Die anstehende Sommerpause dürfte für Deutschlands Polit-Talker gerade recht kommen. Zuletzt waren sie wegen Studio-Gästen von der AfD immer wieder in die Kritik geraten. Vor allem an einer Sendung von Frank Plasbergs "Hart aber fair" scheiden sich die Geister. Doch wie sollen die Sender künftig mit der Partei umgehen?
Frank Plasberg hat am Montag (15. Juli) noch eine Sendung vor sich, danach sind die vier Polit-Talkshows im Ersten und im ZDF (also "
Vorher ist das Format aber noch einmal heftig in die Kritik geraten. Dabei geht mal wieder um die AfD.
Mehr Redezeit für AfD-Mann Uwe Junge
Auslöser war Plasbergs Sendung, bei der er Anfang Juli den AfD-Fraktionsvorsitzenden in Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, eingeladen hatte. Das Thema lautete "Aus Worten werden Schüsse: Wie gefährlich ist rechter Hass?".
Schon bevor die Talkgäste im Studio saßen, waren auf Twitter kritische Stimmen zu hören - bis hin zu der Aufforderung, den AfD-Vertreter wieder auszuladen. Auch an Plasbergs Gesprächsführung hatten manche einiges auszusetzen. Ihm wurde vorgehalten, er habe Junge zu ausführlich zu Wort kommen lassen.
Das Portal "Watson.ch" hat sogar die Redezeit der einzelnen Gäste gestoppt. Spitzenreiter der Sendung war demnach tatsächlich Uwe Junge mit rund 15,20 Minuten gewesen. Zum Vergleich: Mehmet Daimagüler, der die Nebenkläger im NSU-Prozess vertritt, kam lediglich auf 7,14 Minuten; Grünen-Politikerin Irene Mihalic sogar nur auf 5,37 Minuten.
Medien können beim Umgang mit der AfD vieles falsch machen. Hans Leyendecker, Journalist und Präsident des Evangelischen Kirchentages, formulierte das in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" nach der Sendung so: "Wenn es um die AfD geht, werden viele Journalisten unruhig, die einen verfallen in eine Art Überkorrektheit, sie scheinen ständig beweisen zu müssen, dass sie diese Partei so fair wie alle andere Parteien behandeln. Die anderen agieren so aggressiv, als befänden sie sich auf einem permanenten Feldzug."
WDR-Intendant verteidigt Einladung von AfD-Politikern
Tom Buhrow, Intendant des für "Hart aber fair" verantwortlichen Westdeutschen Rundfunks (WDR), hatte dagegen die Einladung Junges bei der Sitzung des Rundfunkrats am Freitag nach der Sendung verteidigt: Die Redaktion habe sich das sehr gut überlegt.
"Man muss sich ja nur einmal vorstellen, man hätte eine Sendung gemacht über die Zusammenhänge zwischen rechtsextremem Gedankengut und kriminellen Taten ohne die Seite, die man zur Verantwortung zieht, einzuladen." Das wäre journalistisch wertlos, so der WDR-Intendant.
ARD-Chefredakteur Rainald Becker teilte auf dpa-Anfrage dazu mit: "Die AfD wird behandelt wie alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Einladungen in Talksendungen werden nach journalistischen Kriterien ausgesprochen.
Das heißt unter anderem, wenn die AfD zu dem Thema der Sendung eine spezifische Meinung hat, wenn die Ansicht der größten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag von journalistischer Relevanz ist oder wenn es eine Betroffenheit von AfD-Politikern oder der Gesamtpartei gibt." An der Einladungspraxis habe sich mit dem Einzug der AfD in den Bundestag nichts geändert.
Leyendecker : "Talkshows sind Theater mit festen Rollen"
Leyendeckers Skepsis zielt auch auf das Format an sich: "Talkshows sind Theater. Manchmal mit guten, manchmal mit schlechten Inszenierungen", schrieb er. Die Gäste bei "Hart aber fair" hätten ziemlich feste Rollen: "Berechenbar. Unterhaltungsprogramm eben."
So sieht das auch der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister. Es sei wie im Puppenspiel: "Es gibt den Bösewicht, es gibt den Experten vom Dienst", erläuterte er im Deutschlandfunk.
Wer als Bösewicht auftrete, habe im Grunde einen Vorteil, weil er sich in die Opferrolle begebe. "Das ist der AfD in den letzten Monaten und Jahren sehr zugutegekommen." So seien die Talkshows unfreiwillig zum großen Werbeträger für die AfD geworden.
Debatte um Umgang mit der AfD ist nicht neu
Im Frühsommer vergangenen Jahres gab es eine ähnliche Debatte: Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, hatte ARD und ZDF ein Jahr Talkpause empfohlen, um in Ruhe über die Formate nachzudenken.
Zu viele Talkshows im Ersten und im ZDF über die Themen Flüchtlinge und Islam hätten dabei geholfen, die AfD "bundestagsfähig" zu machen, lautete damals seine Kritik.
Und wie sieht er das heute? Er habe das Gefühl, dass man über die Kritik nachgedacht und berücksichtigt habe, dass es nicht nur das Thema Migration gebe. Da habe sich etwas positiv verändert. Aber die "Hart aber fair"-Sendung sei Moderator
"Ich glaube nicht, dass er das gewollt hat. Aber die Sendung ist zu dem geworden, was sie eigentlich nicht hätte werden sollen, nämlich letztlich eine Veranstaltung, bei der die AfD die Themen bestimmt hat, bei der sie sich zum Opfer stilisieren konnte."
Sommerpause der Polit-Talker endet am 14. August
Der Vorwurf, Talksendungen setzten auf vermeintlich quotenträchtige kontroverse Themen, wovon die AfD profitiere, ist nicht neu. Im April hatte die Otto-Brenner-Stiftung die Studie "Agenda-Setting bei ARD und ZDF?" veröffentlicht, die zeigte, dass Migration - im Monat vor der Bundestagswahl 2017 - in der Berichterstattung bei den Sendern tatsächlich ein herausragendes Thema in Politikmagazinen und Wahlsendungen war. Mit Blick auf die Talkshows kam sie zu einem anderen Ergebnis: Da war das ausdrücklich nicht so.
Die Sommerpause der Talker endet am 14. August, dann kommt Sandra Maischberger zurück auf den Bildschirm. Als Letzter in der Reihe ist Frank Plasberg am 16. September wieder zu sehen. Die Diskussion um die Frage zum richtigen Umgang mit der AfD wird ihnen erhalten bleiben. (dpa/dh)
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