Österreichs Gesundheits- und Frauenministerin ist am 23. Februar 2017 ihrer schweren Krankheit erlegen. Österreich trauert um eine außergewöhnliche Frau.
"3 Grad und Sonnenschein – wunderbares Sonntagswetter – heute heißt es vorschlafen – es ist Superbowl-Nacht" oder "0 Grad und stürmisches Wetter – ich weiß schon, dass die Jahreszeit Winter heißt, aber ehrlich: ich sehne mich nach dem Frühling."
Seit Mitte 2014 postete Sabine Oberhauser jeden Tag in der Früh im Zuge ihrer morgendlichen Runde mit Labrador Felix auf Ihrer privaten Facebook-Seite kurze liebliche Wetterberichte wie diese. Das tägliche Ritual für Freunde und Abonnenten, das als kleiner "Guten Morgen"-Gruß begann, erhielt nach der Diagnose "Unterleibskrebs" im Februar 2015 einen emotionalen Spin, enorme Symbolkraft und allmorgendlich unzählige Likes. Sabine Oberhauser wird nie wieder einen Wetterbericht für uns posten. Sie erlag am 23. Februar 2017 im Alter von 53 Jahren ihrer schweren Krankheit, gegen die sie sich so tapfer und mit ungebrochenem Optimismus wehrte. Österreich trauert um seine Gesundheits- und Frauenministerin.
Authentisch und mit Bodenhaftung
Sabine Oberhauser war hierzulande ob ihres wunderbar unprätentiösen Auftretens, ihrer Geradlinigkeit und ihrer authentischen Art enorm beliebt. Stets trug sie ein Lächeln im Gesicht. "Die positive Energie, die du ausstrahlst, kommt hundertfach zu dir zurück", meinte sie, von der schweren Krankheit bereits gezeichnet, am 25. Dezember 2016 in einem "Krone"-Interview zu Journalistin Conny Bischofberger. Trotz der enorm strapaziösen Therapien brachte Oberhauser die Kraft auf, ihrem Job weiter nachzugehen. "Ich habe Sitzungen im Liegen geleitet", erzählte sie einst dem Magazin "Gesund & fit". Was sie dazu bewogen hatte, erklärte sie einmal dem "Kurier": "Arbeit war immer ein Teil meines Lebens. Mein Job macht mir extrem viel Freude. Ich habe das Privileg, dass ich mir meine Arbeitszeit einteilen kann. Außerdem lenkt die Arbeit ab."
Von der Ordination ins Parlament
Geboren am 30. August 1963 in Wien, studierte Sabine Oberhauser nach der Matura Medizin an der Universität Wien. 1997 schloss sie eine Ausbildung zur Fachärztin für Kinder und Jugendheilkunde sowie eine Ausbildung als Ärztin für Allgemeinmedizin ab. Ihre Mutter war einst ziemlich konsterniert, als ihr die Tochter offenbarte, den angesehenen Arztberuf gegen eine nicht wahnsinnig prestigeträchtige Politkarriere einzutauschen. Die Erfolgsleiter ging es in der Politik aber rasch bergauf: Ab 1998 engagierte sich die Tochter in der Gewerkschaft; 2009 wurde sie Vizepräsidentin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB). Von 2006 bis 2014 fungierte Sabine Oberhauser dann als Abgeordnete zum Nationalrat sowie parallel dazu bis 2013 als Gesundheitssprecherin und ab 2013 als Sozialsprecherin der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion. Nach der Umbildung der Bundesregierung Faymann II dann ihr größter Karriereschritt: Sabine Oberhauser wurde am 1. September 2014 als Nachfolgerin von Alois Stöger zur Gesundheitsministerin bestellt. Seit 1. Juli 2016 war sie darüber hinaus auch Bundesministerin für Frauen. Vor einer Woche hatte sie mitgeteilt, dass sie sich wegen einer Bauchfellentzündung durch Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) vertreten lasse.
Offensiver Umgang mit der Krankheit
Im Jahr 2015 kam die Hiobsbotschaft. Die Mutter zweier erwachsener Töchter und Großmutter eines Enkelkinds gab im Februar bekannt, dass bei ihr Unterleibskrebs diagnostiziert wurde. Oberhauser ging von Anfang an äußerst offen mit ihrer Krankheit um. "Das war der ideale Weg. Ich habe mich nie verstecken müssen, nie überlegen, wem ich was sage. Es gab keinen, der die große Wahrheit hätte erzählen können. Und was ich gespürt habe und auch noch immer spüre, ist eine irrsinnige Solidarität", sagte sie einmal gegenüber der "Kleinen Zeitung". Dabei vergaß sie nie auf jene unzähligen Menschen in Österreich, die ebenso an Krebs erkrankt sind und vielleicht nicht die gleiche Behandlung bekommen und womöglich auch ihre Jobs verlieren. "Viele Krebskranke kämpfen mit extremen Nebenwirkungen und können vielleicht gar nicht arbeiten. Was ich habe, ist eine sehr, sehr privilegierte Situation, ein Glück, das ich nicht hoch genug schätzen kann", so die Ministerin damals.
Ehemann Gerold: große Liebe und unfassbare Hilfe
Die größte Stütze in Oberhausers Leben war mit Sicherheit ihr Mann Gerold, mit dem sie rund 30 Jahre verheiratet war. Ganz besonders in den vergangenen so schwierigen Jahren war er ihr eine unglaubliche Hilfe. "Was mein Mann leistet, ist völlig unvorstellbar. Neben seinem Job als Arzt im 'SMZ Ost' managt er den ganzen Haushalt mit Waschen, Putzen, Bügeln. Nebenbei übernimmt er zu Hause meine medizinische Versorgung rund um die Uhr. Ich kann mich gar nicht genug bei ihm bedanken. Es fällt nie ein grantiges Wort, obwohl ich nicht immer gut gelaunt bin", so Oberhauser Ende Dezember 2016 gegenüber dem "Kurier".
Auch politisch viel auf den Weg gebracht
In der roten Regierungstruppe galt die Medizinerin stets als gefestigt sowie als echte Bank. Und auch vom Gros der Bevölkerung wurde ihre Arbeit als Ministerin sehr geschätzt, brachte sie doch in ihrem Ressort jede Menge weiter. So hat sie in ihrer Zeit als Gesundheitsministerin die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) implementiert, das Rauchverbot für die Gastronomie, das Mitte 2018 in Kraft tritt, durchgesetzt sowie ein neues Fortpflanzungsgesetz auf den Weg gebracht.
Enorme Beliebtheit in den sozialen Medien
In den sozialen Medien avancierte Sabine Oberhauser im Laufe der Zeit zum absoluten Darling der Nation. Unzählige Genesungswünsche wurden dort Tag für Tag seitens ihrer Freunde gepostet. "Was mir sehr, sehr viel gegeben hat, waren die Reaktionen, die gekommen sind. Plötzlich haben alle Wetterberichte für mich gepostet! Das war sehr berührend, eine Riesenunterstützung", erzählte sie bereits 2015 dem "Kurier". Besonders berührend waren auch die Worte von Bundeskanzler Christian Kern auf Oberhausers Facebook-Seite. Er postete Anfang 2017 ebenso einen Wetterbericht samt Foto und schrieb dazu: "Liebe Sabine! Blick aus dem Bundeskanzleramt heute: 2 Grad und Sonnenschein! Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft. Und ich freue mich drauf, wenn Du wieder bei uns bist und hier selbst Deinen Wetterbericht abgeben kannst, wie Du es immer machst. #fuckcancer"
Oben strahlend blauer Himmel, unten hoffentlich beständig
Sabine Oberhauser wird diesem Land sehr fehlen. Dass bei ihr da oben stets blauer Himmel herrscht, wissen wir. Schön wäre es aber, könnten ihre Leute hier unten auch weiterhin beständig Wetterberichte liefern. Ihr würde das mit Sicherheit auch gefallen.
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