Die Niederlande gelten seit jeher als liberales Land. Nach einer ersten Prognose ist jetzt die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders bei den Parlamentswahlen als Sieger hervorgegangen.

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In den Niederlanden ist die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders einer Prognose zufolge als stärkste Kraft aus der Parlamentswahl hervorgegangen. Das berichtete am Mittwochabend nach Schließung der Wahllokale das niederländische Fernsehen. Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) kann demnach auf 35 der 150 Sitze im Parlament hoffen. Wenn sich die Prognose bestätigt, wäre es das erste Mal, dass eine rechtspopulistische Partei eine niederländische Parlamentswahl gewinnt.

Wilders spricht von "Tsunami von Asylbewerbern und Einwanderern"

Wilders äußerte sich nach Veröffentlichung der ersten Prognosen siegessicher. Seine Freiheitspartei PVV könne nun "nicht mehr ignoriert werden", sagte er vor jubelnden Unterstützern in Den Haag: "Die Niederländer hoffen, dass die Menschen ihr Land zurückbekommen und dass wir dafür sorgen, dass der Tsunami von Asylbewerbern und Einwanderern reduziert wird." Wilders rief die anderen Parteien auf, gemeinsam an der Bildung einer Koalition zu arbeiten.

Ein Sieg von Wilders kommt für die Niederlande einem politischen Erdbeben gleich. Der Rechtspopulist ist als "niederländischer Trump" bekannt - nicht nur wegen seiner ähnlich wie bei Ex-US-Präsident Donald Trump nach hinten gekämmten blond gefärbten Haare, sondern auch wegen seiner Hetze gegen Einwanderer und Muslime.

Während seines Wahlkampfs hatte der 60-Jährige versucht, gemäßigtere Töne anzuschlagen und erklärt, ein Ministerpräsident für alle sein zu wollen - "unabhängig von ihrer Religion, ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder was auch immer".

PVV plant Referedum über Ausstieg aus der EU

Das Wahlprogramm seiner PVV spricht allerdings eine andere Sprache. Darin heißt es unter anderem: "Asylbewerber schlemmen an herrlichen kostenlosen Buffets von Kreuzfahrtschiffen, während niederländische Familien bei den Lebensmitteln sparen müssen." Das Programm schlägt ein Verbot von Islamschulen, dem Koran und von Moscheen vor und will Kopftücher aus Regierungsgebäuden verbannen.

Zudem strebt die Partei an, es Großbritannien gleich zu tun und in einem "verpflichtenden Referendum" über einen "Nexit", also den Ausstieg der Niederlande aus der EU, abzustimmen. Beim Thema Außenpolitik schlägt die Partei in ihrem Wahlprogramm ähnliche Töne wie der ehemalige US-Präsident Trump an und proklamiert "Netherlands first" ("Die Niederlande zuerst") in Anlehnung an den von Trump geprägten Slogan "America first".

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Mark Rutte lehnte eine Zusammenarbeit mit Wilders immer ab

Die PVV von Wilders (60) war in den vergangenen Wochen in den Umfragen immer weiter gestiegen. Die Spitzenkandidatin der Rechtsliberalen, Dilan Yesilgöz, hatte zu Beginn des Wahlkampfes gesagt, dass sie Wilders als Koalitionspartner nicht von vornherein ausschließe. Der scheidende Ministerpräsident Mark Rutte, ebenfalls ein Rechtsliberaler, hatte eine Zusammenarbeit mit Wilders dagegen immer abgelehnt. Wilders will unter anderem alle Moscheen schließen und den Koran verbieten. Im Wahlkampf hatte er allerdings moderatere Töne angeschlagen und gesagt, der Kampf gegen den Islam habe derzeit keine Priorität. Stattdessen will er die Grenzen für Asylsuchende schließen.

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Die Partei von Yesilgöz und Rutte, die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), kommt der Prognose zufolge auf 23 Sitze, ein Minus von elf Mandaten. Das von Ex-EU-Kommissar Frans Timmermans angeführte Bündnis aus Grünen und Sozialdemokraten schafft demnach 26 Sitze, ein Plus von neun. Die erst vor wenigen Wochen gegründete Partei des ehemaligen Christdemokraten Pieter Omtzigt, der Neue Soziale Vertrag (NSC), kann nach der Prognose mit 20 Sitzen rechnen.

Regierungsbildung ist noch offen

Welche Regierung nach den Wahlen gebildet wird, ist noch völlig offen. Omtzigt hat eine Zusammenarbeit mit Wilders ausgeschlossen, da dieser verfassungsfeindliche Positionen vertrete. Yesilgöz schließt eine Zusammenarbeit ausdrücklich nicht aus, will aber nicht unter Wilders als Ministerpräsident in eine Regierung eintreten.

Die vorgezogene Parlamentswahl war notwendig geworden, nachdem im Sommer Ruttes Mitte-Rechts-Koalition nach nur 18 Monaten im Amt geplatzt war. Anlass dafür war ein Streit über Migrationspolitik. Rutte, der am längsten amtierende Ministerpräsident der niederländischen Geschichte, hatte daraufhin seinen Abschied aus der nationalen Politik angekündigt, er will jetzt Nato-Generalsekretär werden. Bis zum Antreten einer neuen Regierung bleibt er allerdings noch im Amt. Zu der Wahl am Mittwoch waren gut 13 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen.(dpa/afp/jst)

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