Der Kanzler hält den Augenblick für mehr diplomatische Bemühungen gekommen, um den Ukraine-Krieg zu beenden. In der CDU wird dies als gefährlicher Kursschwenk wahrgenommen.

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Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter kritisiert Bundeskanzler Olaf Scholz für seine Ankündigung, sich auf diplomatischer Ebene intensiver um eine Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zu bemühen.

"Der Vorstoß des Bundeskanzlers war absehbar, denn er passt in die Strategie von Teilen der SPD, die Ukraine sehr subtil in einen von Russland festgelegten Scheinfrieden zu drängen, in dem die Unterstützung schrittweise zurückgefahren wird und stattdessen Scheinverhandlungen gefordert werden", sagte der Bundestagsabgeordnete der "Bild"-Zeitung.

Kiesewetter: "Scholz will sich als Friedenskanzler schmücken"

Dass Scholz auch Russland bei einer nächsten Ukraine-Friedenskonferenz dabeihaben wolle, sei falsch, sagte der frühere Bundeswehroffizier. "Scholz will sich damit als Friedenskanzler schmücken, verschlimmert jedoch die Situation für die Ukraine und schwächt somit europäische und deutsche Sicherheit."

Zudem gehe der Kanzler russischer Desinformation und Propaganda auf den Leim, was "absolut bitter" sei und zeige, dass Scholz weiter an deutschen Lebenslügen festhalte, sagte Kiesewetter. "Seine Zeitenwende ist somit Farce und Geschichte."

Kühnert: "Gespräche mit dem Kreml sind realpolitisch unausweichlich"

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verteidigte Scholz gegen die Unionskritik. "Gespräche mit dem Kreml sind sicherlich kein Vergnügen, aber sie sind realpolitisch unausweichlich", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Es sei befremdlich, wenn CDU-Politiker der Ukraine erklären wollten, welche Gespräche sie wann führen dürfe. Die Union müsse ihre Position zum weiteren Umgang mit dem Ukraine-Krieg auch intern klären. Aktuell spreche sie nicht mit einer Stimme. "Diese Kakofonie ist das Ergebnis mangelnder Führung und Klärung", kritisierte Kühnert. "Friedrich Merz sollte ein Machtwort sprechen und das Taktieren endlich einstellen."

Scholz: Selenskyj und er sind sich einig, dass Russland dabei sein sollte

Scholz hatte im ZDF-Sommerinterview am Sonntag gesagt: "Ich glaube, das ist jetzt der Moment, in dem man auch darüber diskutieren muss, wie wir aus dieser Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen, als das gegenwärtig den Eindruck macht."

Auf die Frage, ob es eine weitere Friedenskonferenz geben solle, antwortete er: "Es wird auf alle Fälle eine weitere Friedenskonferenz geben. Und der (ukrainische) Präsident und ich sind einig, dass es auch eine sein muss mit Russland dabei." Einen Zeitpunkt nannte der Kanzler nicht.

Die Ukraine versucht, einen eigenen Friedensplan von der Weltgemeinschaft absegnen zu lassen. Auf der ersten Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz Mitte Juni stimmten bereits zahlreiche Länder diesem Plan zu. Die Konferenz fand mit Vertretern aus 90 Ländern statt, aber ohne Russland.

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Scholz sprach sich damals ebenso wie andere Teilnehmer dafür aus, bei künftigen Konferenzen möglichst auch Moskau einzubeziehen. Mitte Juli schlug auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor, russische Vertreter bei einem zweiten Friedensgipfel einzubeziehen, Ende August bekräftigte er diese Forderung.

Der Friedensplan aus Kiew sieht den Abzug russischer Truppen aus allen Gebieten der Ukraine vor, einschließlich der Krim. Daneben soll Russland Reparationszahlungen zustimmen. Zuletzt sollen sich alle Verantwortlichen für den Krieg in Moskau – Politiker und Militärs gleichermaßen – vor einem internationalen Gericht verantworten. (dpa/bearbeitet von ank)

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