Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hält ungemindert an, obwohl bereits das 15. Sanktionspaket der EU verabschiedet wurde. Warum bricht Putins Wirtschaft nicht ein?

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Vor allem gegen die russische Seeflotte soll sich das Sanktionspaket, das die EU-Staaten am Mittwoch verabschiedet haben, richten. Mit den geplanten Strafmaßnahmen soll vor allem schärfer gegen die sogenannte russische Schattenflotte für den Transport von Öl und Ölprodukten vorgegangen werden, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur sagten.

Deutsche Waren gehen über Drittstaaten an Russland

Der Plan ist es demnach, mehr als 50 weiteren Schiffen das Einlaufen in Häfen in der EU zu verbieten. Zudem sollen sie nicht mehr von Dienstleistungen europäischer Unternehmen profitieren können. In einem ersten Schritt hatte die EU im Juni bereits rund zwei Dutzend Schiffe auf eine entsprechende Schwarze Liste gesetzt.

Die Sanktionen scheinen jedoch nur begrenzt Wirkung zu zeigen. Gründe dafür könnten verschlungene Handelswege sein, die aus Europa über Drittstaaten nach Russland führen. So landen beispielsweise deutsche CNC-Fräsmaschinen, die zum Bau von Kriegsgerät verwendet werden können, über Mittelsmänner und Zwischenstationen wie die Türkei am Ende doch in Russland, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" [Bezahlinhalt].

Weiter heißt es, dass deutsche Firmen diese Maschinen bis zum Kriegsausbruch normal nach Russland exportiert hätten, danach seien sie fast vollständig aus den Statistiken verschwunden. Jetzt werden sie in Länder wie die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Kasachstan geliefert. Von dort geht es dann häufig weiter nach Russland. So umgeht man Sanktionen, heißt es von dem Thinktank Center for the Study of Democracy (CSD).

Aber warum umgehen deutsche Firmen damit die Sanktionen? Es sei kein Zufall, dass Geschäftsleute und Vereinigungen, die sich viele Jahre lang um die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland gekümmert haben, seit Kriegsbeginn ihren Fokus auf genau diese Drittstaaten verlagert haben, heißt es bei CSD weiter. Es gebe weiterhin große Netzwerke aus "Networking-Organisationen, Beratern, Kanzleien, die diesen Handel erst möglich machen, die fleißig Lobbyarbeit für Moskau besorgen", so das CSD in einer Studie.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Russlands Einfluss auf die deutsche Politik

Vertreter dieser Netzwerke finden sich auf allen Ebenen. Dazu zählen sowohl Politiker wie der Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder oder der AfD-Mann Petr Bystron als auch Geschäftsleute wie der Geschäftsführer der Nord Stream AG, Matthias Warnig, schreibt die "SZ". Diese "Strategie der Unterwanderung des Staates" reiche schon weit in die Vergangenheit zurück. So hat das CSD schon 2020 vom Einfluss Russlands auf Europa geschrieben.

Ziel war es unter anderem, Deutschland abhängig von russischem Gas zu machen, was auch gelang. "Dass der Gasfluss weitestgehend zum Erliegen kam, war dann auch keine deutsche Entscheidung, sondern eine des Kreml, um Deutschlands Wirtschaft ins Wanken zu bringen", heißt es weiter.

Russland habe sich angepasst, heißt es beim CSD weiter. Man liefere kein Gas mehr über Pipelines, sondern in flüssiger Form als LNG in Schiffen. So hat das CSD schon vor Monaten geschrieben, dass die EU zuletzt innerhalb eines Jahres Produkte im Wert von drei Milliarden Dollar aus türkischen Ölraffinerien importiert hat, die den Großteil ihres Rohöls aus Russland beziehen. Ihre Forderung deshalb: Nicht nur neue und schärfere Sanktionen, sondern auch konsequente Umsetzung der Bestehenden.

Der CSD resümiert allerdings auch, dass Putins Einfluss auf die EU-Wirtschaft schrumpft. Es würden keine großen Millionendeals mehr geschlossen. Dafür würde konsequent versucht, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Dafür hat sich der Kreml-Chef wohl vorrangig Politiker der AfD und des BSW ausgesucht. Der anti-russischen Stimmung im Land soll so entgegnet werden. Neben Bystron nennt die "SZ" auch Maximilian Krah. "Erst neulich war er wieder in Russland, traf sich mit zwei Vertrauten eines Putin-treuen Oligarchen. 'Langjährige Freunde', wie Krah sagt, das Treffen sei 'privat' gewesen", heißt es dort.

Inwieweit das neu beschlossene Sanktionspaket der EU Russlands Wirtschaft schwächen kann, wird sich noch herausstellen müssen. Eine Chance zur Nachbesserung wird es allerdings schon bald geben. Ein weiteres EU-Paket mit Russland-Sanktionen soll es nach derzeitigen Plänen im kommenden Februar zum dritten Jahrestag des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geben. (the)

Verwendete Quellen

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