Westliche Truppen in die Ukraine entsenden? Der französische Präsident will das zumindest nicht ausschließen. In Deutschland stößt Macron mit dieser Haltung auf Unverständnis und Kritik.
Die Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur möglichen Entsendung westlicher Bodentruppen in die Ukraine stoßen in Deutschland parteiübergreifend auf Ablehnung. Bundeskanzler Olaf Scholz schloss eine Entsendung von Bodentruppen aus Nato-Staaten in die Ukraine kategorisch aus.
Er erklärte am Dienstag "dass, das, was von Anfang an untereinander und miteinander festgelegt worden ist, auch für die Zukunft gilt, nämlich, dass es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden geben wird, die von europäischen Staaten oder von Nato-Staaten dort hingeschickt werden."
Auch Niedersachsens SPD-Ministerpräsident
Die FDP-Verteidigungsexpertin
Macron hatte am Montagabend mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, die Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine nicht auszuschließen. Es gebe darüber derzeit keinen Konsens, sagte er zum Abschluss einer internationalen Ukraine-Konferenz in Paris. "Aber nichts darf ausgeschlossen werden, um zum Ziel zu kommen." Das Ziel sei, dass Russland nicht gewinnen dürfe.
Ministerpräsident Weil geht nicht davon aus, dass diesen Überlegungen auch Taten folgen werden. Stattdessen müsse der Westen der Ukraine weiter mit Waffenlieferungen helfen. "Daran ist ihnen am meisten gelegen", sagte der SPD-Politiker.
Kritik an Äußerung Macrons aus SPD und Grünen
Der SPD-Außenexperte Michael Roth nannte den möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen "eine Phantomdebatte". "Ich kenne niemanden, der das ernsthaft will, auch nicht in der Ukraine", schrieb Roth auf X. "Die brauchen vor allem Munition, Luftverteidigung, Drohnen, Langstreckenwaffen."
Auch Grünen-Chef
Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger kritisierte derweil die Äußerungen Macrons. Damit überschreite Frankreich eine Linie, die Deutschland, aber auch andere Länder wie die USA, klar gezogen hätten, sagte Brugger im Deutschlandfunk. Wichtig sei stattdessen, bei der Unterstützung der Ukraine geschlossen aufzutreten.
Die Worte Macrons lenkten von anderen wesentlichen Dingen ab, die zur Unterstützung der Ukraine gemeinschaftlich beschlossen worden seien, so Brugger. Dazu gehörten etwa die Lieferung weiterer Waffen sowie neue Sanktionen gegen Russland. Auf diesen Bereiche solle der Fokus liegen. Auch Frankreich könne hier noch mehr beitragen.
Gysi warnt vor 3. Weltkrieg
Die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann sagte, Deutschland müsse die Einschätzung Macrons nicht teilen, lobte aber dennoch die Entschlossenheit des französischen Präsidenten. Putins Warnung vor einer direkten Einmischung des Westens in den Krieg sei nicht in Paris, aber "mit einem Doppelwumms im Kanzleramt angekommen", sagte Strack-Zimmermann den Funke-Zeitungen.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), reagierte ablehnend auf Macrons Äußerungen. Westliche Bodentruppen in der Ukraine stünden nicht zur Debatte, sagte Frei im rbb-Inforadio. Entscheidend seien aber weitere Waffenhilfen.
Scharfe Kritik kam auch aus der Linkspartei. "Macron ist offenkundig nicht mehr zu retten. Wenn ein Nato-Staat oder gar mehrere Nato-Staaten Bodentruppen in die Ukraine entsenden, haben wir den 3. Weltkrieg. Das ist völlig indiskutabel", warnte
Kreml-Sprecher: "Nicht im Interesse" des Westen
International gab es ebenfalls Kritik an Macrons Äußerung. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson sagte im schwedischen Rundfunk SVT: "Das ist im Moment überhaupt kein Thema." Derzeit "sind wir damit beschäftigt, fortschrittliche Ausrüstung in die Ukraine" zu schicken. Es gebe auch keine Anfrage der ukrainischen Seite nach Bodentruppen, gab Kristersson weiter an.
Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte als Reaktion, dass eine Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine "nicht im Interesse" westlicher Länder wäre. "Das ist absolut nicht im Interesse dieser Länder, darüber müssen sie sich bewusst sein", sagte Peskow am Dienstag. Dass die Möglichkeit nun diskutiert werde, sei ein "sehr wichtiges neues Element" in dem Konflikt, fügte Peskow hinzu. (afp/dpa/thp)
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