Zerbricht die Regierung über die aktuelle Haushaltskrise? CDU-Chef Friedrich Merz wäre bereit, Verantwortung zu übernehmen, stellte er bei Sandra Maischberger klar. Verleger Wolfram Weimer sprach von "einem Offenbarungseid dieser Bundesregierung". Und Sandra Maischberger machte freche Witze.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Thomas Fritz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das war das Thema

Mehr aktuelle News

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik hat die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP in eine Krise gestürzt. Das Gericht hatte entschieden, dass die nicht verwendeten 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds nicht für klimapolitische Projekte verwendet werden dürfen.

CDU-Chef Friedrich Merz und Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, diskutieren bei Sandra Maischberger über die Zerreißprobe, vor der die Ampelregierung nun steht. Die große Frage: Einsparen? Steuern erhöhen oder die Schuldenbremse aussetzen? Ein weiteres Thema war die Zukunft der Textilfirma Trigema. Das Unternehmer-Ehepaar Wolfgang und Elisabeth Grupp stand am Ende der Sendung Rede und Antwort.

Weitere News gibt's in unserem WhatsApp-Kanal. Klick auf "Abonnieren", um keine Updates zu verpassen.

Das waren die Gäste

  • Friedrich Merz: Der CDU-Parteichef sprach nach dem Urteil aus Karlsruhe von einer "fahrlässigen Täuschung der Wähler in Deutschland". Merz hat aber "nicht triumphiert", da die Entscheidung ja auch für kommende Bundesregierungen sowie die Haushalte der CDU-geführten Bundesländer Folgen hat. Der Konservative forderte keine Steuererhöhungen, sondern harte Einsparungen: Verzicht auf Erhöhung des Bürgergeldes, Stopp der Kindergrundsicherung, auch den Stopp des Heizungsgesetzes würde er empfehlen. Eine Aussetzung der Schuldenbremse sieht Merz dagegen sehr skeptisch. Merz stellte zudem klar, dass die Opposition jederzeit bereit ist, Verantwortung zu übernehmen – auch wenn er nicht unmittelbar mit dem Ende der Regierung rechnet. Scharfe Kritik übte er an Bundeskanzler Olaf Scholz. "Ich erwarte von dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, dass er in dieser Situation die Regierung führt. Er kann doch nicht eine Woche einfach abtauchen."
  • Marcel Fratzscher: Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sprach angesichts des 60-Milliarden-Euro-Lochs von einer dramatischen Situation. Es gebe trotzdem keinen Grund, Panik zu schieben. Denn das Gericht habe nicht gesagt, dass die Regierung das Geld für klimapolitische Projekte nicht ausgeben dürfe, sie darf es nur nicht auf diese Weise tun. Fratzscher ist trotz der prekären fiskalen Lage weiter ein klarer Befürworter von Investitionen in Bildung und Infrastruktur.
  • Hubertus Meyer-Burckhardt: Der Moderator und TV-Produzent hält ein Ende der Koalition durch die Haushaltskrise für möglich. Der Grund: Die enormen Gegensätze von Grünen und FDP. Die einen wollen jetzt neue Schulden machen und investieren, die anderen wollen die Schuldenbremse unbedingt einhalten. Diese Milieuparteien "passen nicht zusammen", stellte Meyer-Burckhardt fest. Wäre die Ampelregierung "ein börsennotiertes Unternehmen, würde der Aufsichtsrat den Vorstand bitten: Tritt zurück", fasste er die Lage zusammen. Der Vorstand ist Olaf Scholz.
  • Andrea Maurer: Die Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio sprach von einer "perfekten Krise". Maurer wünscht sich nun schnelle, konkrete Vorschläge, wo die Ampel sparen will. Im Interesse der zukünftigen Generation hält sie analog zum "Sondervermögen Bundeswehr" einen Investitionsfond "Sondervermögen Investition" für eine gute Idee. Dafür braucht es allerdings eine "Zweidrittelmehrheit" im Bundestag. Neuwahlen seien "nicht die totale Lösung" für die Probleme.
  • Wolfram Weimer: Der Verleger von "The European" nannte die aktuelle Haushaltskrise "einen Offenbarungseid dieser Bundesregierung". Und vielleicht die schwerste Haushaltskrise in der Geschichte der BRD. Dass der Kanzler sich dazu tagelang gar nicht geäußert hat, fand Weimer "unglaublich". Er hat die Befürchtung, "dass er versucht sich durchzuwurschteln". Doch das werde bei der Größe der Krise nicht funktionieren. Sogar das Aus der Regierung hält er für wahrscheinlich. "Das ist der Genscher-Moment der FDP", sagte er mit Verweis auf 1982, als die FDP den Rausschmiss ihrer Minister aus der SPD-geführten Regierung provozierte. Was gegen dieses Szenario spricht: Anders als damals haben die Liberalen keine andere Machtoption. Um nun Geld zu sparen, würde Weimer das Rentensystem neu organisieren, die Entwicklungshilfe abschaffen und das Bürgergeld ("In Wahrheit ein Migrantengeld) reformieren.
  • Elisabeth und Wolfgang Grupp: Das Unternehmerpaar berichtete am Ende der Sendung humorvoll vom Rückzug des Mannes aus der Geschäftsführung und der Übergabe an den Sohn und die Tochter. "Der beste Markenbotschafter von Trigema ist mein Mann, dann kommt der Affe und dann sind wir dran", sagte Elisabeth Grupp mit einem Augenzwinkern über ihre Rolle und die der zwei Kinder. Wolfgang Grupp kündigte an, auch weiterhin an seinem Schreibtisch sitzen zu wollen, "solange ich meine Gesundheit habe". Für seine Frau ist das kein Problem. Ihr Mann habe schon viel Verantwortung abgegeben, außerdem brauche die Familie weiter seinen Rat.

Das war der Moment des Abends

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) machte Friedrich Merz und nicht das haushaltspolitische Versagen der Ampel für ein mögliches Ende der Gas- und Strompreisbremse verantwortlich. "Schönen Dank, Friedrich Merz", sagte Habeck wortwörtlich. Meyer-Burckhardt nannte diese Kritik einen "unfairen Ansatz", auch Weimer fand die Schuldzuweisungen schwer verständlich. Das sei so, als ob der erwischte Taschendieb sagen würde: "Der Polizist ist schuld und es wäre doch so viel schöner, wenn wir alle klauen könnten."

Und was meinte Friedrich Merz dazu? Der CDU-Chef empörte sich überraschenderweise am wenigsten. "Da ist eine Reaktion, da muss Robert Habeck selber wissen, was er sagt", so Merz. "Auch die Grünen, auch Herr Habeck, stehen nicht über der Verfassung. Sie haben Recht und Gesetz einzuhalten. Ob es ihnen gefällt oder nicht."

Das war das Rededuell des Abends

Beim Thema Schuldenbremse kamen Merz und Marcel Fratzscher auf keinen gemeinsamen Nenner. "Ich sehe nicht, dass wir an die Schuldenbremse heranmüssen", sagte Merz. Es gebe noch mehr Möglichkeiten zu sparen und die Schuldenbremse zwinge zu Disziplin. Die Regierung dürfe den Kindern und Enkelkindern keine unnötigen Schulden hinterlassen.

Fratzscher widersprach – ebenfalls mit Verweis auf kommende Generationen. "Es ist dringender notwendig denn je, Investitionen zu tätigen." Notfalls auch durch das Aussetzen der Schuldenbremse. "Sonst wird der langfristige Schaden groß sein."

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischbergers Auftritt am Dienstagabend blieb vor allem wegen einer Szene im Gedächtnis. Wolfgang Grupp erzählte, wie er als überzeugter Junggeselle in den 80er Jahren bei der Auerhahnjagd seine spätere Frau kennenlernte. Sie hieß damals noch Elisabeth Baronesse von Holleuffer und war Medizinstudentin in Graz. "Auerhahnjagd?", fragte die Gastgeberin irritiert wie amüsiert. Statt ein Tier zu erlegen, hätte er wohl "eine Frau geschossen", ergänzte Maischberger lachend, um sich für ihre flapsige Bemerkung gleich zu entschuldigen. Grupp und seine Frau lachten herzhaft mit.

Das ist das Fazit

Was lernen wir nach 75 Minuten Maischberger am Dienstagabend? Deutschland steckt in einer Regierungskrise, die sich zu einer schweren oder sehr schweren Regierungskrise entwickeln könnte. Die Chancen sind vorhanden, dass die Ampel daran zerbricht. "Es werden spannende, konfliktreiche Wochen", sagte Publizist Weimer voraus. Auch Friedrich Merz ist auf alles vorbereitet und wählte für das mögliche vorzeitige Aus der Regierung drastische Worte. "Vielleicht springt jemand aus Angst vor dem Tod in den Selbstmord."

Eigentlich wollte die Ampel nach der parlamentarischen Sommerpause den gefühlten Dauerstreit endlich in den Griff bekommen und noch einmal durchstarten. Das ist schon nach wenigen Monaten gründlich schiefgegangen. Der wohl größte Streit – um die Lösung der Haushaltskrise – hat eben erst begonnen.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.