Die Aussicht auf einen EU-Beitritt soll der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russlands Angriffskrieg Hoffnung geben. Kiew erwarte deshalb nun ein "historisches" Signal aus Brüssel. Ein Überblick zum Geschehen in der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.
Der ukrainische
Die Ukraine arbeite an neuen Gesetzen und an einer Stärkung ihrer staatlichen Institutionen, um die EU-Standards einzuführen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. "Die Ukraine wird in der EU sein." Die Mitgliedschaft bedeute für die Ukraine "wirtschaftliche Sicherheit und soziale Stabilität". Das Land überlebt in seinem Kampf gegen die russische Invasion auch dank der Milliardenhilfen der EU.
Tatsächlich kann das von Russland angegriffene Land auf einen schnellen Start von Beitrittsverhandlungen hoffen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will EU-Kommissionspräsidentin
Demnach geht die EU-Kommission davon aus, dass noch ausstehende Reformschritte von der Ukraine in kurzer Zeit erledigt werden können und kein Grund sind, die Grundsatzentscheidung über den Start von Beitrittsverhandlungen zu verschieben. Die Zustimmung der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten könnte damit wie von der Regierung in Kiew erhofft bei dem EU-Gipfel am 14. und 15. Dezember erfolgen.
EU-Beitritt durch innere Transformation erreichen
"Wir bereiten schon unsere nächsten Schritte nach diesem Bericht vor", sagte Selenskyj mit Blick auf diesen "historischen" Mittwoch, an dem die Europäische Kommission ihren Bericht zu den Reformfortschritten vorlegen will. Das Land werde die EU-Mitgliedschaft durch eine innere Transformation erreichen. Wichtig dafür sei, dass die Oberste Rada – das Parlament – die entsprechenden Gesetze erlasse.
Die Ukraine habe einen langen Weg zurückgelegt, sagte Selenskyj. Er erinnerte in seiner Videoansprache auch an den 10. Jahrestag der "Revolution der Würde". Im November 2013 begannen die proeuropäischen Demonstrationen, die 2014 zu einem Sturz des russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch führten.
Die weiteren Reformforderungen der EU drehen sich etwa um die Auswahlverfahren ukrainischer Verfassungsrichter und eine stärkere Korruptionsbekämpfung - insbesondere auf hoher Ebene. Die EU verlangt zudem, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird.
G7-Staaten bekräftigen Unterstützung für Ukraine
Die G7-Staaten wirtschaftsstarker Demokratien wollen die Ukraine ungeachtet des Gaza-Kriegs in ihrem Abwehrkampf gegen Russland auch weiterhin unterstützen. Die G7-Außenministerinnen und Außenminister seien bei ihren Beratungen in Tokio übereingekommen, "auch in der gegenwärtigen internationalen Situation geeint" zu bleiben. Dazu gehöre, "strenge Sanktionen gegen Russland zu verhängen und die Ukraine stark zu unterstützen", teilte das japanische Außenministerium im Anschluss an die Beratungen mit.
Außenministerin Annalena Baerbock hatte davor gewarnt: "Wenn wir jetzt bei unserer Unterstützung für die Ukraine außer Atem kommen, wird (der russische Präsident Wladimir) Putin das gnadenlos ausnutzen – mit furchtbaren Folgen für die Menschen in der Ukraine und Europa." Deshalb sei es so wichtig, dass die G7 ihre Unterstützung für die Ukraine umfassend fortsetze.
Sechs Tote in Donezk durch ukrainischen Beschuss
Im Osten der Ukraine sind nach russischen Angaben durch ukrainischen Beschuss des Zentrums der besetzten Stadt Donezk sechs Menschen getötet und elf weitere verletzt worden. Die ukrainische Seite habe unter Einsatz eines Mehrfachraketenwerfers vom Typ Himars vier Objekte der Stadt getroffen, teilte der Besatzungschef der Region, Denis Puschilin, am Dienstagabend mit. Seine Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar.
Russland beantragte für heute eine UN-Sicherheitsratssitzung zu dem Schlag in Donezk, wie der Diplomat Dmitri Poljanski in New York mitteilte. Nach Darstellung der russischen Besatzer wurden in Donezk zivile Gebäude getroffen. Ukrainische Medien berichteten dagegen, es sei ein Schulungszentrum für Drohnenpiloten schwer beschädigt worden.
Ukraine richtet Kriegsgefangenenlager für Russen ein
Wegen einer Vielzahl kriegsgefangener Russen hat die Ukraine mit der Einrichtung eines zweiten Lagers für sie begonnen. "Parallel dazu wird an der Vorbereitung eines weiteren Lagers gearbeitet", teilte die Regierungsorganisation "Ich möchte leben" am Dienstag per Telegram mit. Begründet wird dies mit der schlechten Motivation russischer Soldaten, die sich freiwillig ergeben und in Gefangenschaft begeben würden. Zudem hat es seit August keinen Gefangenenaustausch mehr mit der russischen Seite gegeben.
Das neue Gefängnis wird Medienberichten zufolge im westukrainischen Gebiet Winnyzja an der Grenze zur benachbarten Republik Moldau für 300 Insassen unter der Bezeichnung "West 2" eingerichtet. Das Lager "West 1" im benachbarten Gebiet Lwiw unweit der polnischen Grenze bot älteren Berichten zufolge Platz für etwa 600. Genaue Zahlen über Kriegsgefangene sind nicht bekannt. Schätzungen zufolge hat Russland noch mehrere Tausend Ukrainer in Gefangenschaft. Allein von den Verteidigern der südukrainischen Hafenstadt Mariupol sollen sich noch etwa 1900 Soldaten in russischer Hand befinden.
Die Ukraine wehrt sich seit über 20 Monaten gegen die russische Invasion. Dem ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten Dmytro Lubinez zufolge sind seither knapp 2600 Kriegsgefangene und Zivilisten von Moskau an Kiew übergeben worden.
Was heute wichtig wird
Neben den erhofften Signalen der Unterstützung der EU und der G7 setzt die Ukraine im Osten und im Süden des Landes ihre Offensive gegen die russische Invasion fort. Die ukrainischen Streikräfte wollen die Gebiete Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk von der russischen Besatzung befreien. (dpa/lag)
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