- Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen Mangel an Corona-Impfstoff für Deutschland ausgemacht und damit für viel Verunsicherung gesorgt.
- Die Opposition meldet Zweifel an, ob Deutschland tatsächlich auf ein Problem zusteuert.
- Am Nachmittag muss sich Lauterbach erklären, in seiner ersten Bundespressekonferenz.
Gefährdet ein Mangel an Vakzinen die deutsche Impfkampagne gegen das Coronavirus? Die jüngsten Äußerungen des neuen Gesundheitsministers
Was hat Karl Lauterbach gesagt?
Gesundheitsminister Lauterbach hat nach eigenen Worten Inventur gemacht und dabei festgestellt, dass der Biontech-Impfstoff bereits jetzt knapp bemessen sei. "Wir können in der nächsten Woche 1,2 Millionen Dosen Biontech für ganz Deutschland ausliefern, in der Woche darauf 800.000 Dosen und dann noch einmal 1,2 Millionen Dosen", sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz - Das Jahr 2021". "Das ist aber viel weniger als das, was die Ärztinnen und Ärzte jede Woche abrufen."
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Die Union hingegen unterstellt Panikmache aus politischem Kalkül. "Karl Lauterbach ruft Feuer, um dann Feuerwehr zu spielen – obwohl er weiß, dass es gar nicht brennt", schrieb der gesundheitspolitische Sprecher Tino Sorge (CDU) in einem Schreiben an seine Fraktionskollegen.
Wie knapp ist der Impfstoff wirklich?
Mit Stand von Montag waren laut Gesundheitsministerium knapp 2,8 Millionen Dosen Biontech und 16 Millionen Dosen Moderna noch nicht als verwendet gemeldet. In den beiden Wochen vom 20. und vom 27. Dezember sollen insgesamt 22 Millionen Dosen nachkommen. Im ersten Quartal 2022 seien Tino Sorge zufolge rund 16 Millionen Dosen von Biontech und Moderna pro Monat zu erwarten, darunter 12 Millionen Dosen Erwachsenen- und Kinderimpfstoff von Biontech. Derzeit werden pro Woche rund sechs Millionen Dosen verimpft. In den nächsten Wochen dürfte sich dieses Niveau also noch gut halten lassen. 2022 aber dürfte zusätzlicher Nachschub erforderlich sein, zumal der Bedarf angesichts der beschlossenen Impfpflicht für Personal in Pflegeheimen und Gesundheitseinrichtungen sowie einer möglichen allgemeinen Impfpflicht noch steigen dürfte. Gut möglich ist, dass auch weiterhin nicht jeder Impfwillige, der lieber den Impfstoff von Biontech als den von Moderna gespritzt bekommen möchte, diesen auch bekommt.
Ist Nachschub in Sicht?
Die Bundesregierung will nun rund 2,2 Milliarden Euro in die Hand nehmen und mehr als 90 Millionen Dosen Biontech-Impfstoff nachkaufen. Davon sollen 80 Millionen Dosen von Biontech über EU-Verträge beschafft werden und 12 Millionen Dosen direkt: "Ich versuche jetzt, notfallmäßig Impfstoff aus osteuropäischen Ländern zurückzukaufen", sagte Lauterbach. Das dorthin gelieferte Serum könne zum Teil nicht verimpft werden.
Warum wurde nicht schon früher mehr bestellt?
Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung haben Deutschland und die EU im Frühherbst eine Bestelloption über mehrere Millionen zusätzliche Dosen Biontech verstreichen lassen. Mögliches Lieferdatum wäre der Januar 2022 gewesen, so das Blatt. Weder der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) noch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hätten auf zusätzlichen Impfstoff gedrängt. Dazu sei gesagt, dass Lauterbach damals womöglich nicht anders entschieden hätte. Noch im September hielt er es lediglich für nötig, "im Winter" allen über 60-Jährigen die Booster-Impfung anzubieten. Von einer dritten Impfung für alle war damals genauso wenig die Rede wie von einer (teilweisen) Impfpflicht.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Impfstoffversorgung wird mit Sicherheit das bestimmende Thema sein, wenn Lauterbach sich am Donnerstagnachmittag um 15 Uhr vor die Presse tritt. Der neue Gesundheitsminister wird sich zum ersten Mal auf der Bundespressekonferenz den Fragen der Journalisten stellen, gemeinsam mit RKI-Chef Lothar Wieler und dem Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Uni Köln, Jörg Dötsch. Außerdem soll es um die Corona-Impfung für Kinder gehen. (mcf/Mit Material der dpa)
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