Die Drohungen Trumps bei einer Wahlkampfveranstaltung gegen Nato-Verbündete führen dazu, dass nun sogar über eine EU-Atombombe diskutiert wird. Der Kanzler und sein Finanzminister sind sich bei dem Thema nicht einig.
Die Zweifel am militärischen Beistand der USA nach einem Wahlsieg
Bundesfinanzminister
Lindner weicht von Scholz-Linie bei nuklearer Abschreckung ab
Damit weicht Lindner von der bisherigen Linie von Kanzler
Der ehemalige US-Präsident Trump hatte bei einem Wahlkampfauftritt gesagt, dass er Nato-Partner, die nicht genug in Verteidigung investierten, im Ernstfall nicht vor Russland beschützen würde. Er würde Russland "sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen". Diese Infragestellung der Nato-Beistandspflicht hatte eine Welle der Empörung ausgelöst. Trump will im November erneut für das Amt des US-Präsidenten kandidieren.
Scholz machte am Montagabend - nach den Drohungen Trumps - erneut klar, dass er auf das bisherige Nato-Abschreckungssytem setzt. "Wir haben eine funktionierende Nato, eine sehr gute transatlantische Partnerschaft. Dazu gehört auch das, was wir an nuklearer Zusammenarbeit entwickelt haben", sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Berlin. Deutschland ist an der sogenannten nuklearen Teilhabe beteiligt, indem es Kampfflugzeuge vorhält, die in Deutschland stationierte Atomwaffen im Ernstfall vorhalten würden.
Unionsfraktion fordert Scholz zu Positionierung auf
Die Unionsfraktion forderte Scholz auf, sich zu den Äußerungen
Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter zeigte sich unterdessen offen für eine deutliche Erhöhung des Sondertopfs für die Bundeswehr. "Es ist ja völlig klar, dass wir eher 300 statt 100 Milliarden benötigen, damit die Bundeswehr kriegstüchtig wird", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Es müsse dennoch parallel ein dauerhafter Verteidigungshaushalt von mindestens zwei Prozent der Wirtschaftskraft erreicht werden. Allerdings sagte ein Sprecher der Unionsfraktion der Deutschen Presse-Agentur dazu: "Der Vorschlag von Herrn Kiesewetter ist nicht Meinung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion."
Der Bundesfinanzminister äußerte sich skeptisch zu Forderungen, das Sondervermögen für die Bundeswehr deutlich aufzustocken. "Wir werden durch eine Stärkung unserer wirtschaftlichen Dynamik erreichen müssen, dass es uns leichter fällt, in den nächsten Jahren mehr Geld für Verteidigungsaufwendungen zu mobilisieren", sagte Lindner bei einem Besuch in Dublin.
Studie: Deutsche wollen mehr Verteidigung
Die Ampel-Koalition kann sich bei Entscheidungen für einen Ausbau der Verteidigungsfähigkeit auf eine satte Mehrheit in der Bevölkerung stützen. Nach einer Studie der Unternehmensberatung PwC unterstützen 68 Prozent der Deutschen dieses Vorhaben, 63 Prozent finden allerdings auch, dass die im März 2022 von Kanzler Olaf Scholz angekündigte "Zeitenwende" bis jetzt nicht bei der Bundeswehr angekommen ist. Die dafür nötigen Investitionen hält die Mehrheit für notwendig: 57 Prozent befürworten die Absicht, zwei Prozent oder mehr des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren; 31 Prozent sehen dies kritisch.
"In der Befragung vom Sommer 2022 konnten wir feststellen, wie sehr die Bevölkerung unter dem Schock des russischen Überfalls auf die Ukraine stand, und wie deutlich sich ein Sinneswandel in Verteidigungsfragen vollzog. Die Ergebnisse aus 2024 unterstreichen, dass die Menschen noch immer in großer Sorge sind und mehr Anstrengungen zur Stärkung der Sicherheit wünschen", erklärte Wolfgang Zink aus dem Autorenteam der Studie.
Den Ausbau der Truppenpräsenz an der Nato-Ostflanke, insbesondere mit der vorgesehenen deutschen Kampfbrigade in Litauen, halten 58 Prozent der Befragten für eher notwendig. Nach ihrer Einstellung zur Bundeswehr befragt, äußerten sich aber nur noch 45,5 Prozent positiv. 2022 hatten noch 54 Prozent die Bundeswehr positiv wahrgenommen.
Bei der Frage, ob sich die Ukraine mit Unterstützung des Westens erfolgreich gegen Russland wird behaupten können, sind die Deutschen skeptisch: 39 Prozent sehen Chancen. 48 Prozent betrachten die langfristige Widerstandsfähigkeit der Ukraine eher skeptisch.
Zweifel an der Verlässlichkeit des Bündnispartners USA
Sehr skeptisch sind die Befragten im Hinblick darauf, ob die Nato und der Westen ihre Abschreckungspolitik gegenüber Russland im Falle einer erneuten Wahl von Trump zum US-Präsidenten wie bisher fortsetzen würden. Nur 7 Prozent halten die USA diesbezüglich für verlässlich, 15,4 Prozent haben immerhin ein eher großes Vertrauen. Eine deutliche Mehrheit von 59,1 Prozent rechnet damit, dass die USA unter Trump ihr Engagement für die Ukraine reduzieren würden. (dpa/ng)
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