Immer mehr Schauspielerinnen und Schauspieler protestieren vehement gegen die rigiden Abtreibungsgesetze, die mehrere US-Bundesstaaten beschlossen haben. Auch drei Giganten unter den Produktionsfirmen haben sich jetzt auf ihre Seite geschlagen. Georgia steht damit vor einem echten Problem.
Acht US-Bundesstaaten haben seit Jahresbeginn Gesetze verabschiedet, die Abtreibungen schon ab dem ersten Herzschlag des Kindes verbieten oder drastisch einschränken und Ärzte, die Abbrüche durchführen, für Jahre oder Jahrzehnte hinter Gitter bringen können. Während Konservative jubeln, regt sich auf der anderen Seite massiver Widerstand. In der vordersten Reihe: prominente Schauspielerinnen - und mit ihnen bald die halbe Filmbranche.
Das Hollywood des Südens unter Druck
Viele Produktionsfirmen sitzen in Georgia, wo vergangene Woche ein sogenanntes "heartbeat bill" (Deutsch: Herzschlag-Gesetz) beschlossen wurde. Durch Steueranreize und andere Lockmittel ist der Bundesstaat in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Drehort für TV- und Spielfilmproduktionen geworden. Doch mit dem strikten Abtreibungsgesetz droht "Y’allywood", wie das Hollywood des Südens genannt wird, seine Position zu verspielen.
Nachdem bereits mehrere kleine Produktionsfirmen angekündigt hatten, nicht länger in Georgia arbeiten zu wollen, denken laut CNN jetzt auch drei der weltgrößten über diesen Schritt nach: Netflix, Disney und WarnerMedia.
Es werde sehr schwer werden, Georgia als Standort beizubehalten, wenn das Abtreibungsgesetz in der beschlossenen Form tatsächlich kommt, sagte Disney-Chef Bob Iger der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich denke, viele Menschen, die für uns arbeiten, werden dann nicht mehr dort arbeiten wollen. Das haben wir zu respektieren." Das Unternehmen verfolge die weitere Entwicklung sehr genau.
Abtreibungsgegner hoffen auf Supreme Court
Noch nämlich sind die "heartbeat bills" nirgendwo in Kraft, denn sie widersprechen allesamt einem Grundsatzurteil des obersten US-Gerichtshofes aus dem Jahre 1973, das Abtreibungen in den gesamten USA erlaubt. Die Befürworter der Gesetze hoffen nun auf Klagen und darauf, dass der Supreme Court das unter dem Kürzel "Roe v. Wade" bekannte Grundsatzurteil dann kippt. Dabei bauen sie auf die konservative Mehrheit im Supreme Court, die US-Präsident Donald Trump durch die Ernennung von zwei Richtern etabliert hat.
Zumindest Georgia hat aber schon jetzt den Schaden: Die Schauspielerinnen und Autorinnen Kristen Wiig und Annie Mumolo ("Brautalarm") wollen ihre geplante Komödie "Barb and Star Go to Vista Del Mar" nicht in Georgia drehen, wie das US-Branchenblatt "Variety" berichtet hat. TV-Regisseurin Reed Morano ("The Handmaids's Tale") gab bekannt, keine Szenen für die geplante Thriller-Serie "The Power" in dem Staat aufzunehmen. Es fühle sich falsch an, dort die Show zu produzieren und Steuervergünstigungen von einem Staat mit derart restriktiver Abtreibungspolitik anzunehmen, erklärte Morano auf Instagram.
Die Schauspielerin Alyssa Milano ("Charmed - Zauberhafte Hexen"), die 2017 die #MeToo-Bewegung mit losgetreten hat, hat ein Protestschreiben gegen die "heartbeat bills" aufgesetzt. Über 100 Schauspieler haben es bereits unterschrieben, darunter Natalie Portman, Ben Stiller, Christina Applegate, Amy Schumer und Sean Penn.
Busy Philipps: "Abtreibung ist Gesundheitsvorsorge"
Ihre Kollegin Busy Philipps hat auf Twitter den Hashtag #YouKnowMe etabliert. Seit Wochen outen sich unter diesem Schlagwort Frauen, die abgetrieben haben, teilen ihre Geschichten, berichten von Ängsten, Schuldgefühlen und Erleichterung.
Philipps ist eine von ihnen. Sie hat als Teenager abgetrieben, wie sie inzwischen mehrfach öffentlich erzählt hat, etwa am Dienstag bei einer Anhörung im Gesetzgebungsausschuss des Repräsentantenhauses:
"Ich war 15 und habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht", sagte Philipps, "aber ich habe nicht einen Moment daran gezweifelt, dass es für mich die richtige Entscheidung war." Und weiter: "Abtreibung ist Gesundheitsvorsorge und sollte nicht anders behandelt werden als andere Formen der Gesundheitsvorsorge."
So unterschiedlich die Beweggründe der Frauen für den Schwangerschaftsabbruch waren, so einig sind sie in der Überzeugung, dass jede Frau selbst die Entscheidungsgewalt haben müsse.
Die Befürworter eines Rechts auf Abtreibung zeigen mit ihrem Protest, dass sie viele sind. Doch sind sie auch in der Mehrheit? Das Thema ist in den USA ähnlich aufgeladen wie die Debatte über das Waffenrecht, die Bevölkerung tief gespalten. (mcf/dpa/afp)
Verwendete Quellen:
- CNN vom 30. Mai: "Disney, Netflix and WarnerMedia say new abortation law may push their movies out of Georgia."
- Reuters vom 30. Mai: "Disney CEO says it will be 'difficult' to film in Georgia if abortion law takes effect"
- Variety vom 21. Mai: "Kristen Wiig’s New Lionsgate Comedy Pulls Out of Georgia Following Anti-Abortion Bill Signing"
- dpa
- afp
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