Der Koalitionsbruch hat seine Spuren hinterlassen. Bei "Markus Lanz" gerieten SPD-Politiker Ralf Stegner und FDP-Politiker Christian Dürr heftig aneinander, als es um die Hilfe für die Ukraine ging. Dabei mischte sich auch der ZDF-Moderator ein, der Stegner Unehrlichkeit vorwarf.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Mit dem Rauswurf von Christian Lindner erklärte Olaf Scholz, dass sich der Finanzminister weigerte, die Schuldenbremse zu lockern, um unter anderem finanzielle Mittel für die Ukraine bereitzustellen. Bei "Markus Lanz" (ZDF) entbrannte deshalb eine Diskussion, in der sich vor allem SPD-Politiker Ralf Stegner um Kopf und Kragen redete.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Am Mittwochabend sorgte Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Regierungserklärung für Furore. In der darauffolgenden Debatte hatte das Wort unter anderem Unions-Chef Friedrich Merz, der Scholz scharf kritisierte und ihn und die Ampelkoalition für den Zustand des Landes verantwortlich machte. Markus Lanz nahm dies zum Anlass, die Gründe für den Bruch der Koalition näher zu analysieren.

Das sind die Gäste

  • Christian Dürr, FDP-Politiker: "Manche Vorwürfe des Bundeskanzlers nach dem Bruch der Koalition fand ich bemerkenswert."
  • Ralf Stegner, SPD-Politiker: "Jetzt so zu tun, das sei so eine miserable Regierung gewesen, das ist falsch."
  • Martin Machowecz, Journalist: "Ich finde es bemerkenswert, dass Lindner und Scholz in ihrer eigenen Partei gar nicht infrage gestellt werden."
  • Ulrike Malmendier, Ökonomin: "Deutschland hat allen Grund, optimistisch zu sein."
Markus Lanz, Christian Dürr, Ralf Stegner, Prof. Ulrike Malmendier, Martin Machowecz
Am Mittwoch diskutierte Markus Lanz mit (v.l.n.r.) Christian Dürr, Ralf Stegner, Ulrike Malmendier und Martin Machowecz. © ZDF /Cornelia Lehmann

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Beim Schlagabtausch im Bundestag schoss CSU-Chef Markus Söder scharf gegen den Bundeskanzler: "Ich kenne keinen, der uncooler ist als Sie, Herr Scholz." Grund genug für Journalist Martin Machowecz, die politische Debatte am Mittwoch als "ein Spektakel" zu bezeichnen, bei dem er sich "ganz gut unterhalten gefühlt" habe. Dennoch merkte Machowecz an, dass ihn die Debatte vor allem an eine "Saalschlacht" erinnert habe. Dabei sei ihm besonders "die Art und Weise, wie sich da inzwischen gegenseitig mit härtesten Vorwürfen, teilweise Beleidigungen" angegangen wird, aufgefallen. Selbst Olaf Scholz habe laut Machowecz "eine Schärfe dazugewonnen und eine Aggressivität im Umgang, insbesondere mit Christian Lindner, die ich schon beeindruckend finde".

Markus Lanz reagierte amüsiert: "Das ist doch Kabarett!" Christian Dürr zeigte sich derweil weniger humorvoll und sagte: "Vielen Rednern ging es zu wenig um die Sache." Als Lanz wissen wollte, ob "das schon Wahlkampf' war, antwortete Dürr: "Sicherlich! Der Wahlkampf ist ein Stück weit eröffnet." Der FDP-Politiker beschwerte sich in dem Zusammenhang, dass in den letzten Tagen zu viel über "das Verhalten gestritten" wurde, statt darüber zu debattieren, "was sind die Konzepte der Parteien". Hier habe laut Dürr "zumindest Christian Lindner sehr klar eine Position bezogen" zu Themen wie der Schuldenbremse. Gerade deshalb wetterte Dürr in Richtung Scholz: "Manche Vorwürfe (...) des Bundeskanzlers nach dem Bruch der Koalition fand ich bemerkenswert!"

Ein Vorwurf, den SPD-Politiker Ralf Stegner nicht ganz teilen konnte. Er sagte stattdessen: "Die Emotionen finde ich richtig! Das sind Menschen, die da handeln. Die müssen auch erklären, was sie tun." Stegner redete sich weiter in Rage, als er die Verdienste der Ampel hervorhob und erklärte, dass selbst im vergangenen Jahr "eine Menge gemacht" wurde: "Jetzt so zu tun, das sei so eine miserable Regierung gewesen, das ist (...) falsch. Sie ist entgleist, das kann man (...) wirklich sagen. Aber große Teile waren sehr vernünftig."

Der SPD-Mann ergänzte streng, dass Demokraten in einer Demokratie auch miteinander "deutlich streiten" müssten. Wenn dabei der "Respekt voreinander" gewahrt werde, "dann werden übrigens die Ränder auch schwächer". Markus Lanz reagierte irritiert: "Sie sprechen sich jetzt echt frei!" Auch Journalist Martin Machowecz konterte, dass ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland die Leistung der Regierung "ein bisschen anders" sehe, denn: "Noch nie waren die Leute so unzufrieden mit einer Regierungskoalition." Machowecz kritisierte dabei "die Erfolgsbilanz der Ampel" und sagte, dass alleine die Debatte ums Bürgergeld der SPD "viel mehr geschadet als genützt" habe. Hinzu kämen laut Machowecz die "bisher total mangelhaften Erfolge bei der Aufrüstung der Bundeswehr" sowie das fehlende Wirtschaftswachstum.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Nicht nur Martin Machowecz, auch Markus Lanz wetterte gegen die Leistungsbilanz der Ampel und stellte Schlagwörter wie "Ukraine, Migration und Abschiebungen" in den Raum. SPD-Politiker Ralf Stegner reagierte darauf genervt: "Aber mit Verlaub, wenn ich das mal andersrum spielen darf!" Stegner merkte an, dass die Regierung aufgrund des Krieges in der Ukraine und im Nahen Osten vor Herausforderungen stand "wie kaum eine in der Nachkriegszeit".

Stegner wetterte weiter: "Das mit der Energieversorgung hinzubekommen ohne, dass die Leute frieren, ohne, dass wir Massenarbeitslosigkeit haben und die Industrie zusammenbricht das hinzukriegen, das war alleine schon (...) eine Großtat!" Laut dem SPD-Mann sei Deutschland zudem "der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den USA".

Ein Argument, das Markus Lanz sichtlich wütend machte: "Herr Stegner, warum sagen Sie sowas?" Der Politiker antwortete ruhig: Er finde, "dass die Regierung ordentliche Arbeit geleistet hat". Markus Lanz ließ jedoch nicht locker und machte darauf aufmerksam, dass Olaf Scholz vor Kurzem erklärt hatte, dass Deutschland 30 Milliarden an Militärhilfen für die Ukraine ausgebe allerdings ließ er dabei außen vor, dass dies bis 2030 geplant sei. "Reine Militärhilfen für die Ukraine bis heute (...) sind genau sieben Milliarden. Das war's!", so Lanz. "Sie wählen einen anderen Parameter als ich! Kein Land leistet mehr Hilfe, was Luftrettung angeht", konterte Stegner wütend. Er ergänzte, dass man "über Meinung streiten" könne, aber nicht so tun dürfe, "als ob das, was Sie sagen, Fakten sind und bei mir seien das irgendwie keine Fakten".

Lanz stellte jedoch unbeirrt klar: "Das ist nicht in Ordnung, so zu argumentieren!" Auch Christian Dürr stellte sich entschieden gegen Stegner, als er sagte, dass die Ampel auseinandergebrochen sei, weil die Koalition "in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen fundamental unterschiedlicher Auffassung" gewesen war. Stattdessen habe Olaf Scholz fälschlicherweise "die Ukraine mit ins Feld geführt", als er behauptete, dass Christian Lindner gegen eine Lockerung der Schuldenbremse für die Ausweitung der Ukrainehilfe gestimmt habe.

Dürr stichelte weiter: "Was sich die Ukrainerinnen und Ukrainer und das Militär dort wünschen, ist unter anderem das Waffensystem Taurus. (...) Wenn die Lage so dramatisch ist (...), dann hätte man entscheiden müssen: 'Jetzt liefern wir auch dieses System'. Und da war Schweigen im Walde aufseiten der SPD, Herr Stegner! Und dann finde ich, kann man nicht, um die Schuldenbremse zu brechen, die Ukraine quasi als Alibi nehmen. Das ist nicht in Ordnung!" Ralf Stegner wehrte sich prompt mit den Worten: "Es war die FDP, die immer wieder Dinge, die wir vereinbart haben, infrage gestellt hat. Die Dinge, auf die wir uns geeinigt haben, nicht mehr gelten lassen wollte!" Als Dürr nach genauen Beispielen fragte, reagierte Stegner schwammig. Markus Lanz sagte daraufhin schmunzelnd: "Man versteht langsam, warum es da geknallt hat."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz hatte große Mühe, sowohl Ralf Stegner als auch Christian Dürr im Zaum zu halten, die sich immer wieder gegenseitig ins Wort fielen. Lanz musste immer wieder intervenieren, als Stegner beispielsweise behauptete, dass die FDP in die Rente eingreifen wolle: "Herr Stegner, warum machen Sie das? (...) Das ist nicht in Ordnung!"

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Mit Blick auf das eiserne Einhalten der Schuldenbremse stellte SPD-Politiker Ralf Stegner bei "Markus Lanz" klar, dass dies auf lange Sicht schädlich für das Land sei: "Was haben wir davon, wenn wir den Kindern und Enkeln keine Geldschulden vermachen, aber marode Infrastruktur, schlechte Bildung, mangelnde Digitalisierung?" In Richtung Christian Dürr fügte er hinzu: "Lieber Herr Dürr, wir hätten deutlich weniger Probleme und müssten nicht über Bürgergeld miteinander reden, wenn nicht so viele Leute ergänzende Hilfe bräuchten, weil ihre Löhne nicht ausreichen!" Christian Dürr warnte derweil, dass man die Schuldenbremse nicht "als so einen Lichtschalter" betrachten könne, den man "ein- und ausschaltet". Markus Lanz stellte daraufhin lachend klar: "Jetzt sind wir ganz hart im Wahlkampf!"  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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Teaserbild: © ZDF/Cornelia Lehmann