- Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine steht Ex-Kanzlerin Merkel immer wieder in der Kritik.
- Viele Beobachter werfen ihr vor, Deutschland zu abhängig von Moskau gemacht zu haben.
- Gegenüber dem "Spiegel" wehrt sie sich nun einmal mehr gegen die Vorwürfe.
Altbundeskanzlerin
Der Angriff Russlands auf die Ukraine kam für Merkel aber "nicht überraschend. Das Abkommen von Minsk war ausgehöhlt." Deshalb habe sie auch bis zuletzt an einer Lösung gearbeitet und etwa im Sommer 2021 versucht, mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ein eigenständiges europäisches Gesprächsformat mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin herzustellen.
"Aber ich hatte nicht mehr die Kraft, mich durchzusetzen, weil ja alle wussten: Die ist im Herbst weg."
Merkel: "Für Putin zählt nur Power"
Merkel war im Dezember 2021 offiziell aus ihrem Amt ausgeschieden. Wenige Monate davor, im August, war sie zu einem Abschiedsbesuch zu
Bezeichnend sei gewesen, dass Putin zu diesem letzten Treffen auch seinen Außenminister Sergej Lawrow mitgebracht habe. Sonst habe man sich öfter unter vier Augen getroffen.
Die von Merkel geführte Bundesregierung hatte gemeinsam mit Frankreich im sogenannten Normandie-Format zwischen der Ukraine und Russland vermittelt, um nach einer Lösung des Konflikts in der Ostukraine zu suchen – dort kämpfen schon seit 2014 ukrainische Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten.
Merkel war maßgeblich am Minsker Abkommen von 2015 beteiligt, der Friedensplan wurde aber nie vollständig umgesetzt. Wenige Monate nach dem Ende von Merkels Amtszeit überfiel Russland am 24. Februar dieses Jahres die Ukraine.
Altkanzlerin kam zuletzt "keinen Millimeter mehr" voran
Dem "Spiegel"-Bericht zufolge glaubt Merkel, beim Nato-Gipfel in Bukarest 2008 und auch später bei den Verhandlungen in Minsk die Zeit gekauft zu haben, die die Ukraine habe nutzen können, um sich einem russischen Angriff besser zu widersetzen. Die Ukraine sei jetzt ein stärkeres, wehrhafteres Land. Damals, davon sei Merkel laut dem "Spiegel" überzeugt, wäre die Ukraine von Putins Truppen überrollt worden.
Merkel erklärte weiter, sie bereue es nicht, dass sie nicht noch einmal bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidatin angetreten war. "Da musste mal jemand Neues ran." Außenpolitisch sei sie zum Ende ihrer Amtszeit bei vielem, was ihre Regierung wieder und wieder versucht habe, keinen Millimeter mehr weitergekommen. "Nicht nur, was die Ukraine angeht. Transnistrien und Moldau, Georgien und Abchasien, Syrien und Libyen. Es war Zeit für einen neuen Ansatz."
Derzeit schreibt Merkel zusammen mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann ein Buch über ihre 16 Jahre im Kanzleramt. (dpa/afp/thp)
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