- Der Bundestag hat die historische Hungersnot in der Ukraine in den 1930er Jahren als Völkermord eingestuft.
- Die fraktionsübergreifend von den Ampel-Fraktionen sowie der CDU/CSU eingebrachte Resolution wurde am Mittwoch mit großer Mehrheit angenommen.
Der Bundestag hat die vor 90 Jahren gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine offiziell als Völkermord anerkannt. Mit großer Mehrheit billigten die Abgeordneten am Mittwochabend einen gemeinsamen Antrag von Ampel-Koalition und Unionsfraktion, in dem von einem "menschenverachtenden Verbrechen" die Rede ist. Unter der Verantwortung des sowjetischen Diktators Josef Stalin waren dem sogenannten Holodomor ("Mord durch Hunger") in den Jahren 1932 und 1933 allein in der Ukraine bis zu vier Millionen Menschen zum Opfer gefallen.
Klare Einordnung durch den Bundestag
Der sowjetische Machthaber Josef Stalin ließ damals im Zuge der Zwangskollektivierung auf dem Land massenhaft Getreide, Vieh und Lebensmittel in der Ukraine konfiszieren. Es zeige sich, "dass im Falle des politischen Verbrechens des Holodomors das Streben der sowjetischen Führung nach Kontrolle und Unterdrückung der Bäuerinnen und Bauern, der Peripherien des sowjetischen Herrschaftsprojektes sowie der ukrainischen Lebensweise, Sprache und Kultur verschmolzen", heißt es in dem Bundestagsbeschluss.
Betroffen von Hunger und Repressionen sei damals die gesamte Ukraine gewesen. "Damit liegt aus heutiger Perspektive eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe. Der Deutsche Bundestag teilt eine solche Einordnung", heißt es weiter. Zwar seien damals auch andere Regionen von Hungersnöten betroffen gewesen, die Ukraine jedoch am stärksten. Es sei Stalin darum gegangen, diese "unbedingt unter strikter Kontrolle des sowjetischen Machtzentrums in Moskau" zu halten.
Verbindung zum aktuellen Krieg
Der Bundestag stellt mit der Resolution auch eine Verbindung zum aktuellen Krieg Russlands gegen die Ukraine her. "Mehr denn je treten wir in diesen Tagen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, der gleichzeitig einen Angriff auf unsere europäische Friedens- und Werteordnung darstellt, dafür ein, dass für Großmachtstreben und Unterdrückung in Europa kein Platz mehr sein darf", heißt es in dem Text.
"Wieder versucht ein Diktator im Kreml mit brutaler Gewalt, die Ukraine zu vernichten", sagte der Grünen-Politiker Robin Wagener mit Blick auf den Angriffskrieg des aktuellen russischen Machthabers
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Erinnerung durch Bildungsangebote
Mit diesem Antrag können wir dazu beitragen, dass die Erinnerung an den Holodomor wach gehalten wird, sagte Nietan weiter. Für die Linke sprach Gregor Gysi zwar von "terroristischer Zwangskollektivierung" durch Stalin, äußerte jedoch Zweifel an einem geplanten Völkermord. Die Linke enthielt sich bei der Abstimmung der Stimme, ebenso die AfD.
An der Debatte nahmen als Gäste auch der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, und sein Vorgänger, der heutige ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk teil. Der CDU-Politiker Michael Brand kritisierte, dass dafür das Bundeskabinett im Parlament komplett fehlte.
Das Parlament fordert die Bundesregierung mit dem Beschluss auf, "die Erinnerung an die Opfer des Holodomors und zu dessen internationaler Bekanntmachung politisch beispielsweise durch verschiedene Bildungsangebote weiter zu unterstützen. Zugleich solle sie "einseitigen russischen historische Narrativen" entgegentreten. Zudem solle die Bundesregierung "die Ukraine als Opfer des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands und der imperialistischen Politik Wladimir Putins im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel weiterhin politisch, finanziell, humanitär und militärisch unterstützen". (afp/dpa/ng)
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