Bei "Hart aber fair" ging es am Montag (2. Dezember) um Hass und Gewalt gegen Frauen und die Frage, wie sich die Situation verbessern kann. Dabei erklärte ein Experte, welches Frauenbild besonders gefährlich ist. Eine Juristin schockierte derweil mit einer Zahl zu Vergewaltigungen und eine Betroffene von häuslicher Gewalt machte an einer Stelle deutlich: "Ihren Input in Ehren, aber... "

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Aufhänger bei "Hart aber fair": Rot-Grün hat ein Gewalthilfegesetz beschlossen. Damit will die Bundesregierung unter anderem mehr Frauenhausplätze und Beratungsangebote sichern. Betroffene sollen zum Beispiel künftig bundesweit Hilfeeinrichtungen aufsuchen und Leistungen in Anspruch nehmen können, egal, aus welcher Kommune oder welchem Bundesland sie kommen.

Mehr aktuelle News

Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Alle drei Minuten wird eine Frau Opfer von häuslicher Gewalt und im vergangenen Jahr wurden 360 Frauen getötet, weil sie Frauen waren. Moderator Louis Klamroth überschrieb seine Sendung mit der Frage: "Hass und Gewalt gegen Frauen – Ist Empörung genug?" Darin ging es um Gewaltprävention und -schutz, negative Männlichkeitsbilder und die Rolle der AfD.

Das sind die Gäste

  • Ricarda Lang (Grüne): "Was mir extrem Sorge macht, ist, dass Hassnachrichten gar nicht mehr nur Frauen aus der ersten und zweiten Reihe der Politik treffen. Es wird mir zunehmend auch von Frauen aus der Kommunalpolitik erzählt", so die ehemalige Grünen-Vorsitzende.
  • Dorothee Bär (CSU): "Wir haben einen Rückgang bei Bürgermeisterinnen und Landrätinnen in Deutschland. Die Frauen sagen oft: 'Das will ich meiner Familie nicht antun'", berichtete die CSU-Politikerin. Man müsste sich stärker juristisch zur Wehr setzen, um ein Exempel zu statuieren.
  • Collien Ulmen-Fernandes: "Es ärgert mich, dass der Hass im Netz als Instrument funktioniert, jemanden mundtot zu machen. Auch ich habe mir schon gedacht: 'Ich bleibe bei der nächsten Talkshow lieber zuhause, anstatt mich noch einmal gegen die AfD zu positionieren'", so die Moderatorin.
  • Frauke Rostalski: Die Rechtswissenschaftlerin sagte: "Wir haben ein Strafverfolgungs-Defizit. Die Gesetze, die wir haben, müssen stärker umgesetzt werden." Sie nannte eine schockierende Zahl: "Vergewaltigungen wurden in 90 Prozent im unteren Drittel des Strafrahmens verfolgt. 99 Prozent der Freiheitsstrafen sind zur Bewährung ausgesetzt worden." Die richterliche Praxis sei "überhaupt nicht nachvollziehbar".
  • Fikri Anil Altintas: Der Autor meinte: "Wir leben in einem Land, das Gewalt gegenüber Frauen normalisiert hat. Gleichzeitig haben wir Männer uns an eine Schweigekultur gewöhnt, wir nehmen uns selbst nicht in die Verantwortung." Man müsse die "antifeministische Gegenrevolution" im Netz ernster nehmen. Später betonte er: "Die Scham muss die Seite wechseln."
  • Romy Stangl: "Gewalt geht nicht erst beim ersten Schlag los, sondern viel früher. Es gibt viele Formen von Gewalt", so die Betroffene. In den Debatten würden oft die falschen Fragen an Frauen gerichtet: "Warum bist du nicht gegangen? Was hatte sie an?". Man müsse vielmehr fragen, warum Männer so etwas tun dürften.
Ricarda Lang
Ricarda Lang zeigt sich angesichts der vielen Hassnachrichten gegen Politikerinnen besorgt. © WDR/Dirk Borm

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Autor Fikri Anil Altintas leitete ein: "Das ist eine Zahl, die wir immer wieder vergessen." Laut der Leipziger Autoritarismus-Studie habe in Deutschland jeder dritte Mann ein geschlossen antifeministisches und sexistisches Weltbild.

Fikri Anil Altintas
Fikri Anil Altintas fand in der "Hart aber fair"-Sendung deutliche Worte. © WDR/Dirk Borm

"Wir wissen aus den Studien, dass Misogynie und Sexismus den ideologischen Kern von Antifeminismus bilden. Wir können uns als Demokratie nicht mehr leisten, mit diesen jungen Männern nicht mehr zu arbeiten. Das sind die Rechtsextremen von morgen", warnte er.

Das ist das Rede-Duell des Abends

CSU-Politikerin Bär sprach über fehlende Frauenhaus-Plätze. Die Finanzierung spiele eine große Rolle, die derzeit nicht gesichert sei. "Der Bund muss sich miteinbringen, momentan zahlen die Länder und die Kommunen", forderte Bär. Neben der Finanzierung müsse man darüber sprechen, wie man Frauen besser schützen könne. Dafür sollte man auch über Fußfesseln für gewaltbereite Ex-Partner nachdenken.

Dorothee Bär von der CSU.
Dorothee Bär von der CSU. © WDR/Dirk Borm

"Ihren Input in Ehren, aber wir wissen nicht erst seit heute, wie die Zahlen sind", meldete sich Stangl zu Wort. Der Gewaltschutz für Frauen sei sehr wichtig. "Aber die Investition in die Täterintervention muss viel mehr an finanziellem Volumen und Ressourcen bekommen", forderte sie.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth machte das Thema und die Perspektive sehr breit: Er fragte nach Bewältigungsstrategien, wenn man Hass erlebt, ebenso wie nach der Erziehung von kleinen Jungen und Männlichkeitsbildern in unserer Gesellschaft. Zu kurz waren aber die letzten fünf Minuten, in denen er das Männer- und Frauenbild der AfD ansprach. Hier hätten die Gäste noch viel zu sagen gehabt – nächstes Mal das Fass entweder nicht aufmachen oder mehr Raum geben.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Die Runde war sich einig: Gewalt gegen Frauen ist kein "Frauenthema", mit dem sich nur Politikerinnen beschäftigen sollten. Auch die Männer müssten Verantwortung übernehmen. Gemeinsamer Nenner war auch, dass Online-Plattformen stärker in die Pflicht genommen werden sollten und Richterinnen und Richter verpflichtende Fortbildungen machen müssen.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.