- Nahe der Grenze zur Ukraine schlägt in Polen eine Rakete russischer Bauart ein und tötet zwei Menschen.
- Moskau weist jede Verantwortung von sich.
- Nun gibt es Hinweise auf tragische Umstände.
Nach dem tödlichen Raketentreffer im Osten Polens gibt es Hinweise darauf, dass es sich bei dem Geschoss um eine Flugabwehrrakete aus der Ukraine handelt. Das teilte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei einem Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs von Nato- und G7-Staaten auf Bali mit. Er soll demnach von einer Rakete des Systems S-300 gesprochen haben. Das System sowjetischer Bauart ist wesentlicher Bestandteil der ukrainischen Flugabwehr.
Von mehreren Seiten hieß es nach dem Treffen, Moskau trage mit seinem Beschuss der Ukraine die Verantwortung für den Vorfall in Polen. Dies gelte selbst dann, wenn es sich tatsächlich um eine ukrainische Abwehrrakete gehandelt haben sollte.
Biden: Rakete wahrscheinlich nicht von Russland aus abgefeuert
Die russische Regierung bestritt, Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen zu haben und sprach von einer gezielten Provokation.
An dem Krisentreffen nahmen die Staats- und Regierungschefs der sieben großen westlichen Demokratien (G7) sowie andere Nato- und EU-Staaten teil. "Wir bieten Polen unsere volle Unterstützung und Hilfe bei den laufenden Ermittlungen an", hieß es danach in einer Erklärung. "Wir verurteilen die barbarischen Raketenangriffe, die Russland am Dienstag auf ukrainische Städte und zivile Infrastrukturen verübt hat."
Am Tisch saßen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler
Kanzler Scholz: Raketenvorfall in Polen sorgfältig aufklären
Scholz sprach sich für intensive Untersuchungen des Vorfalls aus. "Es ist jetzt notwendig, dass sorgfältig aufgeklärt wird, wie es dazu gekommen ist, dass diese Zerstörung dort angerichtet werden konnte", sagte er. Zugleich verurteilte der Kanzler die jüngsten Angriffe auf die Ukraine scharf. "Das ist keine akzeptable Form der Kriegsführung in diesem ohnehin ungerechtfertigten Krieg", sagte er.
Nach Angaben der polnischen Regierung war eine "Rakete aus russischer Produktion" im ostpolnischen Dorf Przewodow sechs Kilometer von der Grenze zur Ukraine eingeschlagen. Nach Feuerwehrangaben wurden dabei zwei Menschen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb getötet.
Die Nachrichtenagentur Interfax Ukraina in Kiew hatte unter Berufung auf Militärexperten berichtet, Fotos von Trümmerteilen an der Einschlagstelle deuteten auf Raketen des Flugabwehrsystems S-300 hin.
Nato will am Vormittag beraten - Moskau spricht von gezielter Provokation
Ein Sprecher der polnischen Regierung erklärte, man habe mit den Nato-Verbündeten beschlossen, zu überprüfen, ob es Gründe gebe, die Verfahren nach Artikel 4 des Nato-Vertrags einzuleiten.
Artikel 4 sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn ein Land die Unversehrtheit seines Gebiets, seine politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht.
Das Verteidigungsministerium in Moskau sprach von einer gezielten Provokation. Es seien keine Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen worden. Auch die in polnischen Medien verbreiteten Fotos angeblicher Trümmerteile hätten nichts mit russischen Waffensystemen zu tun. Russland hatte die Ukraine am Dienstag nach Kiewer Zählung mit mehr als 90 Raketen und Marschflugkörpern beschossen.
Ukraine dringt auf Flugverbotszone
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte über den Raketeneinschlag in Polen gesagt: "Dies ist ein russischer Raketenangriff auf die kollektive Sicherheit!" Kiew dringt nach dem Einschlag der Rakete auf polnischem Gebiet auf die Einrichtung einer Flugverbotszone.
"Wir bitten darum, den Himmel zu schließen, weil der Himmel keine Grenzen hat", schrieb Verteidigungsminister Olexij Resnikow auf Twitter.
Russland beschießt Infrastruktur in der Ukraine
Durch die gezielten russischen Angriffe auf die Energieversorgung fiel nach Angaben von Präsident Selenskyj zeitweise für zehn Millionen Menschen der Strom aus. Für acht Millionen Menschen habe die Versorgung später wieder hergestellt werden können. Der Mittwoch ist für die Ukraine der 266. Tag im Abwehrkampf gegen die russische Invasion.
Das G20-Treffen geht am Mittwoch zu Ende. Dabei soll auch eine Erklärung verabschiedet werden, mit der Russlands Krieg gegen die Ukraine verurteilt wird. Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der Kremlchef Wladimir Putin vertrat, hatte das Treffen bereits am Dienstag verlassen. (dpa/mbo)
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