- Sachsen ist das Bundesland, das am härtesten von der Pandemie getroffen ist.
- Das hält die Gegner der Corona-Maßnahmen nicht davon ab, weiterhin zu Protesten zu mobilisieren - und sogar mit Fackeln vor das Privathaus von Gesundheitsministerin Petra Köpping zu ziehen.
- Parteiübergreifend wird die Aktion gerügt und auch Kritik am sächsischen CDU-Innenminister laut.
Gegner der Corona-Politik haben laut rufend mit Fackeln und Plakaten vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) protestiert. Nach Angaben der Polizei versammelten sich am Freitagabend vor dem Haus in Grimma etwa 30 Menschen. Als die Beamten eintrafen, seien die Menschen in mehreren Fahrzeugen geflüchtet. Die Polizei hielt 15 Autos an und stellte die Identitäten von 25 Personen fest. Politiker verurteilten den Protest scharf als Einschüchterungsversuch und Grenzüberschreitung und bekundeten Solidarität mit der Ministerin.
Die Polizei erstattete Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und prüft Verstöße gegen die Corona-Verordnung. Laut der Verordnung sind zurzeit nur ortsfeste Versammlungen mit maximal zehn Teilnehmern in Sachsen erlaubt. Das Bundesland ist von der Corona-Pandemie besonders schwer getroffen.
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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schrieb auf Twitter: "Wir treten allen Kräften entgegen, die einschüchtern wollen." Was Köpping passiert sei, gehe alle Sachsen an. Sein Regierungssprecher Ralph Schreiber sagte: "Als Konsequenz werden die Schutzmaßnahmen für Amtsträger und ihre Familien weiter erhöht."
Köpping sieht organisierte Einschüchterungsversuche von Rechtsextremisten
Köpping selbst verurteilte den Protest vor ihrem Haus als "widerwärtig und unanständig". Sie wisse, dass das keine Proteste seien, sondern organisierte Einschüchterungsversuche von Rechtsextremisten und Verschwörungsgläubigen, die leider viel zu oft vorkämen - vor Arztpraxen, an Impfzentren und Krankenhäusern, gegenüber Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und anderen engagierten Menschen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Der sächsische Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (Grüne) wertete den Vorfall als weiteren Tabubruch - "ermuntert auch dadurch, dass Schwurbler zu oft ungehindert durch sächsische Städte ziehen konnten. Corona-Leugner und die Rechtsextremisten an ihrer Seite werden immer dreister und radikalisieren sich". Der Fraktionschef der Linken im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, sowie die Landeschefs der Linken, Susanne Schaper und Stefan Hartmann, sprachen von einer klaren Grenzüberschreitung. Landesinnenminister Roland Wöller (CDU) müsse endlich vom Beobachten zum Handeln übergehen.
Wöller selbst forderte eine schnelle Ahndung des Protests. Es brauche ein "klares und schnelles Signal des Rechtsstaats". "Es kommt jetzt auch darauf an, dass wir mit der Staatsanwaltschaft eine Verfahrensweise finden, um begangene Verstöße schnell zu ahnden."
Immer wieder Corona-Proteste in Sachsen
In den vergangenen Tagen hatte es wiederholt in mehreren sächsischen Orten Demonstrationen gegen die Corona-Politik gegeben. Die Polizei in Dresden bereitet sich für Montag bereits auf den nächsten Großeinsatz vor: Dann wird vor dem Landtag eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen erwartet. Das Parlament will an dem Tag über die Feststellung der epidemischen Lage im Freistaat entscheiden. Damit will die Regierung Rechtssicherheit für eine Fortsetzung bestehender Schutzmaßnahmen und ihre mögliche Erweiterung erlangen.
Die Polizei kündigte eine "härtere Gangart" gegen Proteste an. Zuletzt war sie in die Kritik geraten, weil Aufmärsche von Corona-Leugnern trotz Polizeipräsenz nahezu unbehelligt stattfinden konnten.
Auch in anderen Bundesländern protestierten am Wochenende Gegner der Corona-Politik. Zu einer Versammlung des AfD-Landesverbandes Niedersachsen vor dem Landtag in Hannover kamen rund 500 Menschen, wie eine Polizeisprecherin mitteilte. Eine weitere Kundgebung des Linken-Kreisverbandes Hannover zog bis zum Mittag rund 100 Demonstrantinnen und Demonstranten an. Beide Versammlungen verliefen bis zum Mittag laut der Sprecherin "friedlich und störungsfrei".
Weitere Radikalisierung mit Einführung einer Impfpflicht?
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thomas Strobl (CDU) warnte, im Fall einer Impfpflicht könnten sich die Proteste weiter radikalisieren. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes könne man davon ausgehen, dass "eine Impfpflicht die aggressive Haltung der Querdenker-Bewegung noch verstärkt", sagte der baden-württembergische Innenminister den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Im Kampf gegen Corona sei es aber richtig, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen.
Zuletzt hatten sich zahlreiche Politiker für eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona ausgesprochen. Der voraussichtliche künftige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angekündigt, dass darüber im Bundestag ohne Fraktionsdisziplin abgestimmt werden solle. © dpa
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