CDU im Überlebenskampf: Kommende Woche will Noch-Parteichefin Kramp-Karrenbauer Gespräche über ihre Nachfolge führen. Doch das Schaulaufen der Kandidaten hat bereits begonnen: Bei einem Auftritt von Friedrich Merz vor einem Mittelstandsforum in Berlin gibt der frühere Fraktionsvorsitzende den Auftakt für einen noch unerklärten Wahlkampf.

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Nach dem Vorpreschen von Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz in der Debatte um CDU-Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur werden die Rufe nach einer einvernehmlichen Lösung lauter.

Gesundheitsminister Jens Spahn, einer der möglichen Kandidaten, sagte dem "Spiegel": "Wir brauchen eine integrative Figur, jemand, dessen Kandidatur die Partei nicht spaltet, sondern eint. Es geht um die Existenz der CDU." Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es kann jetzt nur miteinander und in Geschlossenheit gehen."

Mit Spannung wurde ein Auftritt des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet bei einer Veranstaltung der hessischen CDU in Kelkheim am Freitagabend (19.00 Uhr) erwartet. Auch Hessens Regierungschef Volker Bouffier wollte dort auftreten. Beide sind Mitglieder des CDU-Bundespräsidiums, des engsten Führungszirkels der Partei um die Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Laschet gilt neben Merz und Spahn als einer der drei aussichtsreichen Kandidaten für die Nachfolge von Kramp-Karrenbauer, die am Montag ihren Rückzug angekündigt hatte.

Laschet und Spahn haben bisher offen gelassen, ob sie tatsächlich für den CDU-Vorsitz kandidieren würden. Auch Merz hat eine definitive Festlegung in der Öffentlichkeit vermieden, aus seinem engsten Umfeld heißt es aber, er sei zu einer Kandidatur entschlossen.

Kampf um das Überleben der CDU

Der saarländische CDU-Chef Hans sieht die Führungsdebatte als Teil eines politischen Überlebenskampfes: "Es geht um das Überleben der CDU als Volkspartei der Mitte und darum, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen." In der aktuellen Diskussion gehe es "um weit mehr als um Personalfragen". Er betonte: "Unser Ziel muss es doch sein, jemanden zu präsentieren, hinter dem sich die gesamte Union versammeln kann." Die CDU brauche "ein gesteuertes Verfahren für die Neuaufstellung des Parteivorsitzes und der Kanzlerkandidatur".

Kramp-Karrenbauer will kommende Woche Gespräche mit Interessenten für den Parteivorsitz führen. In der CDU-Zentrale wird sondiert, ob ein Wahlparteitag im April, Mai oder Juni möglich wäre. Dafür ist ein Beschluss des Vorstands nötig. Der reguläre Wahlparteitag ist für die erste Dezemberwoche in Stuttgart terminiert. Dort soll das neue Grundsatzprogramm der CDU beschlossen werden.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält es für möglich, dass ein Nachfolger von AKK nicht schon vor der Sommerpause gewählt wird. "Ich würde den Parteitag im Herbst so organisieren, dass dort eine Wahl für den Parteivorsitz stattfindet. Im Anschluss wird dann mit der CSU über die Kanzlerkandidatur beraten", sagte er "Focus Online". Das sei mit großer Wahrscheinlichkeit dann der CDU-Chef. Kramp-Karrenbauer werde den Übergangsprozess organisieren und dazu am 24. Februar einen Vorschlag machen - am Rosenmontag ist die nächste Sitzung des CDU-Präsidiums geplant.

Merz lässt kaum Zweifel an Kandidatur-Antritt

Merz hatte am Donnerstagabend indirekt seine Bereitschaft für eine Kandidatur zum Parteivorsitz angekündigt. Bei einem Mittelstandsforum in Berlin antwortete er nicht direkt auf die Nachfrage, ob er für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur antrete. Die Union brauche einen "Aufbruch nach vorne", sagte er. In Umfragen liege die CDU bei 22 Prozent, das Potenzial liege bei 35 plus x. Dieses müsse man nun gemeinsam ausschöpfen. Er sei dazu bereit, seinen Beitrag zu leisten. Die Entscheidung treffe am Ende aber ein Bundesparteitag.

Der Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrates erklärte, er rechne mit einer Entscheidung über die Personalfragen wahrscheinlich bis zur Sommerpause. Kommende Woche werde er mit Kramp-Karrenbauer über das weitere Vorgehen sprechen.

Bei dem Mittelstandsforum hielten viele junge Männer vom Unionsnachwuchs Schilder hoch, auf denen "Ein Herz für Merz" oder "Kanzler Merz" stand. Gleich zu Beginn baute der 64-Jährige eine indirekte Spitze gegen Kramp-Karrenbauer und seine alte Rivalin, Kanzlerin Angela Merkel, ein.

Der 10. Februar - der Tag, an dem Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug angekündigt hatte - werde in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen "als ein Tag des Sturms" - nicht nur draußen, sondern auch drinnen, sagte Merz. Er ergänzte: "Es ist übrigens reiner Zufall, dass Tiefs im Augenblick Frauennamen haben". Das Publikum reagierte mit Gelächter, Merz fuhr fort: "Das wechselt jedes Jahr. (...) Das lässt keine politischen Assoziationen zu." Es folgte wieder Gelächter. "In diesem Jahr heißen die Hochs nach Männern. In alphabetischer Reihenfolge. Und die Tiefdruckgebiete nach Frauennamen. (...) Die schlechte Nachricht für alle Männer ist: Im nächsten Jahr ist es umgekehrt."

Laut einer aktuellen Umfrage ist Merz derzeit der aussichtsreichste potenzielle Kanzlerkandidat der Union. 40 Prozent der Befragten sind nach dem ARD-"Deutschlandtrend" von Infratest dimap der Meinung, dass der 64-Jährige ein guter Kanzlerkandidat wäre. Allerdings sind auch 42 Prozent der gegenteiligen Auffassung. Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder sehen 31 Prozent als geeigneten Kanzlerkandidaten. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kommt auf 30 Prozent. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält jeder Vierte (24 Prozent) für einen guten Kanzlerkandidaten. (dpa/kad)

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