Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist derzeit schwierig: Die Mieten steigen seit Jahren und Wohnungen sind immer noch knapp. Auf dem Land sind die Mieten zwar niedrig, doch die Flucht aus der Stadt ist nicht für jeden eine Option. Die Politik sucht Antworten auf das Problem.

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Lange Schlangen bei der Wohnungsbesichtigung, umfängliche Bewerbungsmappen und freundliche Worte für den Makler: Gute Wohnungen sind vielerorts knapp und teuer, und wer eine will, muss sich ins Zeug legen. Die Bundesregierung hat das Problem erkannt und eine "Wohnraumoffensive" ausgerufen.

Beim Wohngipfel an diesem Freitag sollen Verbände und Politik gemeinsam beraten, am Vortag laden Gewerkschaften, Sozialverbände und Mieterbund zu einem Alternativ-Treffen. Die wichtigsten Fragen zum Thema.

Warum ist es auf dem Wohnungsmarkt so schwierig?

Das liegt daran, dass es regional eine riesige Nachfrage gibt - übrigens nicht nur in Ballungsräumen. In einem Drittel aller deutschen Kreise und kreisfreien Städte fehlt inzwischen Wohnraum, wie das Gutachterinstitut Prognos im Juni 2017 ermittelt hat.

Demnach ist die Situation in 138 von 402 Städten und Kreisen problematisch. Besonders angespannt war der Wohnungsmarkt in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.

Unter dem Strich gibt es übrigens sogar mehr Wohnungen als noch vor einigen Jahren: Während 2010 auf 1.000 Einwohner 495 Wohnungen kamen, waren es im vergangenen Jahr 12 Wohnungen mehr.

Gleichzeitig wird die Wohnung größer: Die durchschnittliche Fläche pro Person hat sich in sieben Jahren um 1,5 Quadratmeter erhöht.

Wie entwickeln sich die Mieten in Deutschland?

Nach oben: 2017 sind die Mieten bei Neuverträgen um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen - damit hat sich der Preisanstieg gegenüber dem Jahr 2016 leicht abgebremst (von 4,9 Prozent).

Im Durchschnitt bezahlten Mieter 7,99 Euro pro Quadratmeter, wie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BSSR) ermittelt hat. Ausgewertet wurden allerdings nicht die schwer zu ermittelnden tatsächlichen Mietpreise, sondern Angebotsmieten, also Preise, die Vermieter bei Inseraten verlangen.

Wo kostet die Miete am meisten?

Die teuersten Wohnungen wurden mit durchschnittlich 16,65 Euro pro Quadratmeter in München inseriert. Auf Platz zwei folgten Frankfurt am Main (13,09 Euro) und Stuttgart (12,62 Euro).

Wer eine günstige Wohnung sucht, muss raus aufs Land: In den Landkreisen Wunsiedel (Bayern), Vogtlandkreis (Sachsen), Holzminden und Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen) wurden Wohnungen für weniger als 4,50 Euro pro Quadratmeter angeboten.

Ziehen die Leute aufs Land?

Sie würden wohl gerne. "Wenn die Deutschen unabhängig von ihrer finanziellen Situation die Wahl hätten, würden sie mehrheitlich am liebsten in einer kleinen Landgemeinde wohnen", stellt die Bundesstiftung Baukultur in einer Ende 2016 veröffentlichten Untersuchung fest.

Doch dem Lockruf des Landes folgen nur die wenigsten: Vor allem "Künstler, Designer und Kulturschaffende" entschieden sich bewusst für einen Umzug. Im großen Stil zögen die Leute aber nicht aufs Land.

Nach einer Auswertung des BBSR aus dem Frühjahr sind zwischen 2010 und 2016 vor allem Großstädte und deren Umland gewachsen. Auch rund die Hälfte aller ländlich geprägten Landkreise legte zu. Dünn besiedelte Landkreise abseits von Ballungsräumen verloren dagegen Einwohner.

Was tut die Bundesregierung, um die Wohnungsnot zu lindern?

Es gibt eine ganze Palette an Vorhaben: Das Baukindergeld soll Familien mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern im Haushalt den erstmaligen Neubau oder Immobilienerwerb erleichtern. Möglich ist ein Zuschuss von 1.200 Euro pro Kind und Jahr über zehn Jahre.

Die Mietpreisbremse untersagt, dass bei der Wiedervermietung eine Miete von mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen. Die SPD will noch einmal nachlegen: Bestandsmieten sollen für eine Dauer von fünf Jahren nur parallel zur Inflation steigen dürfen, fordert sie.

Ein Extra-Steuerbonus soll Investoren zum Bau bezahlbarer Wohnungen verleiten. Dafür will der Bund zusätzlich zur normalen Abschreibung für vier Jahre eine Sonderabschreibung von jährlich fünf Prozent gewähren.

Außerdem sind zwei Milliarden Euro an Bundesmitteln für den sozialen Wohnungsbau eingeplant. Union und SPD haben sich eine Zielmarke von 1,5 Millionen neuen Wohnungen in den nächsten Jahren gesetzt.

Werden diese Maßnahmen helfen?

Gewerkschaften, Sozialverbände und Mieterbund meinen, "dass die Bundesregierung nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, ernsthaft umzusteuern und eine Politik für Mieter und Wohnungssuchende zu machen".

Das Bündnis hinter dem Alternativen Wohngipfel an diesem Donnerstag in Berlin fordert unter anderem eine schärfere Mietpreisbremse mit Bußgeld bei Verstößen und besseren Kündigungsschutz.

Sie verlangen auch, dass öffentliche Grundstücke nicht mehr einfach an den Meistbietenden verkauft werden dürfen und eine "neue Wohnungsgemeinnützigkeit", also Wohnungsbaugesellschaften, die die Rendite begrenzen und Wohnungen zu beschränkten Preisen vermieten.

Was sagt die Branche?

Verbände kritisieren häufig, dass viele Anreize für die Baubranche nur für einige Jahre geplant sind. Für eine ernstliche Steigerung der Investitionen sei der Zeithorizont zu kurz.

"Steigende Grundstückspreise und Steuersätze, strenge Nutzungsvorgaben, langwierige Baugenehmigungs- und Planungsverfahren und Abschöpfungsmodelle sind der große Feind des bezahlbaren Neubaus", sagt Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses.

Der Verband fordert etwa ein vereinfachtes Baurecht, mit Typgenehmigungen für Häuser auf Bundesebene, steuerliche Entlastungen und mehr Kapazitäten bei den zuständigen Behörden.

Sollte man sich jetzt eine Eigentumswohnung oder ein Haus kaufen?

Wer jetzt einen Kredit aufnimmt, kann von günstigen Zinsen profitieren. Andererseits gibt es gerade eine starke Nachfrage nach Wohnungen, was die Preise nach oben treibt. Am Ende hängt Sinn oder Unsinn eines Immobilienkaufs aber vor allem von persönlichen Faktoren ab.

Käufer sollten den Kaufpreis durch die jährliche Kaltmiete teilen und so berechnen, nach wie vielen Jahren sich der Kauf rechnet. Faktoren um die 20 geben einen ersten Hinweis, dass kaufen besser sein kann als mieten, meint Jörg Sahr, Redakteur der Zeitschrift "Finanztest".

Vorausgesetzt, Käufer bringen in ihr Projekt mindestens 20 Prozent Eigenkapital ein und tilgen ihr Darlehen über 30 Jahre mit mehr als zwei Prozent.

Ein möglicher Risikofaktor: Im Moment sind Kredite günstig, aber in der Regel finanzieren Käufer selten den gesamten Preis über ein einziges Darlehen. Bei einem Anschlusskredit könnten also in Zukunft höhere Zinsen fällig werden. Verbraucherschützer empfehlen deshalb Kredite mit einer langfristigen Zinsbindung. (ff/dpa)

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