene Zukunft – mit deutlich weniger Verkehrstoten und Emissionen. Die harte Kritik Velos an der Autobranche wies er ruhig und sachlich zurück – oder er lächelte einfach drüber hinweg.
Was war das Rededuell des Abends?
Michael Kretschmer versucht in Sachsen gerade, eine Koalition mit SPD und Grünen zu schmieden. Da konnte seine gereizte Reaktion auf fast alles, was Anton Hofreiter von sich gab, durchaus überraschen.
"Sie schaffen es jedes Mal, die Dinge wieder zu verdrehen", warf er dem Grünen an den Kopf. Da ging es um die Frage, wer die fast 30-jährige Bauzeit der ICE-Strecke Berlin-München zu verantworten hat: klagende Naturschützer oder das bummelnde Verkehrsministerium. Hofreiters Kopf wurde bei seiner lautstarken Gegenrede immer roter.
Was war der Moment des Abends bei Maybrit Illner?
Nachdem VW-Boss Diess Vielpendler Ibrahim Ghaddar ein E-Auto schmackhaft machen wollte, konterte Tina Velo energisch. "Ich finde es exemplarisch, wie ihnen weder die Politik noch die Industrie hier zugehört hat", sagte sie zum nickenden Ghaddar.
Statt dem Familienvater, der jeden Tag vier Stunden auf der Straße verbringt, ein neues Auto zu verkaufen, solle die Politik ÖPNV und Bahnfahren viel attraktiver machen, so Velo. Damit die Menschen eine wirkliche Wahl haben und nicht auf Gedeih und Verderb aufs Auto angewiesen sind.
Wie hat sich Maybrit Illner geschlagen?
Ihren besten Moment der Sendung hatte Maybrit Illner, als sie das Rededuell von Michael Kretschmer und Anton Hofreiter süffisant kommentierte: "So sieht ein schwarz-grünes Bündnis aus!". Die Lacher des Publikums waren ihr sicher.
Was ist das Ergebnis?
Leider war der Erkenntnisgewinn der Sendung deutlich geringer als der Unterhaltungsfaktor. Am Ende einer leidenschaftlich geführten Debatte versuchte Maybrit Illner, die Wogen zwischen Autohassern (Velo), Autoskeptikern (Hofreiter), Autoerklärern (Dudenhöffer), Autoverteidigern (Kretschmer) und Autoverkäufern (Diess) zu glätten.
Jeder der Gäste wolle letztlich doch sauberere Autos und mehr Umweltschutz, stellte die Gastgeberin fest. Da konnte niemand widersprechen. Nur bei den Wegen, Mitteln und der Zeitspanne, um diese Ziele zu erreichen, zeigten sich die erwartbaren, teils ideologisch motivierten Unterschiede.
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