Strahlende Sozialdemokraten mit der Aussicht auf das Amt der Regierungschefin: Was für die SPD derzeit undenkbar erscheint, wird für die Genossen in Dänemark Realität. Sie werden bei der Dänen-Wahl stärkste Kraft - die Parteichefin jubelt.
Regierungswechsel in Kopenhagen: Die Sozialdemokraten haben die Parlamentswahl in Dänemark gewonnen und der in Deutschland und anderswo in die Krise geratenen Partei einen seltenen Erfolg beschert.
Die Partei um ihre Vorsitzende Mette Frederiksen kam bei der Wahl am Mittwoch nach vorläufigem Endergebnis auf fast 26 Prozent der Wählerstimmen. Trotz eines überraschend starken Abschneidens der liberalen Partei von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen steht Dänemark damit vor einem Regierungswechsel.
"Historischer Sieg" für Sozialdemokraten
"Das ist ein historisch großer Sieg", sagte die voraussichtliche künftige Ministerpräsidentin Frederiksen in der Nacht zum Donnerstag vor Anhängern in Kopenhagen. Das Ergebnis der Wahl zeige, dass sich die Dänen eine neue Regierung und eine neue politische Ausrichtung wünschten.
Løkke räumte seine Niederlage ein, wies aber gleichzeitig auf die Zugewinne seiner liberalen Partei Venstre hin. "Wir hatten eine fantastische Wahl, aber die Macht wechselt", sagte er.
Nach vorläufigem Endergebnis kommen die Sozialdemokraten als stärkste Kraft auf 25,9 Prozent und 48 Mandate - das sind ein paar Stimmen weniger, aber ein Sitz mehr als bei der letzten Parlamentswahl 2015.
Løkkes Venstre erhielt demnach 23,4 Prozent und 43 Sitze. Großer Verlierer der Wahl war die rechtspopulistische Dänische Volkspartei: Sie stürzte auf 8,7 Prozent ab - nach 21,1 Prozent bei der Parlamentswahl 2015. Nach dem ernüchternden Resultat bei der Europawahl ist es für die Partei das zweite Katastrophenergebnis innerhalb von anderthalb Wochen.
Der von den Sozialdemokraten angeführte sogenannte rote Block kommt dank des guten Abschneidens anderer linksgerichteter Parteien auf 91 der 179 Sitze im Parlament in Kopenhagen. Auf Løkkes bürgerlich-liberalen blauen Block entfallen demnach 75 Mandate. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 84,5 Prozent nach 85,9 Prozent 2015.
Sozialdemokraten setzen auf Minderheitsregierung
Die Sozialdemokraten waren auch bei der Wahl vor vier Jahren stärkste Kraft geworden, hatten die Regierungsmacht angesichts des insgesamt starken Abschneidens des rivalisierenden Lagers um Løkke aber abgeben müssen.
Auf die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt folgte mit Løkke ein liberaler Regierungschef, dessen Koalition von den Stimmen der Rechtspopulisten gestützt wurde, während Mette Frederiksen den sozialdemokratischen Vorsitz von Thorning-Schmidt übernahm.
Ebendiese Mette Frederiksen ist nun auf bestem Weg, Løkke als Ministerpräsident abzulösen. Sie strebt eine zunächst nur aus ihren Sozialdemokraten bestehende Minderheitsregierung an, die allerdings bei den meisten Themen mit dem roten Block zusammenarbeiten möchte.
Bei der Einwanderung, bei der Frederiksen eine striktere Linie fährt, will sie dagegen auf Unterstützung aus dem bürgerlich-liberalen Lager bauen.
Unmittelbar vor der Wahl hatte Løkke angesichts der Umfragewerte darum geworben, eine Regierungskoalition in der Mitte - und damit über die traditionellen Bündnisblöcke hinweg - zu bilden. Frederiksen wies diese Möglichkeit am Wahltag zurück. Laut vorläufigem Endergebnis kommen die beiden größten Parteien gemeinsam auf eine Parlamentsmehrheit.
Frederiksen stammt aus Aalborg in der Region Nordjütland. Sie ist erst 41 Jahre alt und damit gut 14 Jahre jünger als Løkke. Wird sie Ministerpräsidentin, wäre sie die bislang jüngste Person an der Spitze einer dänischen Regierung. Nach Thorning-Schmidt wäre sie außerdem die erst zweite Frau, die dieses Amt in der Geschichte Dänemarks bekleidet. © dpa
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