CDU-Chef Friedrich Merz steht für seine Pläne für neue Rekordschulden in der Kritik. Erstaunlich offen äußerte bei Sandra Maischberger ein SPD-Politiker seine Vorbehalte gegenüber dem wahrscheinlich nächsten Bundeskanzler. Auch Kabarettist Urban Priol teilte gegen Merz aus.
Das Thema der Runde
Der Deutsche Bundestag hat mit Stimmen von Union, SPD und Bündnis 90/Die Grünen entschieden, die Schuldenbremse zu reformieren. Damit kann die kommende Bundesregierung Kredite in bislang nie dagewesener Höhe aufnehmen – wie 500 Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte. Und das mit dem wohl nächsten Bundeskanzler Friedrich Merz, der vor der Wahl noch für eine Politik ohne neue Schulden geworben hatte.
Die Gäste bei "Maischberger"
Ralf Stegner : Der SPD-Politiker verwies auf die USA und die riesigen Investitionen in Infrastruktur, die dort getätigt wurden, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Konjunktur zu stärken. "Wenn wir vernünftig investieren, dann wird sich das am Ende auszahlen", ist Stegner überzeugt.Christian Dürr : Der FDP-Fraktionschef warnte davor, dass in den kommenden Jahren im Haushalt 80 Milliarden Euro jährlich für neue Zinsschulden aufgewandt werden müssen. "Der Eindruck, das ist folgenlos, den muss man hinterfragen." Dürr hat Sorge, dass vom Sondervermögen für Infrastruktur und den Geldern für Rüstungsausgaben am Ende nicht wirklich viel für Verteidigung und Infrastruktur ausgegeben wird.Urban Priol : Der Kabarettist findet es lustig, dass ausgerechnet die Grünen Friedrich Merz mit ihrer Zustimmung zur Reform der Schuldenbremse "den Arsch gerettet haben". Und das nach dem Populismus der Union gegenüber der Öko-Partei in den letzten Monaten. "Es war schon schäbig, was da abging."- Sarah Frühauf: Die Korrespondentin im ARD-Studio Berlin war sich sicher, dass viele CDU-Abgeordnete vor der Abstimmung über die Schuldenbremse eine schlaflose Nacht hatten. Denn die Entscheidung ist ihren politischen Überzeugungen eigentlich zuwider.
Paul Ronzheimer : Der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur versteht die Kritik anFriedrich Merz' Wandel bei der Reform der Schuldenbremse nicht. Er müsse Politik machen, "er muss was hinkriegen". Ronzheimer sieht Merz beim Geldausgeben eher auf Kurs Merkel-CDU. "Viele sagen: Wenn er bei der Migration nicht viel härter ist als Angela Merkel, dann wird es ganz eng von Anfang an."

Der Special Guest
- Thomas de Maizière: Der ehemalige Innen- und Verteidigungsminister verteidigt die Reform der Schuldenbremse: "Diese neue Lage verlangt große Entscheidungen", sagte er nach der Bundestagsabstimmung. "Und das war heute so eine." Allerdings müssten die Ausgaben für Aufrüstung, die deutlich steigen sollen, klug erfolgen. Deutschland dürfe nicht nur das "Geld raushauen", warnte de Maizière.
Das Wortgefecht des Abends
Neue Schulden machen oder Schulden um jeden Preis verhindern? Für FDP-Mann Christian Dürr ist die Antwort klar. "Es ist nicht gerecht, den Kindern das zu überlassen, damit eine Koalition funktioniert", kritisierte er. Ralf Stegner regte sich darüber auf, dass der SPD vorgeworfen wird, sie wolle mit den Milliarden nur Wahlgeschenke realisieren. "Ich finde das Wort Wahlgeschenke nicht angebracht." Alle Parteien hätten mit ihren Ideen geworben. "Das sind keine Wahlgeschenke." Und direkt an Dürr gerichtet spottete er: "Wenn ich Steuererleichterungen für die Superreichen mache, dann sind das keine Wahlgeschenke? Dann ist das Wirtschaftsförderung?"
Die beiden kamen nicht auf einen grünen Zweig. Dürr betonte, dass er nichts gegen Investitionen in Infrastruktur habe. "Mein Problem ist: Wir haben einen Staat, der immer größer wird. Wir verzichten wahrscheinlich in den nächsten Jahren auf Strukturreformen, weil jetzt genug Geld da ist zum Regieren." Stegner verneinte das, konnte aber die Vermutung auch nicht aus der Welt schaffen, dass die XXL-Schulden den Reformeifer tatsächlich lähmen könnten.
Die Offenbarung des Abends
Wie steht Ralf Stegner, einer der Parteilinken der SPD, zum möglichen neuen Kanzler Friedrich Merz, der die Koordinaten der CDU wieder ein Stück weit nach rechts verschoben hat? "Ob wir ihn wählen, hängt davon ab, wie die Koalitionsverhandlungen ausgehen. Dass sich meine Begeisterung in Grenzen hält, wird man vielleicht auch nachvollziehen können", antwortete Stegner auf
Der Erkenntnisgewinn
Für Christian Dürr ist die Koalition aus Union und SPD keine Große Koalition, sondern eine "Schuldenkoalition". Ob die Merz-Rechnung für Deutschland aufgeht und die Konjunktur wieder in Schwung kommt, daran hat Dürr große Zweifel. Dass Merz – wenn auch aus anderen Gründen – selbst in der SPD auf erhebliche Bedenken stößt, wie Stegner offenbarte, ist kein gutes Omen für die neue Regierung.