Bei "Hart aber Fair" ging es am Montag um die Rente. Juso-Chef Phillip Türmer und FDP-Politikerin Franziska Brandmann bekamen sich dabei beim Thema Aktienrente in die Haare, Investor Georg Kofler warnte vor einem "demografischen Tsunami". Für den Moment des Abends sorgte dann allerdings eine Rentnerin aus dem Publikum, die ihre Finanzen offenlegte.

Eine Kritik
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In der Ampel hat es wegen der Rente schon mehrmals geknallt: Die Bundesregierung will das Rentenniveau auf 48 Prozent halten, das verursacht Kosten in Milliardenhöhe. Schon jetzt steht fest, dass die Beiträge steigen werden. Bis zum Jahr 2045 soll das Niveau von 18,6 auf 22,3 Prozent steigen. Schultern müssen die steigenden Kosten vor allem junge Menschen.

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Das ist das Thema bei "Hart aber Fair"

Bei "Hart aber Fair" ging es am Montagabend um das Thema Rente. Louis Klamroth fragte: "Boomer-Rente: Verzockt die Politik die Zukunft der Jugend?" Dabei ging es nicht nur um die Frage, wer die Last in Zukunft schultern wird, sondern auch, wie das Rentensystem reformiert werden könnte. Immer wieder diskutierte die Runde auch, was im Zusammenhang mit der Rente "gerecht" wäre.

Das sind die Gäste

  • Sirkka Jendis: Die Geschäftsführerin der Tafel Deutschland sagte: "Etwa ein Viertel unserer Kundinnen und Kunden sind Renterinnen und Rentner. Mehr als 80 Prozent der Tafeln haben Wartelisten oder temporäre Aufnahmestopps und können nicht alle unterstützen, die zu ihnen kommen."
  • Franziska Brandmann (FDP): "Dieses umlagefinanzierte Rentensystem funktioniert so einfach nicht", meinte die FDP-Politikerin. Man müsse die Rente unbedingt reformieren und sich bei dem Thema ehrlich machen. Eine Stärkung sei durch eine Aktienrente nach schwedischem Vorbild denkbar.
  • Philipp Türmer (SPD): Der Juso-Chef meinte: "Diese Krise ist politisch gemacht." Häufig würden prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Kindererziehungszeiten, die nicht ausreichend angerechnet würden, zu Altersarmut führen. Die Löhne müssten daher steigen, es brauche mehr sozialbeitragspflichtige Beschäftigungen. Deshalb hätten die Jusos gegen die Agenda 2010 demonstriert, durch die der große Niedriglohnsektor erst entstanden sei.
  • Georg Kofler: "Die große Mehrheit der Rentner in Deutschland kommt gut über die Runden und kann gut leben", so der Investor und Unternehmer. Der Staat müsse aber seine Gier nach ständig neuen Steuereinnahmen bei den Rentnern bremsen, es komme ein "demografischer Tsunami" auf uns zu. "Wir werden Beitragssteigerungen haben müssen", war er sich sicher. Das bedeute deutlich höhere Personalkosten für viele Arbeitgeber. "Wer hat dann noch Lust, hier zu investieren?", fragte er.
  • Hermann-Josef Tenhagen: "Die Zahl der überschuldeten Rentner hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht", so der Chefredakteur von "Finanztip". Vor allem Selbstständige würden im Alter bitter dastehen, wenn sie keine Beiträge eingezahlt hätten und ihre Selbstständigkeit gescheitert sei. "Die OECD sagt seit 20 Jahren: 'Was macht ihr denn da in Deutschland?'", sagte Tenhagen.
  • Heike Oeser: Die 60-Jährige empfand es als unfair, dass sie auf ihre künftige Rente Steuern zahlen muss. "Ich habe schon alles versteuert", argumentierte sie. Erst 2005 sei die Regel geändert worden, nicht aber für ihre vorher gezahlten Beiträge. Es handele sich daher um eine Doppelbesteuerung, die Abgabenlast sei zu hoch.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber Fair"

Still wurde es im Studio, als Klamroth sich zu Magdalini Wallraf ins Publikum setzte. Die Rentnerin, die 709 Euro Rente plus 437 Euro Grundsicherung bekommt, sagte: "Wenn ich die Fixkosten abziehe, bleiben nur 280 Euro. Ich werde meinen Enkelkindern nichts zu Weihnachten und Geburtstag schenken können."

Ihr sei nicht klar gewesen, dass so wenig Geld in der Rente bleibt. Sie sei Hausfrau gewesen und habe in Teilzeit gearbeitet und dadurch nie viel eingezahlt. "Ich muss überlegen, was ich kaufe, wo ich es kaufe. Ich finde es menschenunwürdig, dass man mit 66 arm ist und dann zur Tafel gehen muss."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Juso-Chef Türmer und FDP-Politikerin Brandmann rasselten bei der Frage des Rentensystems aneinander. Türmer schoss gegen die Aktienrente: "In der Vergangenheit sind bei Produktivitätswachstum nur die höchsten Einkommen gestiegen, die mittleren und niedrigen Einkommen sind stagniert. Die Reichsten sind immer reicher geworden. In dieser Welt ist die Aktienrente besser."

Er wolle das aber umkehren, die Löhne müssten steigen. "Dann ist die gesetzliche Rente zukunftsfester und ich will nicht, dass mit Beitragsmitteln spekuliert wird", so der Juso-Chef. Brandmann verteidigte: "Du machst hier gerade eine Verteilungsfrage auf. Es ist eine Frage des Rentensystems. Und das funktioniert, so wie es aktuell ist, nicht." In der Welt des "Heute" sei es wichtig, alle Menschen am Aktienmarkt zu beteiligen. Kofler kommentierte nur: "Diese Kampfparolen langweilen mich"

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Louis Klamroth machte eine gute Figur. Die Zusammensetzung der Runde war gut konzipiert, besonders Türmer und Brandmann brachte der Moderator mit seinen Fragen immer wieder dazu, aneinander zu rasseln. Es war aufschlussreich, dass Klamroth fragte, wessen Schuld die derzeitige Situation armer Rentner ist und welche Mitschuld die SPD daran trägt.

Allerdings hätte er noch einen Schritt weitergehen dürfen und fragen müssen: Wo kann konkret mehr Geld für das Rentensystem herkommen? Denn mit der Antwort "Aktienrente" war es schließlich nicht getan, das wusste selbst FDP-Frau Brandmann.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber Fair"

Die Frage "Ist die Rente sicher?" beantwortete Türmer nichtssagend diplomatisch. "Die Rente ist dann sicher, wenn wir uns darum kümmern, dass sie sicher bleibt", meinte er. Deutlich wurde in der Sendung aber, dass das Rententhema im Kontext vieler anderer Aspekte betrachtet werden muss: Stichworte waren Lohnpolitik, Schuldenbremse, aber auch Potenziale durch Frauenerwerbstätigkeit und Migration.

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