Seit geraumer Zeit schlagen die Kommunen in Deutschland wegen der hohen Zahl von Flüchtlingen Alarm. In der Politik wird deshalb auch über eine Verschärfung des Asylrechts diskutiert. Thüringens Ministerpräsident will das Problem von der anderen Seite angehen – und Asylbewerber pauschal anerkennen.
Zur Entlastung des Asylsystems hat Thüringens Ministerpräsident
Menschen, die länger als drei Jahre in Deutschland leben und in dieser Zeit nicht auffällig geworden seien, "sollte man eine Bleibeperspektive geben, statt alle Asylverfahren zu Ende zu führen", forderte der Linken-Politiker mit Blick auf den Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern im Kanzleramt am 10. Mai. "Dann könnten wir uns die ganze Bürokratie und die Abschiebedebatten sparen", sagte Ramelow und fügte hinzu, dann müsse Deutschland "auch keine Arbeitskräfte mehr anwerben".
Kommunen klagen über Belastung durch Flüchtlinge
Der Linken-Politiker betonte zudem, dass der Bund den Ländern und Kommunen helfen müsse, um die finanziellen Lasten zu tragen, die sich aus dem Flüchtlingszuzug ergeben. Bislang seien rund eine Million Ukrainer nach Deutschland gekommen, zudem träfen derzeit monatlich etwa 20.000 weitere Flüchtlinge aus anderen Ländern ein.
"Der Bund muss finanziell helfen", forderte Ramelow. Über die Freizügigkeit innerhalb Europas, die den Zuzug ermögliche, hätten weder Länder noch Kommunen entschieden. Nun zu sagen, für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen seien laut Verfassung die Kommunen zuständig, habe daher "einen höhnischen Unterton", kritisierte Ramelow.
Viele Kommunen beklagen seit Monaten, es ließen sich kaum noch Unterkünfte für Flüchtlinge finden und fordern vom Bund mehr Hilfe. Bislang allerdings ohne wirkliche Konsequenzen. Bei dem Gipfel im Kanzleramt soll es vor allem um die Finanzierung der Flüchtlingskosten gehen.
Faeser und Lindner für verschärften Kurs
Konträr zu Ramelows Vorschlag warben Bundesinnenministerin
Es werde in Brüssel über Verfahren verhandelt, die noch an der Grenze und nicht erst innerhalb der EU zu raschen Entscheidungen in wenig aussichtsreichen Asylverfahren führen sollen. "Dann können abgelehnte Asylbewerber schnell bereits von den EU-Außengrenzen aus zurückgeführt werden." Faeser hält außerdem verstärkte Grenzkontrollen für notwendig, sagte sie der Zeitung.
Lindner sagte in einer Talkrunde von RTL/ntv: "Ich glaube, dass, um Kontrolle herzustellen, auch der physische Schutz der Außengrenze in Betracht gezogen werden muss" - etwa durch einen Grenzzaun. Er sei dafür, "wenn zugleich die Möglichkeit humanitärer und qualifizierter Einwanderung rechtlich erleichtert wird".
Die FDP plädiert innerhalb der Ampel zudem dafür, die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer auszweiten. Georgien und Moldawien als sicher einzustufen sei etwa "ein geeignetes Mittel, um zu einer Senkung der Antragszahlen und einer Beschleunigung der Asylverfahren beizutragen", sagt der Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Thomae auf Anfrage unserere Redaktion.
Kritik von der Linken an EU-Reform
Bei der Linken stoßen die Pläne der EU zur Reform des Asylsystems hingegen auf Widerstand. Diese würde laut Parteichefin
"Statt die unsäglichen Bedingungen in den Auffanglagern endlich zu beenden, verschiebt man die Verantwortung auf die Drittländer", so Wissler. "Der Vorschlag, Asylverfahren zukünftig außerhalb von EU-Ländern durchzuführen, hätte ebenso gut aus der Feder eines Unions-Ministers kommen können", sagte sie mit Verweis auf den ehemaligen Innenministers Horst Seehofer (CSU).
Die Grünen seien in der Pflicht, gegen die Pläne vorzugehen. "Statt Vorschläge der Bundesinnenministerin durchzuwinken, erwarte ich von den Grünen deutlichen Widerspruch, um dem Versprechen einer menschenrechtebasierten Flüchtlingspolitik gerecht zu werden."
Einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend zufolge sieht eine große Mehrheit der Deutschen die Pläne der EU hingegen positiv. Für 79 Prozent geht demnach der Vorschlag Asylverfahren künftig bereits an den EU-Außengrenzen zu führen in die richtige Richtung. Auch wenn die Details einer Umsetzung des Vorhabens noch nicht genau feststehen. Nur jeder Zehnte (11 Prozent) beurteilt die Idee negativ. (afp/dpa/thp)
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