Das Durchschnittsalter der Deutschen dürfte schon bald bei etwa 55 bis 65 Jahren liegen. Bei "Markus Lanz" beleuchtete Soziologe Stefan Schulz die Hintergründe für die niedrige Geburtenrate im Land. Dabei geriet er verbal mit Wirtschaftsjournalist Rainer Hank aneinander.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Geburtenrate in Deutschland ist so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Bei "Markus Lanz" nannte Soziologe Stefan Schulz die möglichen Gründe für das Phänomen, während er sich ein hitziges Wortgefecht mit Wirtschaftsjournalist Rainer Hank lieferte.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Im internationalen Vergleich gehört die deutsche Gesellschaft zu den ältesten. In den nächsten 13 Jahren werden rund 18 Millionen Arbeitnehmer der sogenannten "Babyboomer"-Generation in Rente gehen. Zeitgleich sollen jedoch nur elf Millionen neue Volljährige nachkommen.

Grund genug für die EU-Kommission, Alarm zu schlagen, denn nicht nur viele Firmen, sondern ganz Europa soll durch den demografischen Wandel vor großen Herausforderungen stehen. Über den Rückgang der Geburtenrate und dessen Ursache sprach Markus Lanz am Mittwochabend mit seinen Gästen.

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Das sind die Gäste

  • Johannes Winkel, Politiker: "Wir brauchen so viel Geld für Investitionen in die Zukunft, aber der größte Brocken im Haushalt geht in die Vergangenheit."
  • Vanessa Vu, Journalistin: "Wir werden schon in wenigen Jahren eines Morgens aufwachen und unsere deutsche Welt wird eine vollkommen andere sein."
  • Stefan Schulz, Soziologe: "Früher hat man Kinder als Vorsorge bekommen, jetzt behindern sie einen."
  • Rainer Hank, Wirtschaftsjournalist: "Was ist eigentlich schlimm daran, wenn wir weniger werden?"

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Dass in den nächsten Jahren rund sieben Millionen arbeitsfähige Menschen in Deutschland fehlen werden, alarmierte nicht nur Markus Lanz. Auch Soziologe Stefan Schulz warnte: "Die Alten haben einen Rentenanspruch, aber wir haben kein Geld, das irgendwo rumliegt, um diesem Anspruch zu genügen." Stattdessen gebe es in Deutschland lediglich "ein Umlagesystem", was bedeute, dass manchmal "nur eine Woche zwischen 'Wir zahlen ein, die Rentner kriegen raus'" liege. Der ZDF-Moderator reagierte schockiert: "Das ist irre! Das wusste ich nicht! Wir verdienen im Januar Geld und im Februar hat's der Rentner auf dem Konto?"

Schulz nickte und erklärte, dass der Rentenanspruch jedes Jahr erwirtschaftet werden müsse. Gleichzeitig gebe es ein Problem in der Politik, denn: "Wir haben demnächst Bundesländer, in denen gibt's mehr Wähler mit Pflegestufe als Wähler unter 30." Ein Satz, der bei Markus Lanz erneut für Erstaunen sorgte: "Das ist ein böser Satz!" Der Soziologe ließ sich davon jedoch nicht beirren und erklärte weiter, dass diese "Schieflagen" in der Demografie durchaus auch die Demokratie "schachmatt" setzen könnten.

Dem musste Johannes Winkel zustimmen, der ebenfalls warnte: "Man muss aufpassen, dass das demografische Problem nicht irgendwann zum demokratischen Problem wird." Lanz wollte daraufhin wissen: "Wird Politik für alte Leute gemacht?" Der Politiker der "Jungen Union" antwortete prompt: "Ja, natürlich!" Er ergänzte nachdenklich: "Offensichtlich ist es eine Frage für die Politik, wie setze ich die Prioritäten. Und ich habe das Gefühl, dass die Prioritäten jedenfalls nicht bei der jungen Generation gelegt werden. Und das ist ein Riesen-Problem."

Deutschlands Demografie in 100 Sekunden erklärt

Bis zum Jahr 2040 wird die Zahl der Rentenempfänger in Deutschland enorm ansteigen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Arbeitenden. Das kann für die Bundesrepublik Deutschland zu einem großen Problem werden. Wir erklären Ihnen, warum. (Foto: iStock-RainStar)
An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Auch die Rente ab 63 kritisierte der 32-jährige Politiker mit den harschen Worten: "In einer Gesellschaft, wo wir zu wenig Beitragszahler haben, ist es natürlich ein absoluter Wahnsinn. Gerade wenn die Menschen auch älter werden, gesünder werden (...), ist es natürlich ein Irrsinn, von der Politik heraus den Anreiz zu setzen und zu sagen: Wir nehmen jetzt ganze Jahrgänge so viele Jahre früher aus dem System heraus."

Dem stimmte auch Rainer Hank zu und merkte an: "Man kann doch nicht 50 Jahre lang nur Kreuzfahrtschiffsreisen machen!" Der Wirtschaftsjournalist plädierte daher für "eine Form der Sinnfindung in der Arbeit" sowie "eine schrittweise Verlängerung der Arbeitszeit".

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Als es um die niedrige Geburtenrate in Deutschland ging, stellte Rainer Hank nüchtern fest: "In allen reichen Industrienationen geht die Geburtenrate zurück, was erstmal ja ein bisschen überraschend ist, weil intuitiv könnte man ja denken: Wenn es den Menschen besser geht, dann sind sie optimistischer und das geben sie auch den Nachkommen weiter."

Dem konnte Stefan Schulz nicht ganz zustimmen und erklärte, dass teure Lebenshaltungskosten dazu führen würden, dass "der Kinderwunsch (...) aus ökonomischen Gründen relativ weit nach hinten geschoben" werde. Laut dem Soziologen müsse nicht nur die Frage "mit dem Wohnen", sondern auch "mit dem Arbeiten" geklärt werden, um sich den Kinderwunsch überhaupt leisten zu können. Er ergänzte: "Früher hat man Kinder als Vorsorge bekommen, jetzt behindern sie einen."

Rainer Hank konterte fassungslos: "Das kann ja nicht sein! Wenn wir immer reicher werden, wenn es uns immer besser geht, dann kann doch jetzt nicht umgekehrt (...) die Tatsache, dass wir weniger Geld zur Verfügung haben, der Grund sein." Schulz reagierte prompt: "Wir werden ja nicht reicher!"

Ein Argument, das Hank sichtlich wütend machte: "Wir werden natürlich reicher (...). Noch nie ist es uns so gut gegangen wie zurzeit." Der Soziologe zeigte sich jedoch wenig überzeugt und erklärte, dass wir "nur kollektiv, nicht individuell" reicher werden. Wirtschaftsjournalist Rainer Hank schoss zurück: "Das heißt doch, alle werden reicher!"

Er ergänzte verärgert: "Seit 20 Jahren ist die Politik dabei, die Kinder zu fördern, mit allen Möglichkeiten. Kindergeld, Kinderfreibetrag, Erziehungszeiten. (...) Die Ausgaben, die wir auch staatlich (...) für die Kinder ausgeben, die sind gestiegen innerhalb von 30 Jahren." Stefan Schulz konterte darauf: "Aber nicht so steil wie die Wohnkosten!"

Eine Spitze, die Hank wütend machte: "Die Wohnkosten sind in den Städten natürlich gestiegen, weil dort alle Leute hinwollen!" Schulz antwortete darauf selbstbewusst, dass "doch vor allem die Jüngeren" in die Städte ziehen würden. Auf das Argument reagierte Rainer Hank beleidigt: "Aber das ist doch kein Grund, keine Kinder zu kriegen!"

Als Stefan Schulz mit einem knappen "Das sagen Sie so leicht" zurückfeuerte, stellte Hank mit lauter Stimme fest: "Das ist eine steile These, aber das können Sie wirklich nicht ernsthaft sagen!" Daraufhin sprang Journalistin Vanessa Vu dem Soziologen zur Seite und gab zu: "Es sind einfach andere Verhältnisse als damals."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz führte durch eine abwechslungsreiche und gleichzeitig sehr informative Sendung, in der nicht nur über die Ursachen der Geburtenrate, sondern auch über die alternde Gesellschaft in Deutschland debattiert wurde.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Trotz der älter werdenden Gesellschaft stellte Rainer Hank bei "Markus Lanz" klar, dass er keine "Demografie-Panik" verspüre: "Dann werden Volkswirtschaften weniger Reichtum produzieren. Damit müssen sie leben. (...) Das führt uns nicht in die Verarmung." Eine Aussage, die Johannes Winkel stutzig machte: "Sie sehen es ein bisschen zu entspannt." Markus Lanz reagierte derweil lachend: "Das ist interessant, dass einem älteren Menschen in der Runde zu viel Optimismus vorgeworfen wird."

Hank blieb derweil weiter optimistisch und stellte fest: "Es ist doch ein Glück und ein großer Erfolg, dass wir älter geworden sind. Die Lebenserwartung ist gestiegen. (...) Das ist ja nicht so, dass das ein Siechtum ist, sondern die Menschen leben mit 80 heute so, wie sie mit 70 noch vor 20 Jahren gelebt haben."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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