Hat Deutschland mittlerweile seine Belastungsgrenze erreicht? Bei "Markus Lanz" schilderte Polizeigewerkschafter Lars Wendland am Dienstagabend, wie die weiter steigenden Flüchtlingszahlen mittlerweile die Polizei an den Rand der Verzweiflung bringen. Aber auch die Kommunen seien am Limit.
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Seit Monaten dreht sich die politische Debatte um die Flüchtlingskrise sowie die geplante Reform des Asylsystems. Während sich Städte und Kommunen von der Regierung im Stich gelassen fühlen, nimmt der Höhenflug der AfD immer weiter zu. Bei "Markus Lanz" warnte nicht nur Polizeigewerkschafter Lars Wendland deshalb vor den Gefahren der weiter steigenden Flüchtlingszahlen.
Das sind die Gäste
Marco Buschmann , Bundesjustizminister: "Wir müssen entschlossener die Schlepperkriminalität bekämpfen."- Rita Röhrl, Landrätin: "Was sich dringend verbessern muss, ist die Dauer von Asylverfahren."
Sascha Lobo , Autor: "Das Vertrauen in die demokratische Politik ist zerrüttet."- Lars Wendland, Polizeigewerkschafter: "Die Kolleginnen und Kollegen – die arbeiten am Limit."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Buschmann konterte, dass sich die Regierung "jetzt dafür einsetzen" wolle, dass "möglichst viele Asylverfahren schon an den Außengrenzen" durchgeführt werden. Laut des FDP-Mannes solle so garantiert werden, dass diejenigen, die kein Recht haben, in Deutschland zu sein, "hier erst gar nicht hinkommen". Buschmann ergänzte: "Wir haben zu viele Menschen, um die wir uns kümmern müssen. Und deshalb müssen wir die Zahl dieser Menschen reduzieren, weil sonst die Kommunen zusammenbrechen."
Landrätin Rita Röhrl aus dem niederbayerischen Landkreis Regen warnte in dem Zusammenhang: "Wir haben ein hohes Gut zu schützen. Das ist für mich das Recht auf Asyl." Um jedoch für eine "allgemeine Akzeptanz" zu sorgen, müsse laut der SPD-Politikerin ein Missbrauch unbedingt verhindert werden. Sie plädiere deshalb – wie Buschmann auch – für reine Sachleistungen und würde "schlicht und ergreifend die Bargeldzahlungen einstellen". Schließlich bekäme ein Asylsuchender Unterkunft, Verpflegung – "und das war es. Solange, bis er seiner Mitwirkungspflicht genügt. Wir können uns doch nicht auf der Nase herumtanzen lassen von Menschen, die unser Recht auf Asyl ausnutzen."
Marco Buschmann stimmte zu und erklärte, dass zwar seit zehn Jahren über Rückführungsabkommen gesprochen werde, sich jedoch erst jetzt etwas in dem Bereich tue. Lanz konterte unbeeindruckt: "Das System ist kaputt." Marco Buschmann fügte verhalten hinzu: "Das System schafft es nicht, die Menge zu verarbeiten."
Beim Thema Außengrenzen schaltete sich auch Lars Wendland ein, der in der Polizeigewerkschaft für Rückführungen und Abschiebungen zuständig ist. Er stellte zunächst ernst klar: "Die Kolleginnen und Kollegen – die arbeiten am Limit." Zudem seien der Polizei an der Grenze die Hände gebunden, wie Wendland erklärte: "90, 95 Prozent sagen 'Asyl' und dementsprechend muss ich sie aufnehmen. Ich kann nicht am Schlagbaum sagen: So, du bleibst jetzt draußen."
Marco Buschmann merkte daraufhin an, dass es nun mal zum "europäischen Recht" gehöre, dass man an den deutschen Grenzen "nicht einfach zurückweisen" dürfe. Wendland zeigte sich davon unbeeindruckt und plädierte stattdessen für "flexible Kontrollen" und "Schleierfahndungen". Der Polizeigewerkschafter warnte weiter: "Anders ist das auch nicht handlebar. Wir sind mit dem Personal am Limit."
Lanz erläuterte schockiert, dass die Polizei von einigen Politikern sogar spöttisch als "uniformiertes Begrüßungskomitee" oder "Edeltaxi zum Asylzentrum" bezeichnet werde. Ein Unding für Wendland: "Mich macht das wahnsinnig wütend, wenn so über die Polizei gesprochen wird." Auch Lanz musste zugeben: "Das ist doch die frustrierendste Arbeit, die du dir vorstellen kannst."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Ähnlich hitzig ging es zu, als Lanz dem FDP-Politiker Marco Buschmann klare Lösungsansätze in der Flüchtlingskrise zu entlocken versuchte. Als der Bundesjustizminister verdeutlichte, dass zunächst dafür gesorgt werden müsse, "dass Leute nicht unkontrolliert auf den Kontinent kommen", hakte Lanz nach: "Konkret – was heißt das?" Buschmann reagierte genervt: "Wenn Sie auf dem Mittelmeer patrouillieren wollen, brauchen Sie Schiffe."
Zudem müssten sich die Flüchtlinge laut Buschmann "einer Prüfungsprozedur" unterziehen. Lanz unterbrach ihn mit kritischem Blick: "Auf dem Schiff schon?" Buschmann kam daraufhin ins Straucheln und sagte: "Das wird sicherlich zum Teil auch in Camps und Einrichtungen stattfinden müssen." Eine Steilvorlage für Lanz, der weiter stichelte: "In Europa?" Buschmann antwortete patzig: "Naja, wir können die Menschen nicht im Mittelmeer ertrinken lassen!" Er ergänzte, dass es nicht "die eine Zauberlösung" gebe und "sogenannte Rückführungsabkommen" geschlossen werden müssten. "Wir müssen Menschen, die kein Recht haben, in Deutschland zu sein, schneller auch in die Länder zurückbringen können, die für sie verantwortlich sind."
Lanz stellte jedoch fest: "Das funktioniert so im Moment alles nicht. Die Debatte ist wahnsinnig vergiftet." Auch Rita Röhrl merkte an: "Man kann ja nicht mehr offen diskutieren, (…) weil man sofort in eine Ecke gestellt wird, wo sich keiner von uns gerne wiederfinden möchte."
Autor Sascha Lobo kritisierte in dem Zusammenhang vor allem die Bundesregierung und erklärte mit Blick auf Buschmann, dass ihm "eine Klarheit in der Benennung" der Probleme und Lösungen fehle. Lobo wetterte weiter, dass "das Thema Migration" einen großen Anteil an der steigenden "Vertrauenskrise" in der Bevölkerung habe. "Das Kernproblem ist aus meiner Sicht in ganz vielen Bereichen die Kommunikation", so Lobo. Der Autor kritisierte auch die deutsche Bürokratie und stichelte weiter in Richtung Buschmann: "Geändert hat er sie bis jetzt auch nicht!"
Der Bundesjustizminister wollte dies nicht unkommentiert lassen und konterte abschließend: "Für's Ausländer- und Asylrecht bin ich jetzt auch nicht das federführende Haus."
Deutschland müsse jedoch "entschlossener die Schlepperkriminalität bekämpfen". Es gebe "geschlossene Finanzierungskreise, wo der deutsche Steuerzahler die Schlepper bezahlt", führte Buschmann aus und erklärte das so: "In der Heimat sammelt die Familie oder die Dorfgemeinschaft Geld. Davon werden Schlepper bezahlt. Die Schlepper bringen die Menschen illegal nach Deutschland […] Die Leute bekommen hier Bargeld, obwohl das Gesetz eigentlich Sachleistungen vorsieht. Davon knapsen sie sich dann Geld ab, das wird in die Heimat überwiesen.
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz nahm sich am Dienstagabend vor allem FDP-Politiker Marco Buschmann zur Brust und wollte mit ihm die genauen Lösungsansätze zur Bekämpfung der Flüchtlingskrise erarbeiten. Mit drängenden und stichelnden Fragen gelang es dem ZDF-Moderator dabei mehrmals, den Bundesjustizminister ins Straucheln zu bringen.
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Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Die Flüchtlingskrise stellt die Europäische Union und deren Bevölkerung vor große Herausforderungen. Bei "Markus Lanz" forderte Polizeigewerkschafter Lars Wendland deshalb, dass sich vor allem an den Grenzen dringend etwas ändern müsse, denn "das, was die Kollegen da sehen tagtäglich (…) die sind am Limit, die sind über dem Limit." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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