- Die erste große Reise führt Bundeskanzler Scholz im neuen Jahr nach Spanien.
- Mit Ministerpräsident Pedro Sánchez wird Scholz in Madrid unter anderem Gespräche über die Bekämpfung der Corona-Pandemie führen.
- Nach Sánchez soll Spanien Corona künftig ähnlich wie eine Grippewelle behandeln und so die endemische Phase einläuten.
Bundeskanzler
Spanien ist nach Deutschland, Frankreich und Italien das Land mit der viertgrößten Einwohnerzahl in der EU. Es gehört aber nicht zur G7 der führenden westlichen Industrienationen und ist bei den G20-Gipfeln der weltweit wichtigsten Wirtschaftsmächte auch nur als ständiger Gast dabei. Mit dem Austritt Großbritanniens hat Spanien aber innerhalb der Europäischen Union an Bedeutung gewonnen.
Mit dem Sozialisten Sánchez trifft Scholz in Madrid auf einen Ministerpräsidenten, der ihm politisch sehr nahe steht. Die spanische Zeitung "El País" schrieb vor dem Besuch, Scholz' Einzug ins Kanzleramt eröffne Sánchez Chancen für neue Allianzen, allerdings büße er auch seine Rolle als Vorreiter der europäischen Sozialdemokratie ein.
Deutlich höhere Impfquote in Spanien als in Deutschland
Im Kampf gegen Corona sieht sich Spanien derzeit zwar mit höheren Infektionszahlen konfrontiert als Deutschland, das Land hat aber gleichzeitig auch eine deutlich höhere Impfquote. Rund 85 Prozent der Einwohner Spaniens sind mindestens einmal immunisiert, in Deutschland sind es nur 75 Prozent. Eine Debatte über die Einführung einer Impfpflicht wie hierzulande gibt es daher in Spanien nicht und auch keine nennenswerten Proteste von Impfgegnern.
Sánchez wagt daher einen neuen Blick auf das Virus und will sein Land zum Vorreiter auf dem Weg in die endemische Phase machen, in der Corona ähnlich wie eine Grippewelle behandelt würde. Dafür müssten jetzt schon "Brücken entworfen" werden, fordert er. Spanische Experten arbeiten nach seinen Worten schon länger an einer Wende in der Corona-Überwachung.
Spezielle Kliniken und andere Gesundheitseinrichtungen sollen danach künftig Corona-Daten wie Grippe-Daten melden, die dann hochgerechnet werden könnten. Die aufwendige Testung und Nachverfolgung von Infizierten könnte entfallen.
Spanischer Epidemiologe: "Nicht ratsam, das System zu ändern"
Allerdings stieß Sanchez mit diesem Vorschlag auf Kritik. "Es gibt Maßnahmen, auf die nicht verzichtet werden kann. Bis diese Welle vorüber ist, ist es nicht ratsam, das System zu ändern", sagte der Vizepräsident der Spanischen Gesellschaft für Epidemiologie, Óscar Zurriaga, der Deutschen Presse-Agentur. Der Professor an der Universität Valencia betont: "Die Pandemie ist noch nicht vorbei und wir wissen nicht, wohin sie uns noch führen wird."
Auch der von der Bundesregierung berufene Corona-Experte Lars Kaderali hält einen lockereren Umgang mit dem Coronavirus, wie er in Spanien erwogen wird, für Deutschland noch nicht für ratsam: "Selbst wenn das in Spanien gut gehen sollte, kann man daraus nicht rückschließen, dass das eine gute Strategie für Deutschland wäre."
Neben der Corona-Pandemie könnten bei Scholz' Besuch in Spanien auch die steigenden Energiepreise, die Migration über das Mittelmeer nach Europa und die immer weiter zunehmenden Spannungen mit Russland zur Sprache kommen. Die Reise des Kanzlers findet parallel zum Antrittsbesuch von Außenministerin Annalena Baerbock in der Ukraine statt. Am Dienstag ist die Grünen-Politikerin beim russischen Außenminister Sergej Lawrow in Moskau zu Gast. (dpa/dh)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.