Pussy-Riot-Mitglied Pjotr Wersilow ist außer Lebensgefahr. Aber der 30-Jährige, der beim WM-Finale in Moskau in Uniform auf das Feld gerannt war, wurde allem Anschein nach vergiftet. Davon gehen Ärzte der Berliner Charité aus, wo er behandelt wird.
Die Berliner Charité geht davon aus, dass Pjotr Wersilow, Mitglied der russischen Polit-Punkband Pussy Riot, vergiftet wurde. Dafür gebe es eine hohe Plausibilität, teilte das Universitätsklinikum am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin mit.
Anders sei die Entwicklung der Symptome innerhalb des kurzen Zeitraums nicht zu erklären. Auch die Ärzte in Moskau seien offensichtlich von einer Vergiftung ausgegangen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Charité, Karl Max Einhäupl.
Wersilow war am Samstagabend mit einem Ambulanz-Flugzeug aus Moskau nach Berlin gekommen. Die Hilfsaktion wurde von der privaten sozialen Initiative Cinema for Peace unterstützt.
Pussy-Riot-Mitglied ist außer Lebensgefahr
Wersilow ist inzwischen außer Lebensgefahr. Sein Zustand verbessere sich "von Tag zu Tag und er ist nicht mehr vital gefährdet", sagte Einhäupl.
Die Ärzte hätten bei dem 30-Jährigen eine "jetzt schon fast eine Woche anhaltende Intoxikation" festgestellt, deren genaue Ursache untersucht werde. "Wir haben keine Hinweise, dass es sich um ein Drogenproblem handelt", so Einhäupl weiter.
Nach Krankenhausangaben war der russische Regierungskritiker "mit Vergiftungserscheinungen und anhaltendem Verwirrtheitszustand" in die Charité eingeliefert worden.
Womit Wersilow vergiftet wurde, ist unklar
Die ersten klinischen Befunde sprächen "für eine bestimmte Wirkstoffgruppe", aber die genaue Substanz sei "nicht bekannt", erklärte Charité-Arzt Kai-Uwe Eckardt.
Es sei deswegen "in Abstimmung mit Experten für Toxikologie" eine breit gefächerte Untersuchung eingeleitet worden. In jedem Fall müsse eine hohe Dosis verabreicht worden sein.
Mit Blick auf die weitere Behandlung zeigte sich Einhäupl zuversichtlich: Die Ärzte gingen davon aus, "dass es zu einer vollständigen Heilung kommen wird".
Die Vergiftung war demnach dank schnell eingeleiteter Hilfsmaßnahmen zu keinem Zeitpunkt schwerst lebensbedrohlich. Ohne Maßnahmen - etwa wenn Wersilow allein gewesen wäre - hätte sie es aber sein können. Wie Einhäupl schilderte, hatten die Moskauer Ärzte Wersilow den Magen entleert und eine Dialyse durchgeführt, als er am vergangenen Dienstag dort in die Klinik gekommen sei.
Familie geht von potenziellem Mordanschlag aus
Wersilows Angehörige gehen von einer Warnung oder einem Mordanschlag aus. Seine Lebensgefährtin Veronika Nikulschina hatte zunächst berichtet, Wersilow habe sein Seh- und Sprechvermögen verloren und an Halluzinationen gelitten. Später verbesserte sich sein Zustand nach ihren Angaben leicht.
Die Symptome traten demnach auf, nachdem Wersilow in einem Gericht in Moskau etwas gegessen hatte.
Wersilow hat laut dem Gründer der Initiative Cinema for Peace, Jaka Bizilj, die russische und die kanadische Staatsbürgerschaft. Seine Angehörigen haben Visa für den Schengen-Raum. "Deshalb war ein Ausfliegen so schnell möglich."
Wersilow war beim Finalspiel der Fußball-WM Mitte Juli mit drei anderen Pussy-Riot-Mitgliedern in Uniformen auf das Feld gerannt, um unter anderem gegen Polizeigewalt zu demonstrieren. Die "Flitzer" wurden daraufhin zu wochenlangen Arreststrafen verurteilt.
Pussy Riot ist mit spektakulären Aktionen gegen Justizwillkür und Korruption weltweit bekannt geworden. (ank/afp/dpa)
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