• Am Montagnachmittag kommen Bund und Länder zusammen, um über das weitere Vorgehen in der Coronakrise zu sprechen.
  • Bereits im Vorfeld wurden Forderungen laut, wonach Geimpfte mehr Rechte bekommen sollen.
  • Doch wie so oft dürfte die Suche nach einem Konsens mühsam werden.

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Wieder einmal beraten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder über Corona und Impfungen. Am Montagnachmittag geht es in einer Videoschaltung mit den 16 Ministerpräsidenten wohl vor allem um folgende Fragen:

  • Bekommen Geimpfte früher ihre Freiheitsrechte zurück?
  • Wann wird die Impfpriorisierung aufgehoben?
  • Und wie viele Impfdosen bekommt Deutschland?

Vor allem die ersten beiden Themen dürften kontrovers diskutiert werden: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet forderte, "Grundrechtseingriffe für alle möglichst schnell zurückzuführen". Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) verlangte eine rasche "Klarstellung", dass Genesene, Geimpfte und Getestete gleich gestellt werden", Merkel lehnte einen solchen Schritt ab.

Laut einem Eckpunktepapier vom Wochenende ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es für vollständig gegen COVID-19 Geimpfte und für Genesene Ausnahmen von den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen geben soll. Demnach könnten ihnen bei Einreiseregeln, Zugang zu Ladengeschäften und bestimmten Dienstleistungen dieselben Ausnahmen eingeräumt werden, die für negativ Getestete gelten.

Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder das Abstandsgebot würden jedoch auch für Geimpfte, Genesene und Getestete noch für einen längeren Zeitraum weiter gelten. Auch ein Anspruch auf die Öffnung bestimmter Einrichtungen - etwa Museen oder Schwimmbäder - ergibt sich nach Einschätzung der Bundesregierung aus den für Geimpfte und Genesene festzulegenden Ausnahmen nicht.

Ärzte und Politiker forden Geimpfen Grundrechte zurückzugeben

Vor dem Corona-Impfgipfel von Bund und Ländern forderten Ärzteverbände und Politiker, Geimpften ihre Grundrechte bald zurückzugeben. Durch den Schritt sollten etwa geimpfte Pflegeheimbewohner wieder gemeinsam essen und Besuch bekommen dürfen, sagte die Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, der "Rheinischen Post".

Nötig seien auch alltagstaugliche Nachweise für Bürger, die geimpft oder negativ getestet sind. Merkel und die Ministerpräsidenten sollten nach ihrer Ansicht an diesem Montag auch sicherstellen, dass zurückgehaltene Impfdosen freigegeben und kein Impfstoff weggeworfen wird.

Knapp 23 Prozent der Deutschen haben erste Impfung erhalten

Der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, forderte ebenso wie Göring-Eckardt, alle Vorräte sofort zu verbrauchen. "Es ist so hanebüchen wie inakzeptabel, dass in den Kühlschränken der Impfzentren weiterhin Millionen Impfstoffdosen ungenutzt lagern oder nicht vollständig verbraucht werden, während sich draußen tagtäglich Tausende infizieren", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Seit Wochen fordere sein Verband, den Impfstoff endlich den Hausarztpraxen zu geben - "und zwar nicht bloß in homöopathischen Dosen". Ende der Woche waren hierzulande rund sieben Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Knapp 23 Prozent hatten mindestens eine erste Dosis erhalten.

Impfstoffe für alle freigeben?

CSU-Chef Markus Söder regte an, deutlich mehr in der Arbeitswelt und in Familien zu impfen. "Wir brauchen Betriebsimpfungen, wir brauchen Familienimpfungen", sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".

In der Runde am Montag wiederholte Söder außerdem seine Forderung nach mehr Geschwindigkeit und Flexibilität beim Impfen. "Wo wir freier impfen, sind wir sehr effizient", sagte er nach Angaben von Teilnehmern des Impfgipfels.

Söder betonte den Angaben zufolge, er befürworte, dass Menschen mit einem vollständigen Impfschutz auch weniger Corona-Auflagen erfüllen müssten: "Wer zweimal geimpft ist, sollte auch mehr Freiheiten bekommen."

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) forderte eine rasche Abkehr von der bisherigen Impfreihenfolge, auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sprach sich für eine Aufhebung der Priorisierung aus. "So wichtig diese zu Beginn war, so wichtig ist es jetzt, die Breite der Bevölkerung sehr schnell zu impfen. Herdenimmunität bekommen wir nur, wenn wir nicht nur Alte und Hochbetagte impfen, sondern vor allem die Menschen mit vielen Kontakten", sagte er der "Rheinischen Post".

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte dem "Tagesspiegel", er halte es "für einen ehrlichen und machbaren Plan, den Mai noch im Rahmen der geltenden Priorisierung zu nutzen und ab Juni unterschiedslos zu impfen". So kämen auch jüngere Menschen schneller zu einer Impfung, "die sich nun mal am ehesten in Gruppen treffen".

Mehr Rechte für Geimpfte?

Zur Debatte über mehr Rechte für Geimpfte sagte Gassen: "Jemandem, der geimpft, ist, seine Grundrechte weiter zu entziehen, halte ich rechtlich für sehr schwierig und medizinisch für kaum begründbar."

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Es ist selbstverständlich und zwingend, dass Menschen, die durch ihre Impfung nicht oder nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit Überträger des Virus sein können, nicht eingeschränkt werden."

In einem Entwurf des Bundesjustizministeriums für eine Verordnung ist dazu angedacht: In Geschäften und einigen anderen Bereichen sollen Geimpfte und Genesene, die nachweislich vor nicht allzu langer Zeit eine Corona-Infektion überstanden haben, so behandelt werden wie Menschen, die einen aktuellen negativen Test vorlegen.

Das betrifft etwa den Zugang zu vielen Geschäften, Kultureinrichtungen, Sport und bestimmte Dienstleistungen wie etwa einen Haarschnitt. Auch eine Quarantäne-Pflicht nach Einreise aus einem Risikogebiet würde entfallen.

Die FDP begrüßte diese Pläne. "Nachdem wir wissen, dass Geimpfte das Virus nicht übertragen können, dürfen deren Grundrechte nicht länger eingeschränkt werden", sagte FDP-Generalsekretär Volker Wissing der "Augsburger Allgemeinen". "Der Staat muss gegenüber jedem Einzelnen einen Grund haben, weshalb er Freiheiten einschränkt."

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Wirtschaft für Ausstiegsfahrplan

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft erwartet vom Impfgipfel einen verbindlichen Fahrplan für den Ausstieg aus den staatlichen Corona-Beschränkungen. "Basis des Lockoffs sollte der Impffortschritt sein", sagte Bundesgeschäftsführer Markus Jerger.

"Jede weitere Woche Ungewissheit vernichtet tausende wirtschaftliche Existenzen und damit Arbeitsplätze." Zuvor hatte auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gefordert, Ende Mai klare Öffnungsschritte für den Sommer festzulegen.

Der Philosoph und Risikoethiker Julian Nida-Rümelin forderte ein Ende der Lockdown-Maßnahmen, sobald die Krankheitshäufigkeit und die Sterblichkeit durch das Corona-Virus vergleichbar mit den Auswirkungen einer Grippe sind. "Hält die Bundesregierung hingegen weiter an einem Modell fest, das sich ausschließlich an Inzidenzzahlen orientiert, wird es auf absehbare Zeit keine dauerhaften Lockerungen geben können", sagte er der "Rheinischen Post". (dpa/msc/mf)

Der Artikel wurde am 26. April um 11:38 Uhr veröffentlicht und später aktualisiert.

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