Seit Kriegsbeginn in Israel wächst die Sorge vor einem Flächenbrand im Nahen Osten. Bei "Markus Lanz" sprach der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter über einen möglichen Militäreinsatz der deutschen Bundeswehr. Gegenwind kam von Politologe Hasnain Kazim.
Der Krieg in Israel verschlimmert auch die Spannungen zwischen der westlichen und der muslimischen Welt. Bei "
Das war das Thema bei "Markus Lanz"
Mit jedem Tag, den die Angriffe der Hamas auf Israel und die Gegenschläge dauern, spitzt sich die Lage im und am Gazastreifen zu - erst recht, nachdem bei einer Explosion an einem Krankenhaus Dutzende Menschen gestorben sind. Markus Lanz debattierte mit seinen Gästen über den weiteren Kriegsverlauf und die möglichen Eskalationsstufen. Gleichzeitig warf der ZDF-Moderator einen Blick auf den steigenden Judenhass unter Muslimen in Deutschland.
Das waren die Gäste
- Michael Bewerunge, Journalist: "In Gaza ist die Situation sehr schlecht."
- Roderich Kiesewetter, CDU-Politiker: "Der Iran wird das Nuklearabkommen in dieser Situation nicht mehr weiter einhalten."
- Kristin Helberg, Journalistin und Nahost-Expertin: "Wir brauchen in diesem Konflikt einen Kompass der Menschlichkeit."
- Hasnain Kazim, Politologe: "Das hat Weltkriegspotenzial - mehr noch als der russische Angriff auf die Ukraine."
- Gerhard Conrad, Islamwissenschaftler: "Das, was wir jetzt sehen, hat eine andere Dimension."
Das war der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge zeigte sich mit Blick auf die geplante Bodenoffensive Israels skeptisch, da bisher noch keine "Exit-Strategie" aus dem Krieg zu erkennen sei. "Wie geht das weiter, wenn vielleicht die Hamas zerschlagen ist?", fragte der aus Israel zugeschaltete Journalist. Auch Kristin Helberg brachte in Bezug auf den weiteren Kriegsverlauf ihre Sorge zum Ausdruck und erklärte, dass man die Hamas zwar "militärisch in Gaza zerschlagen" könne, "aber das ist nicht das Ende der Hamas, denn die politische Führung sitzt sowieso außerhalb".
Laut Helberg gibt es im Gazastreifen noch andere Terrorgruppen, die "noch radikaler" seien. Der Terror werde deshalb immer weitergeführt - selbst wenn die Hamas zerschlagen werde. Was laut der Journalistin daher bekämpft werden müsse, "ist der Nährboden, auf dem die Hamas und andere Terrororganisationen gedeihen". Da sei vor allem das Gefühl, vom Westen im Stich gelassen zu werden. Das habe bei vielen Muslimen für tiefe Enttäuschung und wachsenden Hass gesorgt.
In Bezug auf den Gazastreifen ergänzte sie: "Wir haben uns lange etwas vorgemacht, indem wir dachten: Wenn wir da nur viel Geld reinschmeißen und die Leute humanitär irgendwie versorgen und Israel hat das militärisch im Griff, dann wird das schon irgendwie ruhig bleiben. Das ist der große Trugschluss!" Politologe Hasnain Kazim nickte und ergänzte, dass auch mit dem muslimischen Judenhass in Deutschland zu naiv umgegangen werde. "Das Thema muslimischer Antisemitismus ist ein großes Problem - weltweit und auch in Deutschland."
Der Hass auf Israel geht dem Politologen zufolge "bis in die hochgebildeten Schichten", da bereits Kleinkinder indoktriniert werden. Ihnen werde gesagt, dass Israel der Feind sei "und das plappern Vier-, Fünfjährige nach". Kazim stellte klar, dass er die vielen pro-palästinensischen Kundgebungen sowie die öffentliche Gewaltverherrlichung vieler Muslime auf Schärfste verurteilt: "Ich bin kein Islamkritiker - aber ich kritisiere sehr viel, was im Namen des Islam getan wird." Es gehe ihm nicht darum, "die Muslime an den Pranger zu stellen". Vielmehr müsse eine Lösung gefunden werden, sodass "Juden sich sicher fühlen", genauso wie "eine Frau mit Kopftuch".
Markus Lanz wollte daraufhin wissen, ob der Politologe wegen seiner Haltung bedroht werde. Hasnain Kazim antwortete: "Ich bekomme schon sehr viel Feindschaft (...). Ich bin kürzlich ein Mossad-U-Boot genannt worden." Zudem werde er auch als Hund bezeichnet: "Offensichtlich ist das eine Beleidigung."
Das war das Rede-Duell des Abends
Mit Blick auf einen drohenden Flächenbrand im Nahen Osten stellte CDU-Politiker Roderich Kiesewetter zunächst klar: "Es geht knallhart darum: Wer will Israel vernichten - und das ist der Iran, und es ist die Hisbollah, und es ist die Hamas. Und das ist eine ganz unheilige Achse, ein böses Dreieck."
Ob unter diesen Voraussetzungen ein Einsatz der Bundeswehr denkbar sei, wollte Markus Lanz wissen. Kiesewetter reagierte prompt: "Jetzt ist die Stunde der Bewährung. Israel fragt nicht Bundeswehrsoldaten an, fragt aber nach militärischer Unterstützung, die sie auch bekommt." Laut des CDU-Mannes gehe es bei der Staatsräson schließlich um "die Sicherheit der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger". Dies bedeute, dass Deutschland "innenpolitisch dafür sorgen" müsse, "dass hier das Existenzrecht Israels nicht nur nicht infrage gestellt" werde, "sondern dass jüdische Einrichtungen frei und (...) unbewacht hier ganz normal existieren können".
Kiesewetter ergänzte, dass die Staatsräson "kein Lippenbekenntnis" bleiben dürfe: "Außenpolitisch und sicherheitspolitisch bedeutet das: Wenn Israel uns um Hilfe bäte (...), dann dürfen wir uns dem nicht verwehren." Dabei ginge es in erster Linie um "Show of Force", also die örtliche "Präsenz als Verbündeter". Der CDU-Mann warnte deshalb: "Das wird uns die nächsten Jahre schwer bewegen mit ganz großen Herausforderungen bis hin zu weiteren Eskalationen."
Während Lanz sagte, dass es wichtig sei, klarzustellen, dass ein deutscher Militäreinsatz im Rahmen des Möglichen sei, brachte Hasnain Kazim seine Fassungslosigkeit zum Ausdruck. Er erklärte, dass in dem Fall "die Radikalisierung von bestimmten Gruppen noch mehr zunehmen" könne: "Das würde hier richtig krachen!" Des Weiteren warnte er: "Das ist ja fast schon der Schritt zum Weltkrieg!" Roderich Kiesewetter blieb trotzdem standhaft, denn "sonst ist die Staatsräson nichts wert". Es geht laut Kiesewetter "nicht um den Weltkrieg", sondern "darum, ihn zu verhindern. Das ist die Aufgabe Deutschlands - auch aufgrund unserer Geschichte".
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz überzeugte am Mittwochabend mit einer vielschichtigen Debatte. Besonders mit Hasnain Kazim und Roderich Kiesewetter konnte der ZDF-Moderator herausarbeiten, wie es um den muslimischen Antisemitismus in Deutschland steht und wie wahrscheinlich ein deutscher Militäreinsatz am Gazastreifen ist.
Das war das Fazit bei "Markus Lanz"
Roderich Kiesewetter mahnte, dass man trotz des Krieges in Israel nicht die Situation in der Ukraine vergessen dürfe, denn "der 7. Oktober, der Angriff der Hamas auf Israel, war der Geburtstag von Putin". Dies sei laut Kiesewetter "kein zufälliges Symbol". Der CDU-Mann warnte daher vor einer weiteren Eskalation: "Das sind Iran, China und Russland, die den Hebel in der Hand haben." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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